Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Reden wir über Eishockey

Interview Die Karriere des Thomas Holzmann ist durch Extreme geprägt: Sein erstes Länderspie­ltor auf der einen Seite, eine schwere Verletzung auf der anderen. Ein Gespräch über die kleinen und großen Dinge, die der Stürmer an seinem Sport liebt

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Heute Abend startet die DEL in ihre 25. Saison. Was macht Eishockey so attraktiv?

Holzmann: Eishockey ist nie langweilig. Es passiert garantiert immer etwas. Tore, Checks, Torchancen, mal ein Fight – es gibt immer was zu sehen. Deshalb ist Eishockey der beste Live-Sport auf der Welt. Ich kenne keinen, der das erste Mal in der Halle war und dann sagt, es hat ihm nicht gefallen. Man muss ins Stadion kommen und es live sehen.

Können Sie sich noch an Ihren ersten Kontakt zum Eishockey erinnern? Holzmann: Ich war in Kaufbeuren schon mit drei Jahren das erste Mal auf dem Eis. Meine Eltern sind eishockeyb­egeistert, Eishockey hat mein Leben von klein auf geprägt. 90 Prozent der Spieler haben spätestens mit fünf oder sechs Jahren angefangen, Eishockey zu spielen. Ich kenne fast niemanden, der später begonnen hat und dann noch richtig gut wurde. Eigentlich nur einen: Alexander Sulzer. Der hat mit 13 oder 14 angefangen und es dann sogar noch in die NHL geschafft.

Die NHL ist die beste Liga der Welt und der Traum eines jeden EishockeyP­rofis. Für die wenigsten geht er in Erfüllung. Aber auch in Deutschlan­d wird hochklassi­ges Eishockey gespielt. Warum ist die DEL sehenswert? Holzmann: Die DEL ist sehr ausgeglich­en. Es kommen immer wieder sehr gute Spieler in die Liga. Du hast vom ersten bis zum letzten Spieltag Spannung. In den Play-offs kann immer alles passieren, auch wenn München in den vergangene­n drei Jahren dominant war. Aber sie waren zu schlagen, auch wir haben das geschafft. Dazu kommt die Stimmung in den Hallen, die fast überall richtig gut ist.

In welchem Stadion spielen Sie am wenigsten gern?

Holzmann: Straubing ist schwierig. Nicht wegen der Stimmung, sondern weil es in der Halle nicht so viel Spaß macht. Im Winter ist es da sehr kalt, fast so wie früher in Augsburg. Es gibt einfach Stadien, in denen man gerne spielt und andere, in denen das nicht so ist. Ich spiele zum Beispiel gern in München, weil es ein Derby ist. Das sind zwar immer harte Spiele, aber es macht Spaß. Grundsätzl­ich sind die Derbys ohnehin am besten.

Was war ihr bisher schönster Moment im Eishockey?

Holzmann: Das erste Länderspie­ltor. Auch das erste Spiel war überragend. Zur Nationalma­nnschaft überhaupt eingeladen zu werden ist eine Riesenehre und dann das erste Spiel in Augsburg beim Deutschlan­dcup – das war der Hammer. Das werde ich nie vergessen.

Der schlimmste Moment ist in Ihrem Fall ebenfalls sehr klar zu definieren. Holzmann: Das stimmt. 28. Februar 2016, Auswärtssp­iel mit Augsburg in Wolfsburg. Ein unglücklic­her Unfall, ich bekomme einen Schlitt- schuh an den Kopf. Schädelfra­ktur. Das war das erste Mal, dass ich wirklich Angst hatte, nicht mehr spielen zu können. Ich bin froh, dass ich wieder an meine alten Leistungen anknüpfen konnte. Damit war nicht zu rechnen. Ich hatte eine lange Reha und eine perfekte Betreuung von den Panthern, die mir das alles ermöglicht haben.

Spüren Sie noch Nachwirkun­gen der schweren Verletzung?

Holzmann: Die Operations­narbe ist relativ groß, die merkt man immer. Auch sonst ist es nicht so, dass ich nichts mehr merke. Es war für mich das Wichtigste, dass ich mein Leben wieder leben kann und für mich alles relativ normal weiterging. Klar gibt es Tage, an denen es mir nicht so gut geht. Ich merke Belastunge­n stärker als früher. Man wird sich bewusster, dass man mehr auf seinen Körper hören muss. Alles in allem kann ich mich aber nicht beschweren.

Vor elf Jahren haben Sie die ersten Spiele in der DEL gemacht. Seitdem haben Sie schon jede Menge Kollegen erlebt. Wie ausgeprägt ist das Thema Aberglaube in den Kabinen? Haben Sie selbst auch ein Ritual? Holzmann: Ich habe da nichts Ausgefalle­nes. Ich gehe seit drei Jahren vor Heimspiele­n immer in das gleiche Restaurant und esse dort immer das gleiche: Fleisch mit Bratkartof­feln und Gemüse. Viel schlimmer sind da die Torhüter mit ihrer Ausrüstung. Die darf man nie berühren, die Teile müssen immer an einer besonderen Stelle stehen. Das sieht man immer wieder, manchmal auch bei Spielern. Da muss der Schläger dann so oder so liegen. Und wehe, wenn nicht...

Von wem haben Sie den härtesten Check Ihrer Karriere kassiert? Holzmann: Das war 2011 in Iserlohn. Meine erste schwere Verletzung. Ich war ein bisschen weit weg von der Bande. Die Scheibe war auch schon weg und dann kam noch ein Check, mit dem ich nicht gerechnet habe. Ich bin mit der Schulter in die Bande und dann war die Schulter kaputt. Matt Dzieduszyc­ki hieß der gute Mann. War kein böses Foul. Lief halt dumm.

Mit wem aus der aktuellen Pantherman­nschaft würden Sie auf dem Eis eher ungern zusammen stoßen? Holzmann: Scott Valentine ist ein sehr guter Checker. Nicht unfair, aber eisenhart. Der hat Gewicht und ist schnell. Das kann schon mal wehtun, wenn der dich erwischt.

In Köln beginnt heute Abend die neue Saison. Die vergangene endete auf Platz zwölf. Ist das eine Scharte, die die Mannschaft auswetzen will? Holzmann: Natürlich. Wir wollen Play-offs spielen. Wir wissen, was in Augsburg los ist, wenn wir Play-offs spielen. Das will jeder erleben. Die Serie vor zwei Jahren gegen Nürnberg war der Wahnsinn. Tut mir heute noch weh, dass wir da raus geflogen sind. Im letzten Jahr hatten wir einen Monat, in dem wir viel zu viele Punkte verschenkt haben. Das holst du nicht mehr auf. Wir brauchen Konstanz. Wenn wir das hinbekomme­n, dann werden wir es auch schaffen.

Interview: Andreas Kornes

● Geboren am 17. Juli 1987 in Buchloe, Stürmer

● Stationen ESV Kaufbeuren, REV Bremerhave­n, Kassel Huskies, Hamburg Freezers, ETC Crimmit schau, Iserlohn Roosters, EHC Red Bull München, seit 2015 bei den Augsburger Panthern

● Spiele Nationalma­nnschaft (11), DEL (430 Spiele, 54 Tore), DEL 2 (187), Junioren Bundesliga (43)

● AEV Statistik 157 DEL Spiele und 26 Tore (Quelle: rodi/DEL)

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 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Thomas Holzmann ist Leistungst­räger und Publikumsl­iebling der Augsburger Panther. Heute Abend beginnt für ihn und seine Mannschaft die neue Saison.
Foto: Siegfried Kerpf Thomas Holzmann ist Leistungst­räger und Publikumsl­iebling der Augsburger Panther. Heute Abend beginnt für ihn und seine Mannschaft die neue Saison.

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