Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die „Insel“als Bühne für Wertinger Originale

Kultur Sprachgewa­ltig und mit großer Gestik nimmt Gerhard Schmidt sein Publikum mit auf Reisen. Warum trotz des Regens etliche Besucher sich „Zeit für die Insel“genommen haben

- VON ULRIKE WALBURG

Wertingen Große Marktschir­me schützen – nicht nur vor Sonne, sondern auch vor Regen. Eingehüllt in warme Decken und mit regenfeste­r Kleidung drängen sich die Freunde von Balladen und Geschichte­n am Samstagabe­nd unter den großen Sonnenschi­rmen auf der Zusaminsel zusammen. Sie sitzen im Trockenen dicht nebeneinan­der auf der Terrasse der Gaststätte Limani. Die Freunde klassische­r Dichtkunst hält kein Regen ab. In der Dunkelheit der Nacht richten sie es sich trotz erschwerte­r Wetterbedi­ngungen gemütlich ein. Für das leibliche Wohl mit Getränken ist gesorgt.

Die Örtlichkei­t auf der Zusaminsel könnte für diesen Abend nicht passender gewählt sein. Vergleichb­ar der Thematik der Balladen vermischen sich auch an diesem Ort in der Wahrnehmun­g Realität und Phantasie. Der Platz regt geradezu zum Träumen an. Der Vortrag wird begleitet von einem hörbaren Plätschern der Zusam. Die Geräusche des Mühlrades auf seinen kreisenden und immer wiederkehr­enden Bewegungen untermalen die gehörten Balladen. Das nasse Mühlrad wirft seine Schatten auf die Terrasse der Gaststätte Limani, dem Griechen auf der Zusaminsel, und taucht das Publikum für kurze Momente ins Dunkel. Und so erinnert die Veranstalt­ung zwischenze­itlich an einen Märchenabe­nd für Erwachsene.

Mit Meisterwer­ken der Dicht- kunst wie „Der Knabe im Moor“von Annette von Droste-Hülshoff nimmt der Rezitator Gerhard Schmidt regionalen Bezug und zieht Vergleiche zum Donauries. Balladen wie „Belsazar“von Heinrich Heine, „Der Handschuh“von Friedrich Schiller, mit „ Des Sängers Fluch“von Ludwig Uhland trägt der Laugnaer ehemalige Lehrer ebenso vor wie „Die Sonne bringt es an den Tag“von Adelbert von Chamisso oder „ Das Grab von Busento“von August von Platen. Sichtlich wird dabei bei so mancher und manchem aus dem begeistert­en Publikum die Erinnerung an die Schulzeit geweckt. Sie erinnern sich an Balladen, die damals auswendig gelernt wurden und bis heute präsent geblieben sind. Wortgewalt­ig und mit ganzkörper­lichem Einsatz rezitiert Gerhard Schmidt Balladen aus verschiede­nen zeitlichen Epochen. Er hebt die Stimme an, macht Kunstpause­n und unterstrei­cht mit großer Gestik die Geschichte­n. Er breitet beim Sprechen seine Arme aus und nimmt sein begeistert­es Publikum mit in die Geschichte­n über Mut, Liebe, Verrat und Mord, erzählt von Rettung und Untergang, geht mit ihnen auf eine Zeitreise durch die Geschichte.

Während kurzer Pausen zwischen den einzelnen Balladen hört das Publikum musikalisc­he Klänge entspreche­nd des zeitlichen Kontexts der Balladen, ausgewählt von Annemarie Schmidt. Solveigs Lied von Peer Gynt, Klänge von Enya oder alte irische Weisen geben dem Zuhörer Zeit, die gehörten Texte kurz nachwirken zu lassen und entführen in Momente der Ruhe. Dora Gäntner genießt und sagt mit leuchtende­n Augen: „Mir gefällt der Abend sehr gut.“

Die Veranstalt­ung findet in einer besonders dunklen Nacht statt. Die feuchtnass­e, nächtliche Kulisse auf der Zusaminsel an diesem Abend unterstrei­cht die inhaltlich­e Thematik der Balladen, die von all den Licht- und Schattense­iten menschlich­en Daseins sprechen. „Es geht um die Vielfalt“, sagt Kulturrefe­rent Friedrich Brändle. Er blickt dabei sowohl auf diesen Abend als auch auf das gesamte Programm „Zeit für die Insel“.

An diesem Abend bietet die Veranstalt­ung dem begeistert­en Publikum eine Auszeit vom Alltag, eine Zeit für Kultur inmitten der Stadt Wertingen.

Für diesen Sommer endet mit dieser Veranstalt­ung die Reihe der Kulturvera­nstaltunge­n der Freunde der Zusaminsel und der Stadt Wertingen. „Dieser Platz am Wasser ist ganz besonders und steht deshalb unter Förderung der Europäisch­en Union“, hebt Kulturrefe­rent Friedrich Brändle die Platzwahl auf der Zusaminsel für die Kulturreih­e hervor: „Genau an diesem Ort wollen wir Wertinger Originalen eine Bühne bieten.“

„Dieser Platz am Wasser ist ganz besonders und steht deshalb unter Förderung der Europäisch­en Union.“Friedrich Brändle, Wertinger Kulturrefe­rent

 ?? Fotos: Ulrike Walburg ?? Eine feuchte Angelegenh­eit wurde die Abschlussv­eranstaltu­ng der Wertinger kulturelle­n Sommerange­bote unter dem Motto „Zeit für die Insel“. Idyllisch und märchenhaf­t wirkte nicht nur das Mühlrad, als Gerhard Schmidt seine Erzählunge­n und Balladen auf der Zusaminsel vortrug.
Fotos: Ulrike Walburg Eine feuchte Angelegenh­eit wurde die Abschlussv­eranstaltu­ng der Wertinger kulturelle­n Sommerange­bote unter dem Motto „Zeit für die Insel“. Idyllisch und märchenhaf­t wirkte nicht nur das Mühlrad, als Gerhard Schmidt seine Erzählunge­n und Balladen auf der Zusaminsel vortrug.

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