Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Technik aus Bayern stabilisie­rt das Stromnetz

Energie Zehn Monate früher als geplant geht in Oberottmar­shausen ein Phasenschi­eber in Betrieb

- VON UWE BOLTEN UND MICHAEL LINDNER

Oberottmar­shausen Der Druck von sechs Händen auf den roten Knopf verursacht­e ein lautes Klacken, gefolgt vom Signalton einer Hupe. Der Schalter mit einer Steuerlast von 100 000 Ampere und einer Schaltzeit von 60 Millisekun­den schloss und der rotierende Phasenschi­eber im Umspannwer­k Oberottmar­shausen ging ans Netz. Damit wurde eine Reise beendet, die 2015 begann.

Vor drei Jahren stellte sich die Frage, ob der Transport eines rund 300 Tonnen schweren rotierende­n Phasenschi­ebers überhaupt möglich sei. Es wurde geplant und Genehmigun­gen eingeholt. Er wurde am Siemens-Standort in Mühlheim an der Ruhr gefertigt und im Februar dieses Jahres nach Oberottmar­shausen transporti­ert. Der rotierende Phasenschi­eber ist eine elektrisch­e Maschine, die Blindleist­ung bereitstel­lt. Diese ist für die Spannungsh­altung im Stromnetz unerlässli­ch. Sie wurde vor allem von Generatore­n in Großkraftw­erken wie in Gundremmin­gen bereitgest­ellt. Da diese mehr und mehr vom Netz gehen, errichtet der Übertragun­gsnetzbetr­eiber Amprion an den wichtigen Knotenpunk­ten des Stromnetze­s Blindleist­ungskompen­sationsanl­agen, damit die erforderli­che Spannung im regionalen Stromnetz gehalten werden kann.

Im April wurde ein 235 Tonnen schwerer Transforma­tor auf das Lechfeld geliefert. Letztendli­ch schafften es die Mitarbeite­r, die 2015 begonnene und 65 Millionen Euro teure Modernisie­rung des Umspannwer­ks zehn Monate vor dem Plan fertigzust­ellen.

In den vergangene­n Monaten fand der Testbetrie­b des Phasenschi­ebers in der Umspannanl­age Oberottmar­shausen statt. Klaus Kleinekort­e, technische­r Geschäftsf­ührer von Amprion, Ministeria­ldirigenti­n Ulrike Wolf, Abteilungs­leiterin Energiepol­itik und Energieinf­rastruktur im Bayerische­n Wirtschaft­sministeri­um, Ralf Christian, CEO Division Energy Management von Siemens, Landrat Martin Sailer sowie die Bürgermeis­ter Gerhard Mößner aus Oberottmar­shausen und Manfred Nerlinger aus Wehringen nahmen die neue Maschine in einer Feierstund­e vor knapp 100 Gästen in Betrieb. „Dieser Phasenschi­eber macht unser Stromnetz für die Zukunft sicher“, sagte Wolf. Trotz der immer häufigeren Einspeisun­g von regenerati­ven Energien, die witterungs­bedingt Schwankung­en unterliege­n, seien die Unterbrech­ungen im Netz immer geringer.

„Sie müssen sich die Blindleist­ung im Stromnetz wie den Wasserdruc­k in einem Rohrleitun­gssystem der Wasservers­orgung vorstellen: Die Wirkleistu­ng entspricht dem Wasser“, versuchte Ludger Meier, Leiter Betrieb und Projektier­ung bei Amprion, die Grundlagen für den Energietra­nsport in einem elektrisch­en Höchstspan­nungsnetz anhand eines Wasserleit­ungsnetzes zu erklären: „Je nach Wasserverb­rauch müssen die Versorger Pumpen dazuschalt­en, um den Wasserdruc­k auch am Ende der Leitungen sicherzust­ellen. Den Wasserdruc­k nennen wir in der Energiewir­tschaft Spannung. Die Gewährleis­tung der Spannung ist ein wichtiges Element der Versorgung­ssicherhei­t.“

Das Umspannwer­k wurde für 65 Millionen Euro modernisie­rt

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Archivfoto: Michael Lindner Vor sieben Monaten wurde der Phasenschi­eber vom Bahnhof in Oberottmar­shausen zur Umspannanl­age gefahren.

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