Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kein Prozess gegen Messerstecher, 85
Verbrechen Senior hatte am Vatertag seinen Sohn mit Küchenmesser schwer verletzt. Bevor der Fall juristisch aufgearbeitet werden konnte, ist er gestorben
Diedorf/Gessertshausen Der mutmaßliche Messerstecher von Diedorf ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Deshalb wurde das Verfahren gegen ihn jetzt eingestellt. „Verfahrenshindernis“lautet der juristische Fachausdruck dafür, der das Gegenteil einer Voraussetzung für ein Gerichtsverfahren beschreibt. Er gibt aber keinen Aufschluss über die menschliche Tragik dahinter.
Der Rentner hatte am Vatertag im Mai seinen Sohn mit einem Küchenmesser im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses attackiert. Laut Polizei fügte der Mann seinem Sohn schwere, aber nicht lebensbedrohliche Verletzungen zu. Der damals 58 Jahre alte Sohn schleppte sich ins Freie, seine Frau verständigte den Rettungsdienst. Offenbar hatte es einen Streit gegeben. Die Hintergründe sind nicht bekannt.
Der Fall hatte in Diedorf großes Aufsehen erregt, weil am helllichten Tag ein Rettungshubschrauber und ein Polizeihelikopter kreisten und auf einem Feld nahe des Tatorts landeten. Auf der Straße vor dem Haus waren Dutzende Blutflecken zu erkennen, die die Spurensicherung der Polizei später markierte. Sie gaben einen Eindruck davon, wie heftig die Auseinandersetzung gewesen sein muss. Daraufhin erließ der Ermittlungsrichter am Amtsgericht gegen den damals 84 Jahre alten Mann Haftbefehl – der wurde wegen gesundheitlicher Probleme dann außer Vollzug gesetzt. Wäre der Mann verurteilt worden, hätte er mit Gefängnishaft rechnen müssen. Auf die Dauer der Strafe hat das hohe Alter grundsätzlich keinen Einfluss. Anders ist es bei der Frage der Haftfähigkeit.
Um eine andere Frage geht es bei einem Kriminalfall, der sich Anfang Juli in einem Gessertshauser Ortsteil zugetragen hat: Ist der 24 Jahre alte mutmaßliche Täter überhaupt schuldfähig? Der Haftbefehl gegen ihn wurde in einen Unterbringungsbefehl umgewandelt, weil Zweifel an seiner Schuldfähigkeit bestehen. Der junge Mann befindet sich nach Auskunft seines Anwalts Moritz Bode im Bezirkskrankenhaus.
Der 24-Jährige war nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft nachts kurz nach 2 Uhr auf seinen Vater mit einem Messer losgegangen. Der hatte im Wohnzimmer geschlafen. Trotzdem reagierte er geistesgegenwärtig: Nach dem ersten Stich in Richtung seines Oberkörpers gelang es dem 58-Jährigen, weitere Angriffe abzuwehren. Dem Mann rettete sich ins Freie. Der Sohn blieb im Haus, wo er von der alarmierten Polizei überwältigt wurde. Die wartete einen günstigen Augenblick ab und verwendete Pfefferspray. Der 24 Jahre alte Mann kam in Untersuchungshaft.
Nach Gablingen in die Justizvollzugsanstalt wurde auch ein 32 Jahre alter Mann aus dem Landkreis gebracht. Er soll im Juli versucht haben, seinen schlafenden Vater, 70, in einem Mehrfamilienhaus in einem Diedorfer Ortsteil mit einem Brecheisen zu erschlagen und anschließend zu erwürgen. Das Leben rettete dem Opfer offenbar die 96-jährige Großmutter des Tatverdächtigen. Sie kam ins Schlafzimmer, erkannte die Situation und schrie um Hilfe. Der 32-Jährige ließ daraufhin von seinem Vater ab und flüchtete vom Tatort. Das 70-jährige Opfer erlitt Platzwunden am Kopf und Verletzungen am Hals und im Bereich des Kehlkopfes. Er musste im Krankenhaus behandelt werden.
Die Polizei spürte den 32-Jährigen rund eine Stunde später im Wittelsbacher Land auf und nahm ihn fest. Die Staatsanwaltschaft in Augsburg wirft ihm versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor, hält sich ansonsten aber mit Details zu den Geschehnissen in jener Nacht zurück. Auch zu einem Motiv gibt es wegen der laufenden Ermittlungen keine Auskünfte.