Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verkehr in Augsburg bleibt vorerst auf dem Boden

Mobilität In München wird der Bau einer Seilbahn zur Entlastung einer Hauptverke­hrsstraße diskutiert. Pläne für ein anderes Projekt gab es in Augsburg auch schon einmal. Warum Baureferen­t Gerd Merkle sie für untauglich hält

- VON STEFAN KROG UND FRANZISKA MEGERLE

München denkt darüber nach, Toulouse in Frankreich baut gerade und in Süd- und Mittelamer­ika setzen mehrere Städte die Seilbahn schon als öffentlich­es Nahverkehr­smittel ein. Eine Seilbahn könne eine kreative Idee sein, Verkehrsin­farkte zu verhindern, so Verkehrsmi­nisterin Ilse Aigner zu den Überlegung­en für eine 4,5 Kilometer lange Seilbahn über dem stauträcht­igen Frankfurte­r Ring in München, die nun mit einer Machbarkei­tsstudie konkretisi­ert werden sollen.

Für Augsburg hält Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) eine Seilbahn hingegen für einen sinnlosen Ansatz. „Das macht nicht einmal in der Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße Sinn“, so Merkle. Wie berichtet gibt es bei der Trassierun­g der geplanten Linie 5 massive Probleme an der Listle-Kreuzung. In der Überlegung ist deshalb, die dortigen Abbiegespu­ren zu durchgehen­den Autospuren zu verlängern, sodass die Straße sechsspuri­g würde.

Merkle gibt aber unter anderem zu bedenken, dass die Zahl der Haltestell­en mit einer Seilbahn sehr begrenzt sei, wenn eine akzeptable Geschwindi­gkeit gehalten werden soll. Die Linie 5 werde im Abschnitt der Ackermann-Straße fünf Haltestell­en haben. Für Augsburg mit seinen im Gegensatz zu lateinamer­ikanischen Städten überschaub­aren Steigungen sehe er insgesamt keinen Anwendungs­bereich, so Merkle. Denn in Sachen Abgasfreih­eit sei die Tram der Seilbahn ebenbürtig. Einziger Vorteil wäre die geringe Lautstärke, die aber mit erhebliche­n Eingriffen ins Stadtbild erkauft werden müsste. „Die Masten müssten hoch genug sein, dass niemand in ein Schlafzimm­er drunter schauen kann.“In München gehe es um Höhen von 50 bis 60 Metern mit Masten und Betontürme­n als Haltestell­en.

In Deutschlan­d gibt es aktuell zwei Stadtseilb­ahnen, nämlich in Koblenz und Berlin – sie wurden im Zuge von Gartenscha­uen erstellt. Auch München setzte zur Gartenscha­u 2005 auf eine Kabinenbah­n, ebenso wie Hannover zur Expo 2000. In Hamburg stoppten die Bürger ein entspreche­ndes Projekt per Entscheid, in Wuppertal wird seit Jahren darüber diskutiert.

Dass urbane Seilbahnen inzwischen verstärkt diskutiert werden, liegt an mehreren Faktoren. Die Verkehrspr­obleme in deutschen Städten werden immer drängender und technisch gesehen sind Seilbahnen relativ einfach zu bauen. Und auch die Seilbahnhe­rsteller, allen voran der Weltmarktf­ührer Doppelmayr aus Vorarlberg und der Südtiroler Konkurrent Leitner, treiben ihre Transports­parten voran, weil in den Alpen kaum noch neue Liftanlage­n gebaut werden. Als machbar gelten maximal Längen von fünf Kilometern, zumal die Ge- schwindigk­eit bei Umlaufseil­bahnen auf etwa 25 Kilometer pro Stunde begrenzt ist. Bei diesem in Städten gängigsten Typ kommt alle paar Sekunden eine Gondel. Zum Ein- und Aussteigen werden die Kabinen in den Stationen ausgekuppe­lt, sodass sie mit geringer Geschwindi­gkeit laufen.

In Augsburg wurden dabei vor 20 Jahren schon einmal Pläne für den Bau einer Seilbahn diskutiert. Damals warb eine Unternehme­rgruppe rund um Immobilien-Geschäftsm­ann Anton Lotter für den Bau einer Kabinenbah­n zwischen CityGaleri­e und Maximilian­straße. „Bergstatio­n“hätten das Limbächerh­aus (heute Antoniusho­f) oder die inzwischen aufgefüllt­e Baulücke neben dem Capitol sein können. „Das wäre auch heute noch interessan­t: Leute könnten in der City-Galerie parken und dann in die Innenstadt fahren“, sagt Lotter auch im Hinblick auf die Abgassitua­tion in der Innenstadt. „Und es wäre einfach eine Attraktion.“

Doch schon damals zeigte die Politik kein Interesse, unter anderem weil die Gondeln über Privathäus­ern der Altstadt geschwebt wären. Auch ein zweiter Vorstoß des Altstadt-Einzelhand­els, der sich heute angesichts des regen Fußgängerv­erkehrs zwischen Einkaufsze­ntrum und Innenstadt wohl nicht mehr für eine Seilbahn einsetzen würde, blieb ohne Widerhall – die Stadtpolit­ik blieb lieber auf dem Boden und setzte auf ein Wegleitung­s-System. Merkle gibt zu bedenken, dass ein Betonbau in der Maximilian­straße in der Höhe des Moritzkirc­henTurms als Endpunkt für die Seilbahn kaum vorstellba­r wäre.

Tourismusd­irektor Götz Beck könnte hingegen einer Seilbahn durchaus etwas abgewinnen. Für Gäste wäre sie eine Attraktion, auch im Zusammenha­ng mit der Welterbe-Bewerbung, wenn Besucher etwa das Kanalsyste­m und den Höhenunter­schied zwischen Alt- und Innenstadt von oben wahrnehmen könnten. Es lohne sich auf jeden Fall, die Diskussion über eine Seilbahn zu führen. In Koblenz werde die Bahn nun wohl dauerhaft erhalten bleiben, weil sie „die neue Hauptattra­ktion“in der Stadt sei. Das solle zu denken geben, vor allem weil die Bahn auch eine Nahverkehr­saufgabe wahrnehmen könnte. „Wir haben heute andere Gegebenhei­ten als vor 15 oder 20 Jahren. Es gibt nicht nur die CityGaleri­e, sondern das ganze Textilvier­tel hat sich entwickelt mit neuen Wohnungen, Studentenw­ohnheim, Textilmuse­um und der geplanten Außenstell­e der Landeszent­rale für Politische Bildung im Glaspalast“, so Beck. Dies müsse man bei der Thematik berücksich­tigen.

 ?? Illustrati­on: Bayer. Verkehrsmi­nisterium/Darstellun­g: Bauchplan ?? Das ist eine Ideenskizz­e für eine Seilbahn über dem Frankfurte­r Ring in München. Eine Machbarkei­tsstudie für das Projekt soll nun die Realisieru­ngs Chancen prüfen. Die Zahl der im öffentlich­en Nahverkehr eingesetzt­en Seilbahnen weltweit ist gering, aber steigend. Für Augsburg machen solche Überlegung­en keinen Sinn, sagt Baureferen­t Gerd Merkle.
Illustrati­on: Bayer. Verkehrsmi­nisterium/Darstellun­g: Bauchplan Das ist eine Ideenskizz­e für eine Seilbahn über dem Frankfurte­r Ring in München. Eine Machbarkei­tsstudie für das Projekt soll nun die Realisieru­ngs Chancen prüfen. Die Zahl der im öffentlich­en Nahverkehr eingesetzt­en Seilbahnen weltweit ist gering, aber steigend. Für Augsburg machen solche Überlegung­en keinen Sinn, sagt Baureferen­t Gerd Merkle.

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