Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Trotz Chlor: Diedorfer müssen weiter abkochen
Gesundheit Nachdem die Ursache für die Keime im Trinkwasser gefunden wurde, soll ab Mittwoch die Chemie helfen. Wie Anwohner darauf reagieren
Diedorf Zähneputzen, Haarewaschen, ein Glas Wasser trinken – für Diedorfer sind diese alltäglichen Dinge derzeit mit Aufwand verbunden. Noch immer herrscht für die Marktgemeinde ein Abkochgebot für Trinkwasser. Als Auslöser für die gefährlichen Keime im Wasser gilt ein baulicher Mangel an einem Hochbehälter. Wie lange die Sanierung dauert, ist aber noch völlig unklar. Deshalb wird ab Mittwoch das Trinkwasser in Diedorf und allen Ortsteilen gechlort.
Der Diedorfer Johannes Strahl ist vorbereitet. Die fünf Kästen Wasser, die er in den Kofferraum seines Autos lädt, sind der Beweis. Seit Wochen achtet er darauf, nicht unnötig in Kontakt mit dem verkeimten Leitungswasser zu kommen. „Es ist ein umständliches Leben“, sagt der 33-Jährige. Wasser aus der Flasche zum Zähneputzen, beim Duschen nichts verschlucken – man gewöhne sich daran. Schwierig sei es aber für den zweijährigen Sohn des Diedorfers. „Der spielt so gern mit Wasser, das ist jetzt erst mal verboten“. Dass ab Mittwoch mit der Chlorung des Trinkwassers begonnen werden soll, ist für Strahl richtig. Er hofft, dass die lange Zeit des Abkochens damit ein rasches Ende findet.
Wie lange gechlort werden muss, darauf möchte Bürgermeister Peter Högg sich noch nicht festlegen. Ein Blick nach Bobingen oder Dinkelscherben zeigt aber, dass die Maßnahme durchaus mehre Monate dauern kann. Die Chlorung müsse solange aufrechterhalten werden, bis nachweislich keine Verunreinigungen mehr ins Trinkwasser gelangen. Abgekocht werden müsse solange, bis eine konstante Konzentration an Chlor im gesamten Netz nachgewiesen werden kann. Högg geht davon aus, dass das Chloren „mindestens drei Monate“dauern wird. Zwar habe ein interdisziplinäres Team aus Vertretern der Gemeinde, der Wasserwerke, der Stadtwerke, des Gesundheitsamtes und zwei Ingenieurbüros einen de- Hochbehälter als Ursache für die Keime ausmachen können, die Details seien aber noch nicht geklärt. Im Laufe der Woche wolle man den Behälter ablaufen lassen und dessen Inneres genauer untersuchen. Derzeit gehe man davon aus, dass eine Abdichtung defekt sei.
Auch zu den Kosten möchte sich Bürgermeister Högg noch nicht äufekten ßern. „Das hängt von der Dauer ab“. Außerdem sei unklar, ob die Marktgemeinde die Kosten aus ihrem Haushaltsbudget stemmen kann. In Dinkelscherben verursachen Keime im Trinkwasser Kosten von etwa 10 000 Euro in der Woche.
Die Gemeinde hat in den vergangenen Tagen Handzettel an alle Haushalte in Diedorf und den Ortsteilen verteilt. Darin werden viele Fragen zur Chlorung des Trinkwassers beantwortet. Unter anderem geht es um die gesundheitlichen Folgen, welche das mit Keimen belastete Wasser mit sich bringen kann. Besonders Personen mit geschwächtem Immunsystem und Kinder werden angesprochen. Außerdem werden die Bewohner aufgefordert, die Wasserhähne immer wieder aufzudrehen, um die Leitungen durchzuspülen. Durch das Chlor gehe keine zusätzliche Gesundheitsgefahr aus. In einer geringen Konzentration – wie sie im Rohrnetz erfolgt – sei Chlor für den Menschen vollkommen unbedenklich. „Wir wollen die Bürger mit den Handzetteln aufklären und warnen“, sagt Högg. „Wir sind sehr bestrebt, die Zeit des Chlorens möglichtst kurz zu halten.“
Bis es so weit ist, greifen viele Diedorfer lieber auf Wasser aus dem Getränkemarkt zurück. Etwa ein Drittel mehr als üblich verkaufe er davon zur Zeit, erklärt der Filialleiter einer großen Getränkekette. Besonders stilles Wasser in PET-Flaschen. Auch im Getränkemarkt von Peter Branner stapeln sich die Wasserkästen. Er rechnet damit, dass sich durch das Chloren noch deutlich mehr Diedorfer mit abgepackten Wasser eindecken werden. Schließlich schmecke das gechlorte Wasser nicht. »Kommentar O
Info Für Fragen rund um das Thema Trinkwasser hat die Marktgemeinde unter Telefon 08238/3004 49 ein Bürgertelefon eingerichtet.