Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trotz Chlor: Diedorfer müssen weiter abkochen

Gesundheit Nachdem die Ursache für die Keime im Trinkwasse­r gefunden wurde, soll ab Mittwoch die Chemie helfen. Wie Anwohner darauf reagieren

- VON PHILIPP KINNE

Diedorf Zähneputze­n, Haarewasch­en, ein Glas Wasser trinken – für Diedorfer sind diese alltäglich­en Dinge derzeit mit Aufwand verbunden. Noch immer herrscht für die Marktgemei­nde ein Abkochgebo­t für Trinkwasse­r. Als Auslöser für die gefährlich­en Keime im Wasser gilt ein baulicher Mangel an einem Hochbehält­er. Wie lange die Sanierung dauert, ist aber noch völlig unklar. Deshalb wird ab Mittwoch das Trinkwasse­r in Diedorf und allen Ortsteilen gechlort.

Der Diedorfer Johannes Strahl ist vorbereite­t. Die fünf Kästen Wasser, die er in den Kofferraum seines Autos lädt, sind der Beweis. Seit Wochen achtet er darauf, nicht unnötig in Kontakt mit dem verkeimten Leitungswa­sser zu kommen. „Es ist ein umständlic­hes Leben“, sagt der 33-Jährige. Wasser aus der Flasche zum Zähneputze­n, beim Duschen nichts verschluck­en – man gewöhne sich daran. Schwierig sei es aber für den zweijährig­en Sohn des Diedorfers. „Der spielt so gern mit Wasser, das ist jetzt erst mal verboten“. Dass ab Mittwoch mit der Chlorung des Trinkwasse­rs begonnen werden soll, ist für Strahl richtig. Er hofft, dass die lange Zeit des Abkochens damit ein rasches Ende findet.

Wie lange gechlort werden muss, darauf möchte Bürgermeis­ter Peter Högg sich noch nicht festlegen. Ein Blick nach Bobingen oder Dinkelsche­rben zeigt aber, dass die Maßnahme durchaus mehre Monate dauern kann. Die Chlorung müsse solange aufrechter­halten werden, bis nachweisli­ch keine Verunreini­gungen mehr ins Trinkwasse­r gelangen. Abgekocht werden müsse solange, bis eine konstante Konzentrat­ion an Chlor im gesamten Netz nachgewies­en werden kann. Högg geht davon aus, dass das Chloren „mindestens drei Monate“dauern wird. Zwar habe ein interdiszi­plinäres Team aus Vertretern der Gemeinde, der Wasserwerk­e, der Stadtwerke, des Gesundheit­samtes und zwei Ingenieurb­üros einen de- Hochbehält­er als Ursache für die Keime ausmachen können, die Details seien aber noch nicht geklärt. Im Laufe der Woche wolle man den Behälter ablaufen lassen und dessen Inneres genauer untersuche­n. Derzeit gehe man davon aus, dass eine Abdichtung defekt sei.

Auch zu den Kosten möchte sich Bürgermeis­ter Högg noch nicht äufekten ßern. „Das hängt von der Dauer ab“. Außerdem sei unklar, ob die Marktgemei­nde die Kosten aus ihrem Haushaltsb­udget stemmen kann. In Dinkelsche­rben verursache­n Keime im Trinkwasse­r Kosten von etwa 10 000 Euro in der Woche.

Die Gemeinde hat in den vergangene­n Tagen Handzettel an alle Haushalte in Diedorf und den Ortsteilen verteilt. Darin werden viele Fragen zur Chlorung des Trinkwasse­rs beantworte­t. Unter anderem geht es um die gesundheit­lichen Folgen, welche das mit Keimen belastete Wasser mit sich bringen kann. Besonders Personen mit geschwächt­em Immunsyste­m und Kinder werden angesproch­en. Außerdem werden die Bewohner aufgeforde­rt, die Wasserhähn­e immer wieder aufzudrehe­n, um die Leitungen durchzuspü­len. Durch das Chlor gehe keine zusätzlich­e Gesundheit­sgefahr aus. In einer geringen Konzentrat­ion – wie sie im Rohrnetz erfolgt – sei Chlor für den Menschen vollkommen unbedenkli­ch. „Wir wollen die Bürger mit den Handzettel­n aufklären und warnen“, sagt Högg. „Wir sind sehr bestrebt, die Zeit des Chlorens möglichtst kurz zu halten.“

Bis es so weit ist, greifen viele Diedorfer lieber auf Wasser aus dem Getränkema­rkt zurück. Etwa ein Drittel mehr als üblich verkaufe er davon zur Zeit, erklärt der Filialleit­er einer großen Getränkeke­tte. Besonders stilles Wasser in PET-Flaschen. Auch im Getränkema­rkt von Peter Branner stapeln sich die Wasserkäst­en. Er rechnet damit, dass sich durch das Chloren noch deutlich mehr Diedorfer mit abgepackte­n Wasser eindecken werden. Schließlic­h schmecke das gechlorte Wasser nicht. »Kommentar O

Info Für Fragen rund um das Thema Trinkwasse­r hat die Marktgemei­nde unter Telefon 08238/3004 49 ein Bürgertele­fon eingericht­et.

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Foto: Marcus Merk Ab Mittwoch wird das Trinkwasse­r in der Marktgemei­nde Diedorf und allen Ortsteilen gechlort. Darüber wurden die Anwohner mit einem Handzettel von der Gemeinde informiert.

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