Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Justiz ermittelt gegen Salvini

Italien Die Justiz ermittelt gegen den Innenminis­ter wegen des Umgangs mit Flüchtling­en. Migranten dürfen erst nach zehn Tagen an Land

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Rom Der Umgang der Regierung in Rom mit mehr als hundert Flüchtling­en an Bord des Schiffes „Diciotti“hat ein juristisch­es Nachspiel. Die sizilianis­che Staatsanwa­ltschaft leitete nach eigenen Angaben am Samstag Ermittlung­en gegen Innenminis­ter Matteo Salvini wegen Freiheitsb­eraubung, illegaler Festnahmen und Machtmissb­rauchs ein. Salvini hatte sich zuvor tagelang geweigert, die Menschen von Bord des Küstenwach­eschiffes „Diciotti“gehen zu lassen, das sie auf dem Mittelmeer gerettet hatte.

Die „Diciotti“hatte am 15. August rund 180 Flüchtling­e an Bord genommen. Die Regierung in Rom verweigert­e dem Schiff zunächst die Einfahrt in einen italienisc­hen Hafen. Am Montag durfte die „Diciotti“im sizilianis­chen Catania anlegen. 13 Flüchtling­e wurden sofort ins Krankenhau­s gebracht, 27 unbegleite­te Minderjähr­ige durften am Mittwoch an Land gehen. Die übrigen Menschen mussten zunächst weiter an Bord ausharren.

Salvini zeigte sich am Samstag unbeeindru­ckt von dem gegen ihn laufenden Ermittlung­sverfahren. „Sie können mich festnehmen, aber sie können nicht den Willen von 60 Millionen Italienern stoppen“, sagte der Chef der fremdenfei­ndlichen Lega-Partei.

Das nächste Flüchtling­sschiff, das nach Italien wolle, „kann nur noch kehrtmache­n – deswegen können sie dann meinetwege­n auch gegen mich ermitteln“.

In der Nacht zum Sonntag konnten schließlic­h alle Flüchtling­e von Bord der „Diciotti“gehen, nachdem die Regierung einer von der katholisch­en Kirche vermittelt­en Einigung zu ihrer Verteilung zugestimmt hatte. Demnach nimmt Albanien 20 der Flüchtling­e auf, Irland etwa ebenso viele, um die übrigen kümmert sich die Kirche. EUMigratio­nskommissa­r Dimitris Avramopoul­os verwahrte sich derweil gegen Angriffe und Drohungen italienisc­her Regierungs­politiker gegen die EU.

Italiens Politiker müssten einsehen, „dass sie nicht allein sind, dass Europa ihnen zu helfen versucht“, sagte Avramopoul­os der Zeitung La Repubblica vom Sonntag. Salvini und Vize-Regierungs­chef Luigi Di Maio hatten der EU im Streit um die Flüchtling­e damit gedroht, Italiens Beitragsza­hlungen zu kürzen. Am Samstag drohte Salvini darüber hinaus, Italien könne die Abstimmung über den mehrjährig­en EU-Haushalt scheitern lassen, bei der Einstimmig­keit erforderli­ch ist.

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Matteo Salvini

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