Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Wir haben Angst“

Jagd Ein Jäger soll Schüsse in Richtung eines Spaziergän­gers abgefeuert haben. Die Polizei ermittelt. Wie Anwohner die Situation vor Ort erleben und was der Jagdpächte­r zu den Vorwürfen sagt

- VON PHILIPP KINNE

Ein Jäger soll bei Adelsried Schüsse in Richtung eines Spaziergän­gers abgefeuert haben. Die Polizei ermittelt. Einige Anwohner sagen: „Wir haben Angst.“

Adelsried Es könnte so idyllisch sein. Eigentlich. Ein paar Apfelbäume stehen am Wegesrand, ab und zu spitzelt eine Ente aus dem Schilf an der Laugna, Spaziergän­ger führen ihre Hunde aus, Radfahrer genießen die Natur. Doch genau hier, im Landschaft­sschutzgeb­iet zwischen Adelsried und Bonstetten, am beliebten Weldenbahn­radweg, sollen sich bedrohlich­e Szenen abgespielt haben. Unter anderem wird einem Jäger vorgeworfe­n, in Richtung eines Menschen geschossen zu haben.

Die Polizei kann diese Vorwürfe bislang nicht bestätigen. Nach ersten Ermittlung­en gehen die Beamten davon aus, dass keine konkrete Gefährdung von Personen bestand. Seit dem 1. September laufe im Gemeinscha­ftsjagdrev­ier Adelsried eine befugte Jagd auf Enten mit Schrotkuge­ln. Der Jäger betont gegenüber unserer Zeitung, dass er nie in Richtung eines Menschen geschossen habe. Er sei ein erfahrener Jäger und kenne die Regeln. Spaziergän­ger, die im Jagdgebiet des unterwegs waren, berichten allerdings anderes.

Am vergangene­n Mittwochab­end war Mathias Neumann mit seinem Hund Buddy spazieren. Plötzlich seien mehrere Schüsse gefallen: „Ich ging instinktiv in Deckung und rief, um auf mich aufmerksam zu machen“, sagt der Adelsriede­r. Doch niemand habe geantworte­t. „Ich denke, die Schüsse schlugen hinter mir in den Bäumen ein.“Noch am selben Abend habe er die Polizei gerufen. Er geht davon aus, dass Jäger hinter den Schüssen stecken. Es ist nicht der erste Zwischenfa­ll auf den Wiesen vor Adelsried.

Vor ein paar Wochen, erzählt Lalia Kaiser aus Adelsried, sei sie dort mit ihren beiden Hunden Albero und Carlos spazieren gewesen. Plötzlich sei ein dunkler Geländewag­en auf sie zugerast. Ein Mann, augenschei­nlich ein Jäger, habe ihr aus dem Wagen heraus gesagt, sie solle ihre beiden Hunde an die Leine nehmen. „Ich hatte sofort ein mulmiges Gefühl“, sagt Laila Kaiser. Die Hunde würden wildern, soll der Mann gesagt haben. Falls sie nicht an die Leine genommen werden, passiere etwas. „Dabei tun die beiden keinem Tier etwas zuleide“, meint die junge Frau. Umgehend habe sie sich auf den Heimweg gemacht. „Ich dachte, der schießt noch auf meine Hunde.“Seither gehe sie mit einem mulmigen Gefühl spazieren. „Wir haben Angst“, sagt Lalia Kaiser.

Was Jäger überhaupt in der Nähe des Radwegs und der beliebten Spazierweg­e auf den Wiesen vor Adelsried verloren haben, ist Helmut SeiMannes bold ein Rätsel. Er ist der Vorsitzend­e der Jagdgenoss­enschaft Adelried. Neun Jahre lang hatte er selbst die Jagdpacht in diesem Gebiet. „Da gibt es kaum etwas zu jagen“, sagt er. Abgesehen von ein paar Enten vielleicht. Aber das lohne sich nicht.

Im April wurde die Pacht neu vergeben. „Ich habe eine neue Stelle und kann mich nicht mehr so sehr um die Jagd kümmern.“Deswegen habe er die Pacht abgegeben. Viele Bewerber habe es nicht gegeben, erinnert sich Seibold. Mit seinem Sohn und weiteren Jägern ist der Pächter seit April bei Adelsried auf der Jagd. Der Pachtvertr­ag ist auf neun Jahre angesetzt. Seibold wirft dem neuen Jagdpächte­r vor, sich nicht an die Regeln zu halten. Es seien mehr als die angemeldet­en sechs Jäger unterwegs. „Wer weiß, ob die alle einen Jagdschein haben“, sagt Seibold. Zudem sei eine Ente angeschoss­en und liegen gelassen worden: „Das ist Tierquäler­ei.“Es sollen ohne Genehmigun­g nachts Rehe gejagt worden sein. Die Jäger sollen verbotener­weise aus dem Auto heraus geschossen haben. Und – wie der sagt – sogar in Richtung eines Menschen. Der Jäger bestreitet diese Vorwürfe. Der russischst­ämmige Mann erklärt, ein erfahrener Jäger zu sein. Seit über 20 Jahren schon sei er in seiner Heimat auf der Jagd. Seit fünf Jahren auch in Deutschlan­d. Weder habe er in Richtung eines Spaziergän­gers geschossen noch sei ihm bekannt, dass Tiere angeschoss­en wurden. Auch würde er nie aus einem Auto schießen.

Wie das Landratsam­t erklärt, sind Jagdpacht-Verträge privatrech­tlicher Natur. Die Jagdgenoss­enschaft verpachtet an den Jäger. Jagdpächte­r darf nur sein, wer seit mindestens drei Jahren einen deutschen Jagdschein besitzt. Entzogen werden kann die Lizenz, wenn gegen das Jagdgesetz verstoßen oder ein Verbrechen begangen wird, so die Behörde. Im Jagdgesetz ist zum Beispiel geregelt, dass ausschließ­lich auf dem dazu bestimmten Gebiet gejagt werden darf. Außerdem ist geregelt, dass auch die Hege, also die Erhaltung eines artenreich­en und gesunden Wildbestan­ds, zu gewährleis­ten ist. »Kommentar

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Foto: Merk In Adelsried häufen sich Zwischenfä­lle mit neuen Jägern. Weil sie in der Nähe von Rad und Wanderwege­n jagen sol len, haben Anwohner Angst, die Schüsse könnten auch sie treffen.

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