Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gemeinde zahlt Kaution für Problem Mieter
Soziales Ein Mann aus dem südlichen Landkreis Aichach-Friedberg zieht unter denkwürdigen Umständen in die Nähe von Fürstenfeldbruck. Dort zahlt er die Miete nicht und lässt die Wohnung verwahrlosen
Landkreis Aichach Friedberg Im September vergangenen Jahres suchte Gerald Zitko einen Nachmieter für eine kleine Wohnung in Haspelmoor bei Fürstenfeldbruck, die ihm gehört und frei geworden war. 53 Quadratmeter, ein Zimmer, eine Schlafnische. Zitko hatte zur Mietersuche eine Annonce in einem Internetportal geschaltet, und es meldeten sich auch ein paar Interessenten, darunter Holger K.* (Name geändert), der zuletzt in der Gemeinde Ried im Landkreis Aichach–Friedberg gelebt hatte.
Er hatte im Raum Fürstenfeldbruck eine neue Arbeitsstelle gefunden und suchte daher eine Wohnung in der Nähe, der Mann machte auf den Vermieter nicht den schlechtesten Eindruck. Er hatte einen Job, wollte direkt einziehen und sagte, er könne sich die Miete leisten. Außerdem machte sich der Bürgermeister der Gemeinde Ried, Erwin Gerstlacher, in einem Telefonat mit Gerald Zitko für Holger K. stark, wie der Vermieter sich erinnert.
Und nicht nur das: Der Bürgermeister kümmerte sich persönlich um die Kaution für den Mieter, als dieser den Zuschlag für die Wohnung erhielt. Ein paar Tage später waren die knapp 1500 Euro überwiesen worden, bezahlt von einem Konto der Gemeinde Ried, „Kaution Holger K.“wurde beim Verwendungszweck eingetragen.
Dass Gemeinden die Kaution für Mieter stellen, die in einen anderen Ort ziehen, ist ein eher unübliches Vorgehen, aber Zitko dachte sich erst wenig dabei. Zunächst, so berichtet er es, sei mit seinem neuen Mieter eigentlich auch alles ganz gut gelaufen. Der Mann bezahlte pünktlich seine Miete und verhielt sich sonst unauffällig. Dann allerdings änderte sich die Lage. Ab Januar, so schildert es Zitko, blieben Mietzahlungen aus, die Wohnung verwahrloste, weil sich der Mieter nicht um sie kümmerte; eine Glasscheibe ging zu Bruch, einmal schaute die Polizei vorbei. Und der Mieter sei plötzlich nur noch schwer erreichbar gewesen, habe immer neue Ausreden gefunden, warum die Miete nicht bezahlt worden sei.
Zitko sagt, er habe monatelang keine Miete erhalten. 5000 Euro fehlten ihm dadurch nun. Er kündigte dem Mann fristlos, was den nicht groß beeindruckte. Zitko spricht aus, was er denkt: dass Holger K. ein Mietnomade sei und man das in der Gemeinde Ried auch gewusst habe. Anders kann er sich die Ereignisse rückblickend nicht mehr erklären. Warum sonst habe der Bürgermeister ihn persönlich angerufen, um von einem Mieter zu überzeugen, und dann auch noch die Kaution überwiesen – wenn nicht, um einen Problem-Mieter aus Ried loszuwerden?
Bürgermeister Erwin Gerstlacher (CSU) stellt die Lage im Gespräch mit unserer Zeitung anders dar, räumt aber grundsätzlich ein, die Überweisung der Kaution in Auftrag gegeben zu haben. Holger K. habe zuvor länger in Ried gewohnt, eine Frau und Kinder gehabt. Als seine Frau sich von ihm getrennt und er seinen Job verloren habe, sei der Mann zu ihm gekommen und habe um Unterstützung gebeten, sagt Gerstlacher.
Er habe Holger K. helfen wollen. Hintergedanke sei auch gewesen, den Mann „vor der Straße zu bewahren“. Er habe ihm gesagt, er könne sich etwas vorstellen, das Geld müsse aber natürlich wiederkommen. Als er später den Zustand der ehemaligen Wohnung von Holger K. in Ried gesehen habe, habe er sich aber gedacht, dass das schwierig werden könnte.
Dem Vernehmen nach gab es auch dort bereits erhebliche Probleme zwischen dem Vermieter und Holger K., inklusive Kündigung und Räumungsklage. Teile des Betrags habe Holger K. zwischenzeitlich zurücküberwiesen, sagt Gerstlacher. Das meiste allerdings nicht. Noch einmal, sagt der Bürgermeister, würde er so etwas nicht tun. „Ich habe da Lehrgeld bezahlt.“Bürgermeister haben einen Verfügungsrahmen, innerhalb dessen sie Gelder bewilligen dürfen, ohne vorher den Gemeinderat zu fragen. Dieser liegt in Ried bei 5000 Euro. Im Gemeinderat sei das Thema aber einmal zur Sprache gekommen, ein Geheimnis in Ried sei es nicht.
Gerald Zitko jedenfalls ist wütend, auf den Mieter und den Bürgermeister. Vergangene Woche sei Holger K. abgehauen und habe kommentarlos die Schlüssel dagelassen, sagt Zitko. Die Wohnung sei „total versifft“. Wohin der Mann sei, wisse er nicht. Immerhin, sagt Zitko, könne er die Wohnung wieder herrichten und neu vermieten, auch wenn das Zeit und Geld koste. »Kommentar
Fristlose Kündigung und Räumungsklage