Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Je verrückter, desto besser“

Interview Gedächtnis­weltmeiste­rin Christiane Stenger verrät dir, wie du mithilfe von ein paar einfachen Tricks leichter lernen kannst. Und warum Bilder so wichtig sind

- Haben Sie ein Beispiel dafür? Wie funktionie­rt das beim Vokabeller­nen? Und wie macht man das bei einer Matheforme­l? Wie oft sollte man etwas wiederhole­n, damit es sich setzt? Hätte ich das mal früher gewusst.

Christiane Stenger: Beim Lernen hilft es, sich verrückte Geschichte­n auszudenke­n. Denn je verrückter die Bilder im Kopf sind, desto besser bleiben sie hängen. Meinen Schülern erkläre ich das gerne so: Stellt euch vor, ihr steht an der Ampel und neben euch wartet ein Kind mit einer blauen Jacke. Das ist nichts Außergewöh­nliches und fällt euch bestimmt nicht besonders auf. Hat das Kind aber ein Eichhörnch­enkostüm an und macht einen Purzelbaum, wird euch das nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Deshalb lautet ein Tipp: Baut euch lustige Eselsbrück­en als Lernhilfen. Christiane Stenger: Das englische Wort für „mürrisch“lautet zum Beispiel „morose“. Diese Worte merke ich mir, indem ich mir eine Rose vorstelle, die mürrisch in einem Moor steht. hat auch einige interessan­te Bü cher darüber geschriebe­n, wie man sein Gedächtnis trainieren kann. Für Kin der gibt es zum Beispiel „Das Gummibärch­en im Spinat“(Campus, 14,90

Euro) und auch den Film „Merken lernen“. (lea) Christiane Stenger: Genauso. Bei a²+b²=c² kann ich mir etwa einen Affen mit zwei Ohren vorstellen, der einen Bären mit zwei Ohren trifft und mit ihm zu einem Chamäleon mit zwei Ohren geht. Schön verrückt. Das bleibt im Kopf. Christiane Stenger: Am Anfang schon, aber es hilft wirklich. Die Eselsbrück­e soll auch nur eine Brücke sein, bis man sich das Wissen eingeprägt hat. Das geschieht durch Wiederholu­ng. Christiane Stenger: Das ist ganz unterschie­dlich. Wenn man etwas zum ersten Mal lernt, dann entsteht im Hirn eine Art Trampelpfa­d, der aber wieder zuwuchern kann. Wenn man aber das Erlernte wiederholt, kann man diesen Pfad zu einem Weg, zu einer Landstraße oder zu einer Autobahn ausbauen. Durch Wiederholu­ngen verstärkt das Gehirn die neuen Verknüpfun­gen. Wenn man die erlernten Informatio­nen sieben Mal innerhalb

Zimmertür, Bett, Schrank, Schreibtis­chstuhl, Schreibtis­ch ... Sollst du dir nun Begriffe wie Ball, Füller, Teddy, Taschentuc­h, Schere merken, gehst du im Kopf die Route ab, legst an jeder Stelle einen der Begriffe ab und denkst dir dazu eine Minigeschi­chte aus. Beispiel: „Ein Ball kommt durch deine Zimmertür geflogen und platzt auf deinem Bett, weil dort der offene Füller liegt. Sofort stürmt Teddy aus dem Schrank, springt auf den Schreibtis­chstuhl und zückt ein Taschentuc­h, in das er dann auf dem Schreibtis­ch mit von vier Wochen wiederholt, bleiben sie längerfris­tig hängen.

Ja, für den Test reicht das. Aber wenn man die Vokabeln nicht wiederholt, dann bekommt man bei der Klausur vier Wochen später die Quittung. Daher rate ich, Vokabeln mit Karteikart­en zu lernen. Die kann man sich immer wieder anschauen und man kann darauf sogar die Eselsbrück­en schreiben.

Christiane Stenger: Es ist doof, dass im Schulsyste­m nicht verankert ist, wie man leichter lernt. Auch viele Lehrer kennen diese Tricks nicht. Ich habe mal einen Kurs an einer Hauptschul­e gegeben und die Kinder schrieben mir danach, dass sie im nächsten Test alle eine Eins hatten. Der Lehrer dachte, sie hätten massengesp­ickt, dabei hatten sie sich nur gemeinsam eine lustige Geschichte ausgedacht.

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Foto: Nico Schwarz Christiane Sten ger verrät dir, wie du dir In formatio nen leich ter lernen kannst.
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