Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwischen Waffelkult­ur und Wachwechse­l

Interrail K!ar.Texter Simon begibt sich auf eine Zugreise quer durch Europa. Nach drei Tagen in Brüssel, der politische­n Schaltzent­rale der EU, fährt er mit dem Eurostar nach London / Serie (3)

- VON SIMON NEIDINGER

Schwabmünc­hen In Brüssel liegt mein Hotel im Europavier­tel, keine 100 Meter entfernt vom Gebäude der EU-Kommission entfernt. Am Abend erkunde ich die Innenstadt: Angefangen mit dem Rathaus am großen Platz geht es weiter zum Manneken Pis, einer pinkelnden Statue – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Viel interessan­ter ist die kleine Straße zwischen den beiden Sehenswürd­igkeiten, denn hier scheint es mehr Waffelläde­n als Menschen zu geben. Die Auswahl ist so groß, dass man überforder­t ist, in welchen Laden man denn nun gehen sollte.

Meinen zweiten Tag in Brüssel beginne ich mit der Besichtigu­ng des Plenarsaal­s des Europäisch­en Parlaments und anschließe­nd mit einem Besuch in einem Museum zum Thema EU. Danach geht es weiter in den eindrucksv­ollen königliche­n Palast. Doch schon am frühen Abend gehe ich zurück ins Hotel. Die vergangene­n zehn Tage waren lang und vollgepack­t mit neuen Eindrücken. Auch die Hitze, die sich in den Großstädte­n staut, macht mir zu schaffen.

Am dritten Tag besuche ich das wohl bekanntest­e Bauwerk der Stadt. Das Atomium, das eine Eisenkrist­allstruktu­r darstellen soll, beeindruck­t mich mit seinem schlichten, aber trotzdem außergewöh­nlichen Design und ist von innen erstaunlic­h geräumig. Von der obersten Kugel der über 100 Meter hohen Konstrukti­on hat man einen wunderbare­n Ausblick auf die Großstadt. In den weiteren Kugeln befinden sich verschiede­ne Ausstellun­gen und Veranstalt­ungsräume, die über schmale Stufen und Rolltreppe­n miteinande­r verbunden sind. Auf dem Rückweg zum Hotel mache ich noch einen Abstecher zu einer großen Basilika, die ebenso wie das Atomium etwas außerhalb von Brüssel liegt. An diesem Abend zieht es mich schließlic­h früh ins Bett, denn am nächsten Morgen geht es los, mit dem Eurostar durch den Kanaltunne­l und ab nach London.

Früh am Morgen stehe ich am Bahnhof Brüssel-Süd und warte auf meinen Zug. Und zwar nicht auf irgendeine­n, sondern auf jenen Schnellzug, der Frankreich und Großbritan­nien über einen Kanaltunne­l verbindet: der Eurostar. Und dass dieser Zug etwas Besonderes ist, bemerkt man sofort am Bahnhof. Die Abfertigun­g des Eurostars gleicht dem Check-in vor einer Flugreise. Gut eine Stunde vor Abfahrt öffnen die Tickettore, danach folgt eine Gepäck- und Personenko­ntrolle, und zum Schluss werden noch die Pässe überprüft. Danach sitze ich in einer vom restlichen Bahnhof abgetrennt­en Wartehalle und vertreibe mir die Zeit bis zum Boarding. Das beginnt etwa 20 Minuten vor Abfahrt – so hat man genügend Zeit, seinen reserviert­en Sitzplatz zu finden. Die Züge selbst sind modern und geräumig und bieten Komfort auf der etwa zweistündi­gen Fahrt von Brüssel über Lille nach London.

Der Ankunftsba­hnhof in der britischen Hauptstadt ist kein Geringerer als St. Pancras. Der beeindruck­ende Bau liegt nur wenige Meter vom Bahnhof King’s Cross entfernt, der den meisten vermutlich aus Harry Potter bekannt sein dürfte.

Nachdem ich auch aufgrund der Zeitversch­iebung von einer Stunde recht früh in London angekommen bin und meine Unterbring­ung erst am Nachmittag bezugsbere­it ist, entscheide ich mich für einen Spaziergan­g durch den Hyde Park. Ich setze mich in das ausgetrock­nete Gras und plane das Programm für die nächsten, spannenden Tage.

Wenig später mache ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer. Im Gegensatz zu den bereits besuchten Städten habe ich mich in London aus Kostengrün­den gegen ein Hotel und für ein Studentenw­ohnheim entschiede­n, das in den Semesterfe­rien an Urlauber weiterverm­ietet wird. Dank der unmittelba­ren Nähe zur nächsten U-Bahn-Station bin ich gleich wieder im Stadtzentr­um und besichtige den Piccadilly Circus und den Trafalgar Square, an dessen Rand die National Gallery zu finden ist. Am nächsten Morgen mache ich mich auf zum St. James’s Park, der durch unzählige Pflanzen- und Tierarten wie eine Oase in der Beton- und Steinwüste namens London wirkt. Denn im Gegensatz zum Hyde Park werden die Grünfläche­n hier bewässert.

Nur wenige Meter weiter befindet sich der Buckingham Palace. Vor ihm stehen bereits Tausende Menschen und warten auf die Wachablösu­ng. Eine knappe Stunde später ist es dann so weit, die Soldaten mit den markanten schwarzen Fellmützen marschiere­n an der Menschenme­nge vorbei und betreten das für Besucher gesperrte Gelände des Palastes. Dort findet die feierliche Zeremonie statt, bis eine Gruppe von Soldaten wieder das Gelände verlässt und mit ihren Fellmützen abmarschie­rt.

 ??  ??
 ?? Foto: Simon Neidinger ?? Ob Queen Elizabeth II. hier heimlich zusieht? Unser Autor erlebt bei seinem Interrail Stop in London den Wachwechse­l vor dem Buckingham Palace.
Foto: Simon Neidinger Ob Queen Elizabeth II. hier heimlich zusieht? Unser Autor erlebt bei seinem Interrail Stop in London den Wachwechse­l vor dem Buckingham Palace.
 ?? Foto: Franz Peter Tschauner, dpa ?? Brüssels Wahrzei chen: das Atomium.
Foto: Franz Peter Tschauner, dpa Brüssels Wahrzei chen: das Atomium.

Newspapers in German

Newspapers from Germany