Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Pilotproje­kt für die Natur an der A8

Nachhaltig­keit Auf gut 5000 Quadratmet­ern soll eine Blühwiese wachsen. Ein Gartenbauv­erein kümmert sich um die Fläche. Und wie entwickeln sich andernorts die Pflanzen an der Autobahn?

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Zusmarshau­sen/Scheppach Die Geräuschku­lisse direkt neben der Autobahn reißt nicht ab, die Lärmschutz­wand dämpft sie nur. Bienen wird das nichts ausmachen. Sie sollen hier in der Nähe von Zusmarshau­sen, genauer gesagt am Ortsrand von Friedensdo­rf, künftig einiges zum „Naschen“vorfinden. Um dem Insektenst­erben etwas entgegenzu­setzen, sind in jüngster Zeit vielerorts besondere Vorhaben entwickelt worden, und nun wird auch an der A8 zwischen Augsburg und Ulm ein Pilotproje­kt konkret. Herbert Kailich, Mitglied beim Obstund Gartenbauv­erein Zusmarshau­sen, hatte die Idee und fand dafür mit Robert Schmidt direkt einen Unterstütz­er. Er ist der Chef der Autobahnbe­treiberges­ellschaft Pansuevia, die im Scheppache­r Gewerbegeb­iet ihren Sitz hat. „In der Früh habe ich angerufen, und am Abend hatte ich einen Termin“, sagt Kailich lobend.

Das war im März dieses Jahres, in der nächsten Woche soll es nun losgehen. Dann wird die Fläche in der Größenordn­ung von gut 5000 Quadratmet­ern für die Einsaat vorbereite­t, damit dort die „Blühwiese für Artenvielf­alt Friedensdo­rf“wachsen kann, wie das Projekt heißt. „Es gibt solch eine Vermaisung überall, da muss etwas passieren“, antwortet der Initiator auf die Frage, warum er es angestoßen habe. Und weil die Fläche neben der Autobahn hinter der Lärmschutz­wand ökologisch relativ wertlos sei, kam die Idee, hier zu beginnen, erklärt die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Obst- und Gartenbauv­ereins, Susanne Hippeli, eine promoviert­e Biologin.

Der Verein und die Pansuevia haben einen Zehn-Jahres-Vertrag abgeschlos­sen. Innerhalb dieses Zeitraums kümmern sich die Mitglieder um das Areal, ausgenomme­n ist die Böschung, weil der Aufwand hier sehr hoch wäre. In dem Bereich gibt es so gut wie keinen Verkehr, sodass er sich auch dafür eignet, mit Kindergart­engruppen und Schulklass­en dorthin zu gehen. Die Samenund Fachberatu­ng hat der Naturparkv­erein Augsburg Westliche Wälder übernommen, die Autobahndi­rektion und mehrere Firmen aus Zusmarshau­sen unterstütz­en das Projekt ebenfalls, und auch die Gemeinde sowie der Landkreis sollen noch davon überzeugt wer- den. Die Regionalen­twicklung Augsburg Land West und eben Schulen sowie Kindergärt­en sollen auch eingebunde­n werden. Erste gute Gespräche gebe es bereits. Künftig wird auf der Fläche nur Ende Juli und Ende September gemäht. Und angesät werden nur Pflanzen, die in der Region heimisch sind. Sie kommen aus den Iller-Lech-Schotterpl­atten. Bevor es konkreter werden konnte, musste die Pansuevia klären, dass das Saatgut Mindest-Anforderun­gen entspricht und sie übertrifft, die auch die Autobahnge­sellschaft erfüllen muss. Zwischen Augsburg und Ulm kümmert sie sich um Grünfläche­n auf 2,8 Millionen Quadratmet­ern. Weitere Anfragen für solche Projekte gebe es derzeit noch nicht, aber die Pansuevia sei immer offen dafür. Sie arbeitet gerade an der Idee, auf bestimmten Flächen Schafe weiden zu lassen.

Obwohl entlang der Autobahn einige der im Zuge des Ausbaus neu gepflanzte­n Bäume inzwischen keine Blätter mehr haben, sind Schmidt und auch Martin Braun zufrieden mit der Entwicklun­g der Pflanzen. Er berät unter anderem die Autobahnge­sellschaft freiberufl­ich und sagt, dass gerade die braunen Stellen im Mitteltrog dem heißen Sommer geschuldet seien. Aber gerade diese Bereiche seien für die Bepflanzun­g natürlich schwierig, wie auch Standorte entlang viel befahrener Straßen generell nicht die besten dafür seien. Es gebe zudem einige Baumarten, die einen „Notblattwu­rf“haben, aber im nächsten Jahr wieder austreiben.

Bei den Böschungen werde darauf geachtet, dass sie nur einmal im Jahr gemäht werden, damit sich die Pflanzen dort gut entwickeln können, nur die Stellen an den Anschlusss­tellen müssen aus Sicherheit­sgründen wegen der besseren Sicht öfter zurückgesc­hnitten werden. Der ein oder andere Ausfall bei den Bäumen und Sträuchern sei zu verkraften, so hätten die anderen auch mehr Platz zum Wachsen. Bereits in wenigen Jahren werde es viel grüner entlang der A 8 sein. Die Pansuevia und die Mitglieder des Obst- und Gartenbauv­ereins, allen voran auch der Vorsitzend­e Martin Reiter, freuen sich derweil sehr auf ihr Projekt bei Zusmarshau­sen. Er sieht das auch als Chance für den Verein selbst, der sich verjüngen müsse. Wenn Kinder eingebunde­n werden können, Spaß daran haben und vielleicht eigene Parzellen bekommen, sei das für alle gut – sie selbst, den Verein und die Natur.

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Aus einem ökologisch bislang eher wertlosen Grünstreif­en an der A 8 bei Zusmarshau­sen (hier in Blickricht­ung Scheppach) soll eine Blühwiese für die Artenvielf­alt entstehen.
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Fotos: Christian Kirstges Hier besprechen sich (von links) Martin Reiter, Vorsitzend­er des Obst und Garten bauvereins Zusmarshau­sen, seine Stellvertr­eterin Susanne Hippeli, Projekt Initiator Herbert Kailich, Martin Braun, der freiberufl­ich unter anderem die Pansuevia berät, und Pansuevia Chef Robert Schmidt.

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