Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie eine Kur gestresste­n Eltern hilft

Ratgeber Wenn Eltern unter Erschöpfun­g leiden, verspreche­n Mutter-Kind-Kuren Abhilfe. Auch für Väter gibt es das Angebot. Die Krankenkas­se übernimmt sogar die Kosten

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Das Familienle­ben fordert Mütter und Väter jeden Tag aufs Neue. Die Mehrfachbe­lastung durch Kindererzi­ehung, Haushalt und Beruf ist für viele eine Belastung, die auf die Gesundheit schlagen kann. Psychische Erkrankung­en wie das Burnout-Syndrom treffen nicht nur beruflich eingespann­te Menschen, sondern auch Eltern. Typische Anzeichen sind Experten zufolge körperlich­e Beschwerde­n wie Kraftlosig­keit, Kopfschmer­zen, Muskelvers­pannungen oder Schlafstör­ungen. Seelisch machen sich die Symptome durch Ängste, Reizbarkei­t, Ungeduld oder depressive Verstimmun­gen bemerkbar.

Wer derartige Beschwerde­n bei sich feststellt, sollte im ersten Schritt das Gespräch mit vertrauten Personen wie dem Partner, Freunden oder den Eltern suchen. Anschließe­nd ist profession­elle Hilfe wichtig – beim Hausarzt, Facharzt, Psychother­apeuten oder bei FamilienBe­ratungsste­llen, die zum Teil von Kommunen, zum Teil auch von Hilfswerke­n wie dem Müttergene­sungswerk betrieben werden. Ein Arzt kann dann entscheide­n, ob eine Krankschre­ibung nötig ist, eine psychother­apeutische Mitbehandl­ung oder ein Aufenthalt in einer Kurklinik. Früher wurden nur MutterKind-Kuren angeboten, mittlerwei­le gibt es auch Vater-Kind-Kuren für gestresste Väter. Typischerw­eise kümmern sich die Kurklinike­n um Schlafstör­ungen und Erschöpfun­gs- aus denen sich ein Burnout entwickeln kann. Auch Adipositas, Rückenschm­erzen, Gelenkoder Atemwegsbe­schwerden sowie Herz-, Kreislauf- oder Stoffwechs­elerkranku­ngen gehören zu den Krankheits­bildern, bei denen eine Kur angeraten wird.

„Hilfe und Unterstütz­ung für Mütter und ihre Familien sind heute notwendige­r denn je“, sagt Anne Schilling, Geschäftsf­ührerin des Müttergene­sungswerks. „87 Prozent der Mütter leiden unter Erschöpfun­gszustände­n bis hin zum Burnout. Auch Rückenprob­leme, Allergien oder Migräne sind Zeichen für eine Überbelast­ung.“Eine Kurmaßnahm­e könne helfen.

Rund zwei Millionen Mütter sind durch die Belastung in Familie, Haushalt und Beruf so erschöpft, dass sie als kurbedürft­ig gelten. Doch nur ein Bruchteil von ihnen nimmt eine Kur in Anspruch: Vergangene­s Jahr waren bundesweit knapp 50000 Mütter mit über 70 000 Kindern sowie mehr als 1500 Väter in einer der 76 Kurklinike­n des Müttergene­sungswerks. Hinzu kommen die Kurklinike­n anderer Träger. Wer eine Mutter- oder Vater-Kind-Kur beantragen möchte, kann die Formulare bei der Krankenkas­se erhalten, unter www.muettergen­esungswerk.de oder www.mutter-kind-hilfswerk.de herunterla­den. Der nächste Schritt ist der Gang zum Haus- oder Kinderarzt, der die Formulare nach einer Untersuchu­ng ausfüllt. Die Hilfswerke bieten Eltern auch telefonisc­he Beratungen und Unterstütz­ung bei der Antragstel­lung an.

Ziel einer Kur ist es, eine Schwächung der Gesundheit abzuwenden oder eine bestehende Erkrankung der Eltern oder auch der Kinder zu lindern. Dadurch soll die Gesundheit der Familie erhalten werden. Wenn der Arzt ein Attest ausstellt, übernimmt im Regelfall die gesetzlich­e Krankenkas­se die Kosten dafür. Die gesetzlich­e Zuzahlung beträgt zehn Euro pro Tag für Erwachsene, Kinder sind kostenfrei. Für einkommens­schwache Mütter und Väter besteht die Möglichkei­t, diesen Eigenantei­l zu verringern und einen Fahrtkoste­nzuschuss zu beantragen. Normalerwe­ise bleibt die Familie drei Wochen in der Klinik. Bei mezustände, dizinische­r Notwendigk­eit kann der Klinikarzt bei der Krankenkas­se eine Verlängeru­ng beantragen.

Bis der Antrag bewilligt und ein freier Platz gefunden ist, können jedoch einige Wochen ins Land gehen. Heißt: Wer jetzt eine Familienku­r beantragt, kann den Kuraufenth­alt wahrschein­lich erst im Winter antreten. Das muss jedoch nichts Schlechtes sein: „Auch in den späteren Monaten macht es durchaus Sinn, diese Gesundheit­swochen einzuplane­n“, sagt Nadine Espey, Vorstandsv­orsitzende des MutterKind-Hilfswerks. „In manchen Fällen

Die Kur im Winter hat oft mehr Sinn als im Sommer

sollten hilfesuche­nde Mütter und Väter sogar speziell die Herbstund Wintermona­te auswählen.“Das gilt vor allem für touristisc­h begehrte Orte wie das Meer oder die Berge.

Auch aus medizinisc­her Sicht machen Kurklinik-Aufenthalt­e im Herbst und Winter Sinn. Denn typischerw­eise behandeln die Kurklinike­n Erschöpfun­gszustände, Rückenschm­erzen, Gelenk- oder Atemwegsbe­schwerden sowie Herz-Kreislauf-Schwächen. „Als Therapiemi­ttel wird oft Infrarotwä­rme eingesetzt – das macht natürlich vor allem im Winter Sinn“, erklärt Ingrid Kötter, Chefärztin an der Insel-Klinik Sylt. Lichtthera­pien entfalten ebenfalls vor allem in den dunklen Wintermona­ten ihre heilende Wirkung.

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Foto: Alliance, Adobe Stock Das Familienle­ben kann manchmal auch an die Nerven gehen. Manchmal ist es gut, dann Abstand vom Alltag zu gewinnen und eine Kur zu machen. Institutio­nen wie das Müt tergenesun­gswerk helfen Müttern, Vätern und Kindern.

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