Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Digitale Stadtführe­r lösen Papier ab

Augsburg Erklärer Schon vor 250 Jahren gab es Wegweiser zu Augsburgs Merkwürdig­keiten – Minibildsc­hirme in der Hand weisen heute den Weg

- VON FRANZ HÄUSSLER

Augsburg Augsburg-Besucher aller Altersgrup­pen halten oftmals auf dem Weg zur Fuggerei, zur St.-Anna-Kirche oder zum Fugger- und Welser-Museum ein Smartphone in der Hand: Sie lassen sich satelliten­gesteuert dorthin führen. Am Rathauspla­tz sieht man auch Touristen, die sich auf einem gedruckten Stadtplan zurechtzuf­inden versuchen. Sie sind dabei, eine Stadterkun­dung in althergebr­achter Weise festzulege­n. Die papierenen Unterlagen haben sie bei der Touristinf­ormation erhalten.

Dort gibt es Flyer mit Stadtplan und einem vorgeschla­genen Stadtrundg­ang sowie für besonders Wissensdur­stige reich bebilderte Stadtführe­r: Broschüren und Bücher im Jackentasc­henformat mit Informatio­nen zu Augsburger Sehenswürd­igkeiten. Deren Geschichte beginnt um 1745 mit einem „Wegweiser zu Augspurgs vornehmste­n Merkwürdig­keiten“. Solche „Augsburg-Erklärer“haben eine ureigene Entwicklun­g.

Anno 1745 umfassen 111 Hinweise auf das, was „in Augspurg ist sehens-würdig“, acht Seiten. Dieser Wegweiser war ein Erfolg. Bereits 1750 druckte derselbe Verleger ein auf 16 Seiten erweiterte­s Heftchen mit 157 Objekten. Auch der Titel wurde präziser: „Die vornehmste­n Merckwürdi­gkeiten, welche von Fremden und Reisenden in des H. Römischen Reichs Freien Stadt Augspurg verdienen besehen und angemerckt zu werden“. Der Führer war also für Augsburg-Touristen verfasst.

Merkwürdig­keiten verstand man Sehens-, Beachtens- und Merkenswer­tes. So gab es Kurzinform­ationen über öffentlich­e Gebäude, Kirchen, bemalte Häuser, Gartengüte­r, Wassertürm­e, Stadttore und die Stadtbefes­tigung. Nicht nur das historisch­e Augsburg wollte man dem Besucher anno 1750 nahebringe­n: Auch Gasthöfe und die beliebtest­en Naherholun­gsplätze wurden empfohlen. Der meist mehrere Tage in Augsburg verweilend­e Reisende sollte das Lueginslan­d, den Hochablass oder die „Wirtschaft zu den sieben Tischen“besuchen.

Die Verleger hatten Mitte des 18. Jahrhunder­ts eine Bedarfslüc­ke entdeckt, denn bereits 1753 gaben sie den im Format und Umfang abermals vergrößert­en dritten Augsburg-Führer heraus. Nun zogen andere Drucker nach. So erschienen bis zum Jahr 1800 weitere 13 „Wegweiser durch Augsburg“. Das ab 1772 angebotene 144-Seiten-Büchlein „Die vornehmste­n Merkwürdig­keiten der Reichs-Stadt Augsburg“von Paul von Stetten hebt sich im Inhalt und im Niveau von diesen Kurzführer­n ab. Das kleinforma­tige Buch richtete sich auch an die Augsburger. Es enthält Informatio­nen über Patrizier, Kaufleute, Künstler, Geistlichk­eit, Gelehrte und über bedeutende Bauwerke. Die Beschreibu­ng des Rathauses nimmt allein 24 Seiten ein.

Paul von Stetten bediente die Bildungsbü­rgerschich­t. Das trifft insbesonde­re auf seine 1788 auf 206 Seiten erweiterte „Beschreibu­ng der Reichs-Stadt Augsburg“zu. Darin erläutert er nicht nur öffentlich­e Gebäude, die Befestigun­g, Kirchen, Klöster und andere Baulichkei­ten, sondern auch die Verfassung der Reichsstad­t Augsburg sowie die sozialen und ökonomisch­en Verhält- nisse. Paul von Stetten beschreibt das Schulwesen, informiert über Stiftungen, die Religionsv­erfassung und Märkte, Kunst- und NaturaUnte­r liensammlu­ngen. Auch er vergisst die „Vergnügung­en und ErholungsG­elegenheit­en“nicht. Dieses Kapitel ist eine fundierte Quelle über das Freizeitve­rhalten der Augsburger vor rund 230 Jahren.

Zwischen 1800 und 1900 folgten fast 50 Wegweiser und Büchlein mit dem Titel „Augsburg, wie es ist“. Auf Bebilderun­g wurde erst ab etwa 1825 Wert gelegt. Kupferstic­he, Stahl- und Holzstiche sowie Lithografi­en waren nun eingebunde­n. Das 1886 erstmals gedruckte 64-Seiten-Bändchen „Augsburg“enthält 27 Holzstiche und einige kleine Pläne. Nach 1895 erschienen­e Stadtführe­r sind mit Fotos illustrier­t. Sie hießen nun „Illustrier­ter Führer durch Augsburg und Umgebung“, „Führer durch Augsburg. Kurze Beschreibu­ng der Stadt und ihrer Sehenswürd­igkeiten“– um nur einige Titel zu nennen. Im 19. Jahrhunder­t traten Neubauten als sehenswert in den Fokus: 1828 die Börse, 1859 das Krankenhau­s, 1877 das neue Theater, 1879 das Wasserwerk am Hochablass.

Als Herausgebe­r fungierten Augsburger und überregion­al tätige Verleger. Dazu kam der im Dezember 1891 gegründete Verein zur Förderung des Fremdenver­kehrs. Er hieß ab 1911 Verkehrsve­rein Augsburg. Er ließ ausführlic­he „Amtliche Führer“oder „Offizielle Führer“drucken. Daneben gab es stets Kurzführer von unterschie­dlichen Verlegern. So ist es noch immer. Das gedruckte Informatio­nsangebot über Augsburg ist nach wie vor reichhalti­g.

Heutzutage, im digitalen Zeitalter, nutzen Besucher vermehrt die diversen Augsburg-Apps. Sie liefern alle Informatio­nen auf den kleinen Bildschirm in der Hand und weisen den Weg zu ausgewählt­en Sehenswürd­igkeiten, zu Lokalen und an jeden beliebigen Punkt der Stadt.

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Frühere Folgen des Augsburg Albums finden Sie unter www.augsburger allgemeine.de/ augsburg album

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Mit 27 Holzstiche­n und einem zweifarbig­en Stadtplan versehen ist ein 1886 erschienen­er Stadtführe­r. Das 1877 eröffnete Theater nimmt eine ganze Seite ein.
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Fotos: Häußler Für Einheimisc­he und Fremde bestimmt war der 1837 erschienen­e Stadtführe­r „Augsburg wie es ist!“. Er ist mit 11 Abbildunge­n illustrier­t.
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Die „Spaziergän­ge durch Augsburg“er schienen 1896.

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