Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn der Marder immer wieder im Auto wütet
Schaden Mehrfach demoliert der Nager die Schläuche des Wagens einer Augsburgerin. Als sie einen Mietwagen bekommt, wird auch der beschädigt. Experten erklären, warum die Tiere für solche Probleme sorgen – und was hilft
Johanna Buchner (Name geändert) aus dem Stadtteil Hochfeld ist verzweifelt. Schon wieder springt ihr Auto nicht an. Schläuche im Motorraum sind kaputt. Die 25-Jährige hat ein Problem: Marder. Dreimal wurde ihr Auto innerhalb kurzer Zeit von einem Marder beschädigt. Jetzt hat er auch noch ihren Mietwagen lahm gelegt.
Der ganze Ärger begann so: Anfang Mai dieses Jahres beißt das kleine Raubtier zum ersten Mal zu. Der Marder demoliert mehrere Schläuche. Ergebnis: knapp 300 Euro Schaden. „Nach der ersten Reparatur dachte ich, dass das Problem damit erledigt ist. Nie hätte ich damit gerechnet, dass der Marder mir noch so viele Schwierigkeiten bereiten wird“, sagt die junge Frau.
Im Juli folgt die nächste Attacke. Wieder sind Schläuche angeknabbert. Nun wechselt sie diese selbst aus und hofft, dass der Marder nicht wieder kommt. Die Hoffnung währt nur kurz. Wieder ist das Auto kaputt. Ende Juli muss der Wagen wegen Marderschadens ein drittes Mal in die Werkstatt. Die Reparaturen belaufen sich inzwischen auf über 500 Euro. Buchner bekommt einen Leihwagen. Am nächsten Morgen dann die böse Überraschung: Auch bei dem Mietwagen kennt der Marder kein Pardon, auch diesmal wütet er im Motorraum.
Was sich im ersten Moment wie ein schlechter Scherz anhört, ist für die junge Frau ein riesiges Problem. „Nicht nur, dass es meine Nerven belastet. Auch die Kosten ärgern mich enorm“, sagt die Augsburgerin, die gerade ihr Abitur nachholt und auf die unnötigen Ausgaben gut verzichten könnte. Auch einige ihrer Nachbarn klagen über Marderschäden an ihren Autos, die sie viel Geld kosten.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hat ermittelt, dass Marder im Jahr 2016 Schäden in Höhe von rund 66 Millionen Euro an Fahrzeugen verursachten. Vor allem im Frühling und Sommer werden die Marder zum Problem für Autobesitzer, heißt es beim ADAC. Die kleinen Raubtiere treiben sich dann am liebsten in Parkplatznähe und Tiefgaragen he- und legen dabei das eine oder andere Auto lahm. Fachleute gehen davon aus, dass Duftmarken der Marder in den Motorräumen für die Probleme sorgen. Sobald ein Marder sein „neues Zuhause“bezieht, markiert er es. Wenn das Auto aber woanders steht, werden Artgenossen durch die Reviermarkierung provoziert und richten Schäden im Motorraum an. Deshalb seien Autos, die oft den Standort wechseln, besonders betroffen.
Nach Auskunft des ADAC beißen Marder besonders gerne in Gummiund Kunststoffteile. Doch was hilft gegen die fiesen Marderbisse? Mittel, die Abhilfe versprechen, gibt es auf dem Markt in Hülle und Fülle. Der „Marderschreck“etwa verspricht, durch Ultraschall-Töne den Marder zu verscheuchen. Rohre aus Hartplastik sollen den scharfen Zähnen standhalten. Elektroschocks oder Abschottungen aus Draht sollen den Motorraum sichern. Auch Motorreinigungen werden von Werkstätten angeboten. „Ich habe mir einen Marderschreck geholt und ein Anti-Marder-Duftspray. Nichts davon hat geholfen“, sagt Johanna Buchner. Auch bei der städtischen Forstverwaltung sind Fälle von Marderschäden in Augsburg bekannt. Als Grund nennt Jürgen Kircher von der Forstverwaltung vor allem die zunehmende Population der Marder in Städten. In der Stadt fehlen die natürlichen Feinde des Marders und das Nahrungsangebot ist riesig.
Nicht wenige Verzweifelte würden gerne zu radikalen Lösungen greifen, sagt Kircher. Doch in der Stadt ruht die Jagd. Der Marder dürfe nur mit einer Ausnahmegenehmigung eingefangen werden, erklärt er. Um diese zu bekommen, müssten die Betroffenen die Schäden konkret beweisen. Da der Marder nur mit Lebendfallen gefangen werden darf, müsse ein Jagdscheininhaber die Falle beaufsichtigen. Die Auslegung der Fallen sei nur von Juli bis Februar möglich. Doch auch weniger radikale Vertreibungsmittel helfen, berichtet Kirrum cher. Das Versprühen von Essigessenz oder Buttersäure über einen längeren Zeitraum könne helfen, Marder loszuwerden. Auch Lichtquellen, die durch Bewegungsmelder eingeschalten werden, und Lärm kann die Tiere vergrämen.
Hans Fürst, Vorsitzender der Jägervereinigung Augsburg, kennt das Problem mit den Mardern ebenfalls. Hilfe bei einem Jäger zu suchen, bringt nach seiner Einschätzung wenig. Die Lebendfallen seien zu gefährlich für das Stadtgebiet. „Statt dem Marder werden meist die Nachbarskatzen gefangen“, sagt Fürst. Das Problem sei der begrenzte Platz in der Stadt. Nur selten findet sich ein passender Ort, an dem die Falle aufgestellt werden kann, ohne Katzen und andere Tiere zu gefährden. Außerdem ist die Lebendfalle laut Fürst sehr aufwendig, mindestens zweimal am Tag müsse sie kontrolliert werden.
Und was macht jetzt Johanna Buchner? „Ich habe ein Drahtgestell gebastelt, damit der Marder nicht mehr in den Motorraum kommt“, sagt sie. Sie hofft, dass der Quälgeist endlich von ihrem Auto ablässt.
Nur von Juli bis Februar darf man Fallen auslegen