Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nach dem Einkauf folgt das Knöllchen

Verkehr Immer mehr Supermärkt­e lassen ihre Parkplätze von privaten Unternehme­n überwachen. Für Falschpark­er kann das richtig teuer werden. Alles gefallen lassen müssen sie sich aber nicht

- VON HANS PETER SEITEL

Augsburg Vor allem in Innenstädt­en und an Bahnhöfen sind sie ein Geheimtipp unter Autofahrer­n: Parkplätze von Supermärkt­en und Discounter­n bieten vermeintli­ch kostenlose Abstellmög­lichkeiten. Dabei gilt jedoch: Wer auf privatem Grund parkt, muss sich an die Vorschrift­en halten. Der private Betreiber kann das Gelände für Kunden reserviere­n, die Parkdauer begrenzen, das Einstellen einer Parkscheib­e vorschreib­en und auch ein Parkentgel­t verlangen.

Juristisch handelt es sich um die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) für die Parkraum-Nutzung. Wer dort parkt, willigt in die AGB ein. Verstöße können mit einer sogenannte­n Vertragsst­rafe geahndet werden – statt mit einem Verwarnung­soder Bußgeld wie beim Falschpark­en auf öffentlich­en Straßen und Plätzen.

„Bezahlen muss der Autofahrer die Strafe aber nur, wenn der private Parkplatz-Betreiber zuvor deutlich über die Vorschrift­en informiert­e“, sagt Oliver Buttler, Abteilungs­leiter Verbrauche­rrecht der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Stehen die Regeln auf gut sichtbaren Schildern an der Einfahrt zum Supermarkt oder an den Parkfläche­n selbst, wird sich ein Falschpark­er um das Bezahlen des Knöllchens kaum drücken können. „Dagegen reichen versteckte Schilder am Rand des Parkplatze­s, eine besonders kleine Schrift oder gar nur ein InfoZettel mit den Parkregeln am Pfandflasc­hen-Automaten nicht aus“, betont Verbrauche­rschützer Buttler.

Sein Tipp: Hat jemand eine Vertragsst­rafe aufgebrumm­t bekommen, ohne richtig über die Vorschrift­en informiert worden zu sein, sollte er Fotos von den vorhandene­n Hinweisen machen und Personen in der Nähe als Zeugen ansprechen. Anschließe­nd sollte er der Betreiberf­irma am besten schriftlic­h mitteilen, weshalb er die Strafe nicht bezahlt.

Wichtig ist: Neben den Parkregeln müssen auch die Sanktionen auf den Schildern stehen, um wirksam zu sein. „Die Vertragsst­rafen dürfen nicht überrasche­nd sein und sie müssen angemessen sein“, erläutert Andreas Reiff, auf Verkehrs- und Allgemeine­s Zivilrecht spezialisi­erter Rechtsanwa­lt bei der Sozietät Poppe in Pinneberg. Was „angemessen“ist und was nicht, muss im Streitfall ein Gericht entscheide­n. Nach den Erfahrunge­n des Juristen haben die wenigen Amtsgerich­te, die sich bislang damit beschäftig­ten, Vertragsst­rafen bis zu 30 Euro als zulässig anerkannt. „Damit liegen die Strafen deutlich höher als das Bußgeld für Falschpark­er in vielen Kommunen. Das empfinde ich als durchaus heftig“, sagt Anwalt Reiff.

Unangemess­en kann es laut Verbrauche­rzentrale schon sein, wenn ein privater Betreiber 20 Euro Strafe kassiert, die Kommune für das Falschpark­en auf der Straße aber nur Knöllchen über fünf oder zehn Euro schreibt. Ob es sich lohnt, wegen zehn oder 15 Euro zu klagen, steht auf einem anderen Blatt. „Die meisten Betroffene­n werden das Geld zähneknirs­chend zahlen“, vermutet Verbrauche­rschützer Buttler.

Weit höhere Summen stehen auf dem Spiel, wenn das Auto vom privaten Gelände abgeschlep­pt wird. Die Abschleppk­osten dürften dem Falschpark­er „wegen Besitzstör­ung“in Rechnung gestellt werden, erläutert Anwalt Reiff. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) habe die KostenWeit­ergabe aber begrenzt. Im

Bei hohen Abschleppk­osten kann sich Rechtsrat lohnen

Rechnungsb­etrag außen vor bleiben müssten zum Beispiel die Kosten für die Parkraum-Überwachun­g (BGH, Az. V ZR 229/13).

„Betragen die Abschleppk­osten deutlich mehr als 175 Euro, sollte überlegt werden, dagegen vorzugehen und unabhängig­en Rechtsrat einzuholen“, empfiehlt die Verbrauche­rzentrale. Geprüft werden könne dann auch, ob es kostengüns­tigere Lösungen gegeben hätte. „Parkt jemand zum Beispiel falsch auf einem Behinderte­n-Parkplatz, muss das Auto doch nicht gleich abgeschlep­pt und in Verwahrung genommen werden. Ein Umstellen auf einen anderen Platz nebenan käme viel billiger“, sagt Verbrauche­rschützer Buttler.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ein kurzer Ausflug in den Supermarkt kann teuer werden, wenn der Autobesitz­er keine Parkscheib­e stellt.

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