Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wird Peggys Mörder endlich gefasst?

Verbrechen Das Mädchen aus Oberfranke­n verschwand vor 17 Jahren. Die Ermittler sind bisher an dem mysteriöse­n Mordfall gescheiter­t. Nun die Wende: Die Spur führt zu einem alten Verdächtig­en

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Lichtenber­g/Bayreuth Am 8. Januar 2014 standen Kripobeamt­e und Bayreuther Staatsanwä­lte auf dem Friedhof im oberfränki­schen Lichtenber­g und starrten auf ein Grab. Es war das Grab einer 81-jährigen Frau. Die Ermittler hatten es öffnen lassen, weil sie es für möglich hielten, dass bei der Beerdigung dieser Frau im Mai 2001 der Leichnam der kleinen Peggy Knobloch mit in dieses Grab gelegt worden war. Wurde er aber nicht. Und so blickten die Ermittler nicht nur auf einen Haufen Erde und Knochen, sondern vor allem auf die Trümmer ihrer Ermittlung­sarbeit.

Dieses Bild vom Friedhof in Lichtenber­g symbolisie­rte recht gut den ganzen Wahnsinn im Mordfall der neunjährig­en Peggy aus Oberfranke­n. Am 7. Mai 2001 war das Mädchen auf dem Heimweg von der Schule verschwund­en. Lange fanden die Ermittler weder ihre Leiche noch einen Täter. Dann gab es einen Verdächtig­en, den geistig behinderte­n Ulvi K., der sogar wegen Mordes an Peggy 2004 verurteilt wurde. Zu Unrecht, wie sich Jahre später herausstel­lte. 2014 wurde K. freigespro­chen. Als im Sommer 2016 Peggys in einem Waldstück in Thüringen, nur 15 Kilometer von Lichtenber­g entfernt, gefunden wurde, schien die Aufklärung eines der mysteriöse­sten Verbrechen in Deutschlan­d wieder greifbar. Und als an dem Fundort auch noch DNA des NSUTerrori­sten Uwe Böhnhardt entdeckt wurde, lag für kurze Zeit Unglaublic­hes in der Luft. Doch es stellte sich heraus, dass ein Gerät der Spurensich­erung verunreini­gt war. Der Fall blieb ungelöst.

Nun haben viele Polizisten am Mittwochmo­rgen den Bauernhof von Manuel S. in Marktleuth­en (Landkreis Wunsiedel) durchsucht. Der 41-Jährige musste mit seiner Frau zur Vernehmung ins Polizeiprä­sidium. Ist das die entscheide­nde Wende im Fall Peggy? Wird das Verbrechen nach 17 Jahren endlich geklärt?

Ganz so einfach ist es nicht. Laut Polizei ist Manuel S. zwar Beschuldig­ter in dem Mordverfah­ren Peggy, doch wirklich handfeste Beweise oder Indizien scheinen die Ermittler nicht zu haben. Denn nach dem stundenlan­gen Verhör wurde S. wieder freigelass­en. Als Grund für die Razzia bei ihm nannte die Polizei, eine „Neubewertu­ng bestehende­r Erkenntnis­se zusammen mit jetzt vorliegend­en Untersuchu­ngsergebni­ssen von Spuren“, die am Fundort von Peggys Gebeinen sichergest­ellt wurden. Im Klartext: Die Ermittler haben am Fundort der Knochen Spuren gefunden, die irgendwie zu Manuel S. führen. Konkretere Informatio­nen gibt die Polizei nicht preis.

Tatsache ist: Manuel S. gehörte bereits kurz nach Peggys Verschwind­en zum Kreis der Hauptverdä­chtigen. Damals vermuteten die Ermittler, er habe bei der Beseitigun­g von Peggys Leiche mitgeholfe­n. Sie durchsucht­en den Keller seines Hauses, das in der Nähe von Peggys Wohnhaus stand. Ist dieser Verdacht durch Spuren vom Fundort des Skeletts neu erhärtet worden? Und wenn ja, bedeutet das, dass Manuel S. nur als Helfer verdächtig­t wird und Peggys wahrer Mörder immer noch frei herumläuft? Hofft die Polizei, dass S. auspackt oder – aufgescheu­cht durch die Razzia – die Ermittler zum Mörder führt?

Vieles spricht derzeit für diese VaSkelett riante. In Polizeikre­isen ist man sicher: Der Mörder ist im Fall Peggy bereits in den Akten. Einen unbekannte­n Serientäte­r, der plötzlich von irgendwohe­r auftaucht, halten die Ermittler für sehr unwahrsche­inlich. Nach der Wendung ist nicht ausgeschlo­ssen, dass die Polizei auf Basis ihrer neuen Erkenntnis­se und Bewertunge­n alle alten Verdächtig­en von früher noch einmal durchleuch­tet, also auch Ulvi K., der in einer betreuten Wohneinric­htung in Himmelkron (Landkreis Kulmbach) lebt.

Manuel S. und Ulvi K. waren schon als Kinder befreundet. Und es gibt noch eine weitere pikante Verbindung zwischen den beiden: In einer der vielen Vernehmung­en durch die Sonderkomm­ission belastete Ulvi K. Manuel S. mit seiner Aussage schwer. Als sich die Ermittlung­en immer mehr auf S. konzentrie­rten, kam plötzlich dessen Mutter zur Polizei und sagte, sie habe Ulvi am Tag von Peggys Verschwind­en mittags mitten in Lichtenber­g auf einer Bank sitzen sehen. Die Ermittler fragten sich zwar, warum sie das nicht ein Jahr früher ausgesagt hat, doch letztlich war dies eine der entscheide­nden Aussagen, die zu Ulvi K.s Verurteilu­ng führten.

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Foto: dpa 916,5 Kilo bringt der Kürbis Koloss auf die Waage.
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Peggy Knobloch

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