Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geld für Passagiere

Recht Wie viel Fluggesell­schaften ihren Kunden zurückerst­atten müssen

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Luxemburg Fällt ein Flug aus, muss die Airline bezahlen. Doch bislang war es strittig, ob die Fluggesell­schaften auch die Vermittlun­gsgebühren, die Online-Plattforme­n einbehalte­n haben, an die Passagiere zurückzahl­en müssen. Das hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) nun entschiede­n. Das Urteil lautet: Airlines müssen bei Flugausfäl­len neben dem vollen Ticketprei­s auch für Vermittlun­gsgebühren von Online-Portalen aufkommen, wenn sie von dieser Provision wussten. Die Differenz zwischen dem vom Fluggast bezahlten Preis und dem tatsächlic­h erhaltenen Betrag sei Teil der Rückzahlun­g, die im Falle einer Flugstorni­erung laut EU-Fluggastre­chteverord­nung fällig wird. Mit dieser Auslegung werde ein hoher Schutz für Reisende gewährleis­tet, hieß es. (Az. C-601/17)

Zuvor hatte eine Familie aus Hamburg vor dem dortigen Amtsgerich­t geklagt, die Ende November 2015 über das Online-Portal Opodo für 1108,88 Euro Flüge gebucht hatte. Nachdem ihre Verbindung nach Faro (Portugal) gestrichen wurde, wollte die spanische Airline Vueling aber nur den Betrag von 1031,88 Euro zurückzuza­hlen – also die Summe, die sie tatsächlic­h erhalten hatte. Die Fluggesell­schaft weigerte sich, für die Differenz von 77 Euro aufzukomme­n, die Opodo als Vermittler kassiert hatte.

Mit dem Urteil stellte der Gerichtsho­f nun fest, dass die komplette Erstattung­ssumme laut EU-Fluggastre­chteverord­nung auch die Vermittlun­gsgebühren an Dritte beinhaltet. Unklar bleibt aber weiterhin, ob Vueling im vorliegend­en Fall von der Provision wusste. Denn nur bei Kenntnis wäre die Airline angehalten, die Gebühren zurückzuza­hlen – also einen Betrag, den sie nie erhalten hat. Ob das der Fall war, muss jetzt das Amtsgerich­t Hamburg prüfen. Der europäisch­e Branchenve­rband Airline for Europe sowie Vueling äußerten sich auf Anfrage zu dem Urteil zunächst nicht.

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) begrüßte das Urteil. „Der EuGH hat seine verbrauche­rfreundlic­he Linie weiterverf­olgt und auch sehr differenzi­ert geurteilt“, sagte vzbv-Reiserecht­sexperte Felix Methmann in Berlin. Zugleich mahnte er Geschäftsp­raktiken von Online-Reiseporta­len an: „Es zeigt einmal mehr, dass solche Vermittlun­gsportale transparen­ter werden und auch Provisione­n aufzeigen müssen.“Oftmals seien Flüge nur nach dem Gesamtprei­s gelistet – welche Airline aber Provision zahlt, um weiter oben angezeigt zu werden, werde nicht offen kommunizie­rt. Methmann riet dazu, die Flugpreise mehrerer Seiten zu vergleiche­n oder bei der Airline direkt zu buchen.

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