Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf der Suche nach dem richtigen Paket

Einmal Azubi sein Binnen einer Stunde lernt unsere Autorin den Ausbildung­sberuf der Fachkraft für Lagerlogis­tik kennen. Dabei ist technische­s Verständni­s und Merkfähigk­eit gefragt / Serie (2)

- VON STEFFI BRAND

Thierhaupt­en Im September beginnt für alle Auszubilde­nden das neue Lehrjahr. Doch viele Betriebe finden oft kaum noch Bewerber für ihre Lehrstelle­n. In unserer Serie „Einmal Azubi sein“begeben sich unsere Autoren in eine Lehrstunde. Sie probieren verschiede­ne Berufe aus und berichten von ihren Erfahrunge­n. In dieser Folge versucht sich die Autorin als Fachkraft für Logistik.

Mein einstündig­es Praktikum als Fachkraft für Lagerlogis­tik startet am Wareneinga­ng. Dort bedeutet jedes Paket eine Überraschu­ng. Was mit der Lieferung passiert, wissen nur der Computer und Franz Kessler, der bei Aumüller Aumatic in Thierhaupt­en die Auszubilde­nden betreut.

Bei mir zu Hause geht das natürlich ganz einfach: Der Postbote klingelt, ich nehme das Paket an. Im Firmenlage­r ist das umfangreic­her. Hier gibt es drei Formen von Wareneingä­ngen: Produktlie­ferungen, Lieferunge­n von Partnerfir­men, Nachbestel­lungen. Jeder Liefersche­in wird im System vermerkt. Auf das Papier kommt ein Barcode, der eingescann­t wird und fest verbunden ist mit dem Vorgang.

Fertig? Von wegen! Dass es um Paketeausp­acken und Liefersche­inesortier­en gehen würde, hatte ich mir bereits gedacht. Doch Franz Kessler überrascht mich mit einer Aufgabe: die mechanisch­e und die elektrisch­e Prüfung. Warum das dazugehört, zeigt ein Blick auf das System: Ohne Prüfung und Freigabe steht die Ware im Status „gesperrt“. Das bedeutet, sie befindet sich zwar im Lager, darf aber noch nicht verwendet werden.

Bei der mechanisch­en Prüfung muss ich nachmessen, ob ein Teil die richtigen Maße hat. Bei der elektri- Prüfung hilft mir die sogenannte Steinwaldb­ox. Das ist ein Prüfinstru­ment, das testet, ob Kondensato­ren und Transistor­en wirklich funktionie­ren. Doch nicht nur die Werte, die das Messgerät ausgibt, müssen passen. Auch ein optischer Check gehört dazu. Erst dann darf ich dem System sagen „i. O.“– das steht für „in Ordnung“. Und schon bekommen die Bauteile den Status „verfügbar“.

Was ich heute für eine Stunde kennenlern­e, dauert normalerwe­ise in der gesamten Ausbildung drei Jahre. Die verkürzte, zweijährig­e Form der Ausbildung nennt sich Ausbildung zum Fachlageri­sten. Inhaltlich unterschei­den sich die bei- Ausbildung­en vor allem im Bereich Qualitätss­icherung und Inventur. Für beide Jobs ist es nötig, ein mathematis­ches und technische­s Grundverst­ändnis mitzubring­en. Da die Arbeitsläu­fe standardis­iert sind, um effizient zu sein, müssen sich angehende Fachkräfte für Lagerlogis­tik vor allem Abläufe merken können.

Schon geht es zur nächsten Station, bis dato habe ich nicht einmal die Hälfte der Aufgaben einer Fachkraft für Lagerlogis­tik gesehen. Im Warenausga­ng erwartet mich Ricardo Rodriguez. Kurzerhand drückt er mir einen Kommission­ierauftrag in die Hand mit einer Unmenge an Zahlen: Artikelnum­mer, Bezeichsch­en nung, Lagerort, Stückzahle­n … all diese Informatio­nen sollen mir zeigen, wo sich das gewünschte Teil im Lager befindet. Doch die Kiste, die ich brauche, liegt ganz oben im Regal. Das Papamobil soll mir helfen. Das ist ein flurfreier Hubsteiger, eine Art Hebebühne. Ricardo Rodriguez’ erster Handgriff legt den Kippschalt­er um. Nun zeigt dieser nicht mehr auf den Hasen, sondern auf die Schildkröt­e. „Zum Anfang nehmen wir besser den Schneckeng­ang.“Schneller würde ich mich – mit doch ein wenig Höhenangst in den Knochen – ohnehin nicht nach oben bewegen. Lieber ist mir der Weg nach unten, und zwar mit dem richtigen Paket, das ich aus dem Laden ger holen sollte. In einer Box landen Produkt und Kommission­ierauftrag. Dann wird das Produkt verpackt.

Draußen vor dem Lager lerne ich anschließe­nd beim Stapeln von Paletten, wie viel Fingerspit­zengefühl dabei nötig ist. Es ist gar nicht so einfach, die Gabeln des Staplers so unter den Holzstegen der Paletten zu platzieren, dass ich die gewünschte Anzahl an Paletten bewegen kann – ohne den kompletten Stapel zum Einstürzen zu bringen. Franz Kessler erklärt: „Das sichere Fahren mit dem Stapler und anderen Flurförder­fahrzeugen ist ebenso Teil der Ausbildung wie ein Rundlauf durch alle Abteilunge­n.“

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Unsere Mitarbeite­rin Steffi Brand probiert sich bei der Firma Aumüller in Thierhaupt­en als Fachlogist­ikerin. Ricardo Rodriguez erklärt ihr, wie man mithilfe des Hubsteiger­s – genannt Papamobil – in die oberen Ebenen des Hochregals kommt.
Foto: Andreas Lode Unsere Mitarbeite­rin Steffi Brand probiert sich bei der Firma Aumüller in Thierhaupt­en als Fachlogist­ikerin. Ricardo Rodriguez erklärt ihr, wie man mithilfe des Hubsteiger­s – genannt Papamobil – in die oberen Ebenen des Hochregals kommt.

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