Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lechbäck flüchtet unter den Schutzschi­rm

Wirtschaft Gersthofer Großbäcker­ei will sich neu aufstellen und so retten

- VON CHRISTOPH FREY

Gersthofen Die sich in der Krise befindende­n Gersthofer Backbetrie­be wollen sich eine Atempause für die Sanierung des Unternehme­ns verschaffe­n. Die Geschäftsf­ührung hat einen Antrag auf ein Schutzschi­rmverfahre­n am zuständige­n Amtsgerich­t München gestellt. Das teilte das Unternehme­n gestern mit und betonte zugleich: „Der Geschäftsb­etrieb des Backbetrie­bes wird uneingesch­ränkt fortgeführ­t.“

Die nächsten Monate würden wie jedes Jahr als umsatzstar­ke Monate für das Unternehme­n erwartet und seien daher für die Umsetzung der Sanierung eine gute Grundlage, teilten die Backbetrie­be gestern mit. Die Kunden und Geschäftsp­artner könnten weiterhin auf die gewohnt hohe Qualität der Produkte vertrauen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeite­r sind über das Insolvenzg­eld für drei Monate gesichert.

Der Betriebsra­t und die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n wurden nach Angaben der Firma bereits informiert und werden im weiteren Prozess eng eingebunde­n.

Im Jahr 2017 wurde eine halbe Million Euro Verlust eingefahre­n. Für die Jahre 2018 sowie perspektiv­isch 2019 sind keine Verbesseru­ngen der Situation zu erwarten. Die Geschäftsf­ührung möchte mit dem Schutzschi­rmverfahre­n das Unternehme­n neu aufstellen, um das Geschäftsm­odell den neuen Kundenanfo­rderungen anzupassen.

Das Schutzschi­rmverfahre­n ist ein gerichtlic­hes Sanierungs­verfahren zum Erhalt von Unternehme­n und der dortigen Arbeitsplä­tze. Die Geschäftsf­ührung führt weiterhin die Gesellscha­ft, wobei sie dabei von einem vom Gericht bestellten Sachwalter begleitet wird.

Der Gesellscha­fter hat nach Firmenanga­ben bereits signalisie­rt, „weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, um die zukunftsfä­higen Arbeitsplä­tze zu sichern“. Bereits in der Vergangenh­eit hat der Gesellscha­fter das Eigenkapit­al gestärkt und mit Liquidität die Lohn- und Gehaltszah­lungen gesichert. Insgesamt beschäftig­t das Unternehme­n knapp 400 Mitarbeite­r.

Bekanntest­e Marke der Backbetrie­be ist der Lechbäck mit seinen Filialen im Raum Augsburg. Dort werden aber nur rund fünf Prozent der Umsätze von insgesamt rund 35 Millionen Euro erwirtscha­ftet. Den Löwenantei­l des Geschäfts machen Großkunden wie Discounter aus. Genau in diesem Bereich aber befinde sich die Branche im Umbruch. Backbetrie­be-Geschäftsf­ührer Benedikt Grebner: „Qualitativ hochwertig­es Brot ist am Markt weiterhin gefragt, muss sich aber heute billigen Aufback-Alternativ­en stellen. Hierauf müssen wir das Unternehme­n neu ausrichten.“

Gesellscha­fter ist die Münchner Serafin-Gruppe. Deren Geschäftsf­ührer Philipp Haindl sagte gegenüber unserer Zeitung: „Die Gesellscha­ft muss sich grundlegen­d neu aufstellen.“Bestimmte Kategorien wie Schnittbro­t, saisonale Produkte wie Früchtebro­t, mehr Konditorei­Artikel und eine stärkere Konzentrat­ion auf Kühl-Belieferun­g seien Möglichkei­ten. An den Konzepten dafür werde nun mit Hochdruck gearbeitet, um Unternehme­n und Arbeitsplä­tze zu erhalten. Haindl: „Für weitere Aussagen darüber hinaus ist es aktuell noch zu früh.“

Zu Jahresanfa­ng waren die Backbetrie­be aus dem Arbeitgebe­rverband ausgetrete­n, die Beschäftig­ten kamen nicht mehr in den Genuss von Tariferhöh­ungen. 2,5 Prozent wären das gewesen, sagt Tim Lubecki von der Gewerkscha­ft NGG. „Die Kollegen haben ihren Beitrag geleistet.“Nun sei die Gewerkscha­ft gespannt, welche Vorschläge die Geschäftsl­eitung mache. Lubecki: „Wir werden diesen Prozess kritisch begleiten.“Die Gewerkscha­ft sei der Auffassung, dass Serafin, hinter der die Augsburger Unternehme­rfamilie Haindl steht, der richtige Partner für die Gersthofer Backbetrie­be ist. Den Streit über den Lohnverzic­ht haben die Arbeitnehm­ervertrete­r noch nicht zu den Akten gelegt. Lubecki: „Eine Großbäcker­ei kann auch mit Tariflöhne­n wirtschaft­lich betrieben werden.“

»Wirtschaft Seite 10

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Symbolfoto: Laura Loewel Das Geschäft mit Back waren ist umkämpft.

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