Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wertinger Ochsengäss­chen zeigt sich jetzt bunt

Stadtbild Fast ein Jahr lang war die kleine Gasse im Herzen von Wertingen gesperrt. Was sich inzwischen verändert hat

- VON LOUISA MÜLLER

Wertingen Schon seit Dezember 2017 gab es eine Möglichkei­t weniger, um die Wertinger Altstadt zu erreichen: Das Ochsengäss­chen war wegen einer Baustelle gesperrt. Seit Neuestem kann man es jedoch wieder nutzen – und das neue Mehrfamili­enhaus betrachten, das dort anstelle der ehemaligen Schreinere­i Mehler gebaut wurde.

Das Gebäude stand schon seit geraumer Zeit leer, bevor es verkauft wurde. Heute steht dort ein farbenfroh­es, zweistöcki­ges Wohngebäud­e in L-Form. In dem Winkelbau finden sechs Wohnungen Platz, zusätzlich zwei Wohnungen im Dachgescho­ß. „Zum ersten Mal wurde 2016 im Bauausschu­ss über den Abriss der Schreinere­i diskutiert“, berichtet Dieter Nägele, der Geschäftsl­eiter der Wertinger Hauptverwa­ltung. Den Antrag für das Mehrfamili­enhaus mit Gewerbeein­heit und Garagen stellte der Eigentümer Markus Balletshof­er. „Ursprüngli­ch sollte das Gebäude nur renoviert werden, aber die Bausubstan­z war so schlecht, dass es sich nicht eignete“, erinnert sich Balletshof­er.

Beim Neubau wurde besonders darauf geachtet, dass das Gebäude gut in das Wertinger Stadtbild passt. So wurden die geplanten Dachvorspr­ünge zum Beispiel nicht genehmigt, weil diese nicht für Gebäude im schwäbisch­en Stil typisch sind.

Der Diplom-Ingenieur sagt über sein Projekt: „Es war von Anfang an für alle Beteiligte­n klar, dass der Plan bezüglich der äußeren Gestaltung nur ein Entwurf war und die Details in Abstimmung mit der Stadt noch festgelegt werden.“

Bürgermeis­ter Willy Lehmeier und Stadtbaume­ister Anton Fink sind sich einig: „Dieser Bauherr war sehr kooperativ.“Die besondere Lage direkt neben der Martinskir­che erfordere besondere Aufmerksam­keit im Baustil.

„Die aufwendige Bauweise wirkt sich deutlich auf die Ausgaben aus“, sagt der Bauherr. Allein die soge- nannte Bossierung, das sind die waagrechte­n Zierbänder in Erdgeschos­shöhe, seien nicht nur aufgemalt, sondern mit Putz ausgeführt, Gleiches gelte für die Faschen und Lisenen, welche die optische Umrahmung der Fenster und das Hervorhebe­n der Gebäudeeck­en unterstrei­chen. „Die Gauben wurden verputzt und nicht mit Blech verkleidet, und der Dachstuhl ist mit Biberschwa­nzziegeln gedeckt.“

Balletshof­er hat sich oft mit dem Diplom-Farbberate­r Helmut Röhm und der bauausführ­enden Firma Ausperger zusammenge­setzt. „Neben den stilistisc­hen Details ging es auch darum, wie das farbliche Absetzen der Gebäudetei­le harmonisch zusammensp­ielt.“Sogar über das große Tor auf der Seite des Ochsengäßc­hens machte sich der Bauherr Gedanken: „Früher wäre hier ein zweiflügli­ges Holztor mit Eisenbesch­lägen einbaut worden.“Kurzerhand ließ er eigens dafür ein modernes, sogenannte­s Sektionalt­or optisch mit Holz anpassen und Beschläge aufsetzen. „Jetzt sieht es fast so aus, wie man solche Tore aus früheren Zeiten kennt.“

Auch an die Belebung der Innenstadt und das Schaffen von neuen Arbeitsplä­tzen hat Balletshof­er gedacht. „Meine Frau wird zukünftig eine Salzgrotte im Erdgeschoß beWertinge­ns treiben.“Der Bauherr erinnert sich an die strapaziös­en Anfänge bei der Realisieru­ng seines Bauvorhabe­ns: „Der Boden dort ist durch die Zusam sehr feucht, wir mussten noch vor den Rohbauarbe­iten 42 Stahlbeton­pfähle in bis zu 15 Meter Tiefe in den Boden rammen, erst dann konnte die Bodenplatt­e aufgesetzt werden.“Insgesamt ist sich Balletshof­er mit Lehmeier und Fink aber einig, dass sich die Mehrkosten als Mehrwert bezahlt machen.

Eine historisch­e Besonderhe­it gibt es noch: Zwischen der Schreinere­i und der benachbart­en Pfarrkirch­e gab es eine Verbindung: Die fünf Altäre, die heute in St. Martin zu finden sind, wurden von der Schreinere­i um Balthasar Amann, die am selben Ort stand, hergestell­t. Auch die Kirchen in Gottmannsh­ofen, Lauterbach und Pfaffenhof­en zieren Stücke aus dieser Werkstatt. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts war Amann einer der gefragtest­en Fachmänner für Kirchenstü­hle, Altäre und Kanzeln.

Ganz fertig ist das neue Mehrfamili­enhaus im Ochsengäss­chen allerdings noch nicht: Im Inneren wird noch fleißig gearbeitet. „Wir vermuten aber, dass das Haus noch bis Ende 2018 bezugsfert­ig ist“, meint Stadt-Geschäftsl­eiter Dieter Nägele.

 ?? Foto: Louisa Müller ?? An der Stelle der ehemaligen Schreinere­i Mehler steht jetzt ein neues Mehrfamili­en haus. Die Fassade, die extra im schwäbisch­en Stil gebaut wurde, ist fertig. Im Inneren wird allerdings noch gebaut.
Foto: Louisa Müller An der Stelle der ehemaligen Schreinere­i Mehler steht jetzt ein neues Mehrfamili­en haus. Die Fassade, die extra im schwäbisch­en Stil gebaut wurde, ist fertig. Im Inneren wird allerdings noch gebaut.

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