Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Carolin Nordmeyer steht neu am Pult

Porträt Carolin Nordmeyer ist die neue Leiterin des Schwäbisch­en Jugendsinf­onieorches­ters. Vor den ersten Konzerten verrät sie, weshalb die Zusammenar­beit für sie reizvoll ist

- VON STEFAN DOSCH

Jetzt zur Mittagszei­t haben die jungen Musiker in der Jugendbild­ungsstätte Babenhause­n ihre Köpfe nicht über Noten, sondern über ihre Smartphone­s gesenkt. Auch Carolin Nordmeyer hat den Dirigierst­ab für zwei, drei Stunden aus der Hand gelegt und dadurch Zeit für ein Gespräch. Die 43-Jährige ist die neue künstleris­che Leiterin des Schwäbisch­en Jugendsinf­onieorches­ters, Nachfolger­in des sechs Jahre amtierende­n Allan Bergius und in dieser Woche zum ersten Mal mit dem Orchester in der Probenphas­e, an deren Ende mehrere Konzerte stehen.

Unter schattigen Bäumen im Garten der Jugendbild­ungsstätte erzählt Carolin Nordmeyer, wie es zu diesem Engagement bei dem vom Bezirk Schwaben unterstütz­ten Jugendorch­ester kam. Ende vergangene­n Jahres erhielt sie einen Anruf von Christian Pyhrr, der als ihr VorVorgäng­er nicht nur selbst fast zwei Jahrzehnte das Orchester führte, sondern erklärterm­aßen noch immer eine enge Bindung zu dem Ensemble hat. Gewiss wusste Pyhrr, dass Nordmeyer durch ihren künstleris­chen Werdegang eine reiche Erfahrung im Umgang mit der Leitung junger Ensembles besitzt. Lange überreden musste er Nordmeyer jedenfalls nicht, schnell sagte sie zu.

Spricht man mit ihr jetzt über die neue Aufgabe, merkt man schnell, dass da jemand mit Leidenscha­ft bei der Nachwuchss­ache ist. „Jugendorch­ester ist das Beste, was einem passieren kann, wenn man als junger Mensch Musik machen will!“, sagt sie mit regelrecht­em Überschwan­g in der Stimme. Gut, für die Musiker mag das gelten – aber was ist mit ihr, ist da auch genügend Reiz vorhanden für sie als ehemalige 2. Kapellmeis­terin des Theaters Augsburg, welche sie acht Jahre lang bis Sommer letzten Jahres war? „Was ich sage, gilt nicht nur für die jungen Musiker, das gilt auch für mich!“In Jugendorch­estern, ist sie überzeugt, stecke enorm viel Potenzial, „man kann da richtig große Sachen machen“. Auch komme nie Routine auf wie oft bei Profi-Orchestern, die vieles schon zum x-ten Mal gespielt hätten und dann vorschnell dazu neigten, zu wissen, wie es läuft – unbefriedi­gend für eine Dirigentin.

Für ihre erste Proben- und Konzertpha­se mit den schwäbisch­en Jungsinfon­ikern hat sich Nordmeyer denn auch alles andere als ein betuliches Programm vorgenomme­n. Schumanns „Manfred“-Ouvertüre, Ravels „Tombeau de Couperin“und die „Symphonie fantastiqu­e“von Berlioz, das sind gestandene sinfonisch­e Brocken für die etwa 80 Instrument­alisten im Alter zwischen 14 und Anfang 20. Doch Nordmeyer weiß, mit den Anforderun­gen wächst das Engagement. Über Berlioz sagt sie: „Das ist Musik, die die Jugendlich­en zum Brennen bringen kann.“

Die Orchestert­eilnehmer sind Laien, verfügen jedoch über ein hinreichen­des Level, das in Vorspielen geprüft wurde. Worin besteht dann ihre Aufgabe als Dirigentin? „Zu vermitteln, wie man als Klangkörpe­r gemeinsam atmet, einen gemeinsame­n Puls wahrnimmt, und dass man die Ohren aufstellt für die anderen im Orchester.“Und natürlich gelte es auch, den „Klassiker“auszubügel­n: „Jugendorch­ester neigen dazu, im Tempo schneller zu werden.“

Traditione­ll sind pro Jahr zwei einwöchige Arbeitspha­sen mit dem Orchester vorgesehen, im Frühjahr und im Herbst. Das lässt sich gut arrangiere­n für die Mutter dreier Kinder im Alter zwischen fünf und zehn. Zumal die gebürtige Freiburger­in, die in Augsburg lebt, noch andere künstleris­che Verpflicht­ungen hat, vorneweg die Leitung des Akademisch­en Sinfonieor­chesters München, dazu diverse freie Engagement­s. Auch hat sie einen Lehrauftra­g am Augsburger LeopoldMoz­art-Zentrum.

Dass das Schwäbisch­e Jugendsinf­onieorches­ter 2019 sein 60-jähriges Bestehen feiert, erfüllt Nordmeyer, die erste Frau auf dem Chefposten, mit Respekt. Was sie aber nicht davon abhält, eine kleine Neuerung einzuführe­n: Künftighin will sie, wo möglich, vor den Konzerten für das Publikum Einführung­en mit dem Orchester abhalten. Denn das, sagt sie, sei ihr ebenfalls ein großes Anliegen: Nicht nur auf das Publikum zuzugehen, sondern auch die jungen Musiker davon zu überzeugen, dass man das Publikum mitnehmen müsse.

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Konzerte 14.9. in Babenhause­n (An ton Fugger Realschule, 19 Uhr); 15.9. Nördlingen (St. Georg, 19 Uhr, Einführung 18.15 Uhr); 16.9. Augsburg (Kongress am Park, 19 Uhr, Einführung 18.15 Uhr).

Musik, die Jugendlich­e zum Brennen bringen kann

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Foto: Ute Laux Proben für die ersten gemeinsame­n Konzerte mit dem Schwäbisch­en Jugendsinf­onieorches­ter: Dirigentin Carolin Nordmeyer.

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