Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Technik aus Bayern stabilisiert das Stromnetz
Energie Zehn Monate früher als geplant geht in Oberottmarshausen ein Phasenschieber in Betrieb
Oberottmarshausen Der Druck von sechs Händen auf den roten Knopf verursachte ein lautes Klacken, gefolgt vom Signalton einer Hupe. Der Schalter mit einer Steuerlast von 100 000 Ampere und einer Schaltzeit von 60 Millisekunden schloss und der rotierende Phasenschieber im Umspannwerk Oberottmarshausen ging ans Netz. Damit wurde eine Reise beendet, die 2015 begann.
Vor drei Jahren stellte sich die Frage, ob der Transport eines rund 300 Tonnen schweren rotierenden Phasenschiebers überhaupt möglich sei. Es wurde geplant und Genehmigungen eingeholt. Er wurde am Siemens-Standort in Mühlheim an der Ruhr gefertigt und im Februar dieses Jahres nach Oberottmarshausen transportiert. Der rotierende Phasenschieber ist eine elektrische Maschine, die Blindleistung bereitstellt. Diese ist für die Spannungshaltung im Stromnetz unerlässlich. Sie wurde vor allem von Generatoren in Großkraftwerken wie in Gundremmingen bereitgestellt. Da diese mehr und mehr vom Netz gehen, errichtet der Übertragungsnetzbetreiber Amprion an den wichtigen Knotenpunkten des Stromnetzes Blindleistungskompensationsanlagen, damit die erforderliche Spannung im regionalen Stromnetz gehalten werden kann.
Im April wurde ein 235 Tonnen schwerer Transformator auf das Lechfeld geliefert. Letztendlich schafften es die Mitarbeiter, die 2015 begonnene und 65 Millionen Euro teure Modernisierung des Umspannwerks zehn Monate vor dem Plan fertigzustellen.
In den vergangenen Monaten fand der Testbetrieb des Phasenschiebers in der Umspannanlage Oberottmarshausen statt. Klaus Kleinekorte, technischer Geschäftsführer von Amprion, Ministerialdirigentin Ulrike Wolf, Abteilungsleiterin Energiepolitik und Energieinfrastruktur im Bayerischen Wirtschaftsministerium, Ralf Christian, CEO Division Energy Management von Siemens, Landrat Martin Sailer sowie die Bürgermeister Gerhard Mößner aus Oberottmarshausen und Manfred Nerlinger aus Wehringen nahmen die neue Maschine in einer Feierstunde vor knapp 100 Gästen in Betrieb. „Dieser Phasenschieber macht unser Stromnetz für die Zukunft sicher“, sagte Wolf. Trotz der immer häufigeren Einspeisung von regenerativen Energien, die witterungsbedingt Schwankungen unterliegen, seien die Unterbrechungen im Netz immer geringer.
„Sie müssen sich die Blindleistung im Stromnetz wie den Wasserdruck in einem Rohrleitungssystem der Wasserversorgung vorstellen: Die Wirkleistung entspricht dem Wasser“, versuchte Ludger Meier, Leiter Betrieb und Projektierung bei Amprion, die Grundlagen für den Energietransport in einem elektrischen Höchstspannungsnetz anhand eines Wasserleitungsnetzes zu erklären: „Je nach Wasserverbrauch müssen die Versorger Pumpen dazuschalten, um den Wasserdruck auch am Ende der Leitungen sicherzustellen. Den Wasserdruck nennen wir in der Energiewirtschaft Spannung. Die Gewährleistung der Spannung ist ein wichtiges Element der Versorgungssicherheit.“
Das Umspannwerk wurde für 65 Millionen Euro modernisiert