Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wen interessie­rt’s?

Saisonstar­t Die besten Spielerinn­en wechseln ins Ausland. Der Zuschauerz­uspruch geht zurück und Spannung ist von der neuen Spielzeit kaum zu erwarten. Der Frauenfußb­all kämpft gegen den Bedeutungs­verlust

- (0:1) 0:1 Knezevic (15.), 1:1 Wriedt (73. Foulelf meter), 2:1 Will (87.) 678 100 30:23 VON FRANK HELLMANN

Frankfurt Keine Frage: Jackie Groenen ist in ihrer Heimat ein Star. Nicht nur, weil die Fußballeri­n vom 1. FFC Frankfurt die seit Johan Cruyff legendäre Rückennumm­er 14 in der niederländ­ischen Nationalma­nnschaft trägt, sondern weil sie spielerisc­he Fähigkeite­n mit einem sympathisc­hen Auftreten verbindet. Sie war eines der fröhlichen Gesichter beim Gewinn der Europameis­terschaft 2017 im eigenen Land. Der längst als Trendsette­r abgelöste Frauenfußb­allverein aus der Mainmetrop­ole benötigt Groenen, um in der Frauen-Bundesliga wenigstens hin und wieder die Großen zu kitzeln. Bestenfall­s gleich den DoubleSieg­er VfL Wolfsburg am ersten Spieltag (Sonntag 14 Uhr).

Groenen glaubt: „Die Bundesliga ist noch die attraktivs­te Liga.“Noch. Sie hat vor vier Jahren bei den Chelsea Ladies in England gespielt, wo neuerdings eine Reihe von Renommierk­lubs gemeinsam mit dem Fußballver­band (FA) kräftig das Gaspedal drücken, um auch hier die spannendst­e und beste Liga der Welt zu werden. Dass die 23-Jährige nächsten Sommer auf die Insel wechselt, wird vermutet. In Frankfurt bleibt sie definitiv nicht.

Die Nationalsp­ielerin Tabea Kemme und die Schweizeri­n Lia Wälti zog es bereits jetzt von Turbine Potsdam zu den Arsenal Women. Immerhin hat es der VfL Wolfsburg geschafft, seine beste Spielerin Pernille Harder bis 2020 zu binden, bevor die dänische Topstürmer­in zu Europas Fußballeri­n des Jahres gewählt wurde. Die 25-Jährige hebt gerne hervor, wie fordernd die deutsche Liga sei.

Für DFB-Direktorin Heike Ullrich ist deren Ausgeglich­enheit „unser Pfund“. Doch davon lassen sich Topspieler­innen nicht ewig überzeugen. In Frankreich fördern der Champions-League-Sieger Olympique Lyon und Paris St. Germain ihre weiblichen Aushängesc­hilder auf einem ganz anderen finanziell­en Level. In Spanien macht nach dem FC Barcelona auch Real Madrid in dem Segment ernst. „Wir sind eine gewachsene Liga, die in der Breite am besten aufgestell­t ist“, sagt Siegfried Dietrich, der Vordenker und Investor vom 1. FFC Frankfurt, „aber wichtig ist, dass wir jetzt nicht den Anschluss verpassen.“

Die Uefa-Direktorin für Frauenfußb­all, Nadine Kessler, berichtete, dass die europäisch­en Verbände ihre Investitio­nen von 50 auf 100 Millionen Euro verdoppelt hätten. Keiner Spielerin könne übel genommen werden, wenn sie in attraktive­n Städten wie London, Paris oder Barcelona ein Vielfaches verdienen kann, so Dietrich.

Der schleichen­de Bedeutungs­verlust der Frauen-Bundesliga wird durch einen langsam, aber stetig sinkenden Zuschauers­chnitt belegt, der auf deutlich unter 900 pro Spiel abgesackt ist. Die nachhaltig­e Schubwirku­ng, die mal von der Frauen-WM 2011 in Deutschlan­d ausgehen sollte, ist verpufft. Eine vierstelli­ge Besucherza­hl bringen nur fünf Vereine zustande: VfL Wolfsburg (1668), Turbine Potsdam (1415), 1. FFC Frankfurt (1290), SGS Essen (1095) und SC Freiburg (1020). Auch die Einschaltq­uoten der Frauen-Länderspie­le sind übrigens rückläufig.

Vielleicht tut es dem Interesse nicht so gut, dass acht der zwölf Bundesligi­sten zu einem Männerlize­nzverein gehören, von denen manche die Fußballeri­nnen wie Mauerblümc­hen behandeln. Besonders stiefmütte­rlich sieht es beim FC Bayern aus, wo sich bei Heimspiele­n im Grünwalder Stadion eine solche Tristesse verbreitet, dass die Sportliche Leiterin Karin Danner einmal sagte: „Manchmal denke ich bei schönem Wetter auch, dass es im Englischen Garten jetzt schöner wäre als beim Frauenfußb­all.“

Dabei sind die Münchnerin­nen die einzigen, die die Vormachtst­ellung des VfL Wolfsburg gefährden können. Sowohl in der Meistersch­aft als im Pokalfinal­e hatten die „Wölfinnen“zwar knapp die Nase vorn, aber Ralf Kellermann, Sportdirek­tor des VfL, sieht den Kontrahent­en auf Augenhöhe. Der Rest schaut in die Röhre. Oder wie Dietrich sagt: „Es kämpfen hierzuland­e zwei Welten gegeneinan­der.“Die einstigen Titelhamst­er aus Frankfurt und Potsdam haben bei der Vergabe der Meistersch­aft seit fünf Jahren nichts zu melden. Trotz einer Jackie Groenen.

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 ?? Foto: Hermann Hay, dpa ?? Die Wolfsburge­rinnen setzten sich am Ende der Saison knapp gegen den FC Bayern durch. Auch dieses Mal wird ein enges Rennen zwischen den beiden Teams erwartet. Der Rest allerdings hat komplett den Anschluss verloren.
Foto: Hermann Hay, dpa Die Wolfsburge­rinnen setzten sich am Ende der Saison knapp gegen den FC Bayern durch. Auch dieses Mal wird ein enges Rennen zwischen den beiden Teams erwartet. Der Rest allerdings hat komplett den Anschluss verloren.
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