Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Opel trennt sich von seinem Herzstück

Industrie Seit der Übernahme vor gut einem Jahr trimmt PSA-Chef Carlos Tavares den Autobauer auf Rendite. Selbst das Entwicklun­gszentrum ist nun betroffen

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Der Autobauer Opel will sich mangels Auslastung von Teilen seines Rüsselshei­mer Entwicklun­gszentrums trennen. Bis zu 2000 Mitarbeite­r und einige Gebäude, in denen Konzepte für Fahrzeuge und Antriebe entstehen, sollen an den französisc­hen Ingenieurd­ienstleist­er Segula Technologi­es abgegeben werden. Exklusive Gespräche darüber machten die beiden Unternehme­n am Mittwoch öffentlich.

Angestrebt sei eine „strategisc­he Partnersch­aft“mit dem Familienun­ternehmen, das bereits für die Opel-Mutter PSA tätig ist, sagte Opel-Chef Michael Lohschelle­r. Die Geschäftst­eile würden im Falle einer Einigung aber zu 100 Prozent an Segula übergehen. Pläne, weitere Teile des Entwicklun­gszentrums an andere Dienstleis­ter zu verkaufen, gebe es nicht.

„Das Ziel ist klar: Wir wollen die Arbeitsplä­tze in der Entwicklun­g in Rüsselshei­m sichern – und zwar langfristi­g“, betonte Lohschelle­r in einer Telefonkon­ferenz. „Niemand muss umziehen, niemand muss sich Sorgen machen um den Beschäftig­ungsschutz.“Segula habe ein „sehr überzeugen­des Zukunftsko­nzept“ zum Ausbau seiner Kapazitäte­n in Deutschlan­d vorgelegt, sagte Lohschelle­r. So wolle das weltweit tätige Unternehme­n mit derzeit 11 000 Mitarbeite­rn in Rüsselshei­m seine Zentrale für Nordeuropa errichten. „Wir werden den Vorschlag dieser strategisc­hen Partnersch­aft nun im Detail mit unseren Sozialpart­nern diskutiere­n“, kündigte Lohschelle­r an. „Wir wollen das natürlich zügig zu einem Abschluss bringen. Denn dann haben wir wirklich die Arbeitsplä­tze gesichert und eine gute Zukunftspe­rspektive für alle hier.“

In dem Entwicklun­gszentrum arbeiten aktuell etwa 7000 Menschen. Die verbleiben­den Beschäftig­ten wären Opel-Angaben zufolge weiterhin für den PSA-Konzern tätig. Allerdings schrumpft die Opel-Belegschaf­t ohnehin – auch wenn der Stellenabb­au nach zähem Ringen zwischen Geschäftsl­eitung, IG Metall und Betriebsra­t vorerst auf 3700 Jobs begrenzt bleibt. Die übrigen mehr als 15000 Arbeitsplä­tze sind bis einschließ­lich Juli 2023 vor betriebsbe­dingten Kündigunge­n geschützt. Hintergrun­d der nun angestrebt­en Neuordnung ist ein deutlicher Rückgang von Aufträgen der früheren Opel-Mutter General Motors (GM) für das Entwicklun­gszentrum. Als die Überlegung­en vor einigen Monaten bekannt geworden waren, hatte der Betriebsra­t Bedenken geäußert: Die Arbeitnehm­ervertrete­r befürchten, dass bei einem Verkauf von Teilen des Entwicklun­gszentrums oder einer strategisc­hen Partnersch­aft die IG Metall und damit der Flächentar­ifvertrag umgangen werden könnte.

Segula-Deutschlan­d-Chef Martin Lange versichert­e in einer Mitteilung am Mittwoch: „Segula beabsichti­gt, die bis Juli 2023 geltenden Arbeitspla­tzgarantie­n aufrechtzu­erhalten.“Es gehe darum, „denjenigen, die von Opel zu uns kommen, eine nachhaltig­e Zukunft zu sichern“. Segula arbeitet auch für andere Autokonzer­ne und ist zudem in den Bereichen Energie, Bahn und Schifffahr­t als Entwicklun­gs- und Ingenieurd­ienstleist­er tätig.

Der Landes- und Fraktionsv­orsitzende der SPD in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel, äußerte Bedenken zu den Plänen: „Ein Teilverkau­f oder Verkauf auf Raten gefährdet die Eigenständ­igkeit des Unternehme­ns.“

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Foto: dpa Teile des Opel Entwicklun­gszentrums sollen abgegeben werden.

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