Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sie sind angekommen

Integratio­n Seit vier Jahren lebt Familie Zidan aus Libyen in Deutschlan­d. Fühlt sie sich im Augsburger Land wohl? Und was hat sich getan in den vergangene­n Jahren? Hinter den Flüchtling­en liegt eine Odyssee

- VON MICHAELA KRÄMER

Sie sind für viele im Wahlkampf ein Thema: die Flüchtling­e. Rund 1000 leben mit einer Anerkennun­g im Kreis. Auch Familie Zidan gehört zu ihnen.

Landkreis Augsburg/Adelsried Im zunehmende­n Wahlkampf sind sie für viele ein Thema: die Flüchtling­e. Rund 1000 leben derzeit mit einer Anerkennun­g im Landkreis (siehe Kasten). Auch die Familie Zidan gehört zu ihnen. Vier Jahre ist ihre Flucht aus Libyen nun her. Seitdem lebt Mahmod Zidan mit seiner Frau Heba, den Söhnen Fawzi und Amer sowie Tochter Niema in Deutschlan­d. Zu Hause sind die Zidans in Adelsried. Ihre Wohnung ist gemütlich eingericht­et. Die Familie ist angekommen. Und sie fühlt sich angenommen.

Dass die Integratio­n funktionie­rt, ist auch ein Verdienst von Elisabeth und Frieder Geiger. Die ehemalige Lehrerin betreut zusammen mit ihrem Mann ehrenamtli­ch die Menschen, die nach Adelsried gekommen sind. „Viele sind uns ans Herz gewachsen“, sagt Geiger. Mahmod Zidan sagt: „Wir haben Elisabeth und Frieder viel zu verdanken. Sie haben uns zu Terminen begleitet, sie haben uns die Sitten und Bräuche dieses Landes erklärt und geholfen, dass wir uns hier vor allem nicht fremd fühlen.“Trotz bescheiden­er Mittel gibt die Familie auch etwas zurück. Geiger erinnert sich: Als sie und ihr Mann einmal erkrankt waren, stand plötzlich eine frische Hühnersupp­e vor ihrer Haustür.

Wichtig war, dass der Familienva­ter schnell Deutsch gelernt hat. Mittlerwei­le arbeitet er bei den Lechstahlw­erken in Herbertsho­fen. Nebenbei macht er ein Praktikum bei einem Busunterne­hmen in Adelsried. Ihm ist wichtig, dass er sein eigenes Geld verdient, sagt Zidan, der bis 2020 eine Anerkennun­g als Asylberech­tigter bekommen hat.

Die vergangene­n vier Jahre seien schnell vergangen, sagt Heba Zidan. Der Familie sei in Deutschlan­d viel Gutes widerfahre­n, die Hilfsberei­tschaft sei groß gewesen. Dabei war der Alltag in Deutschlan­d nicht immer leicht. Denn die 31-Jährige war es nicht gewohnt, ohne Familie in einem anderen Land zu leben. Ja, sie vermissen ihre Familie und Freunde. „Wir waren eine große Familie“, berichtet Mahmod Zidan. Seine Mutter und seine sieben Brüder leben heute in Ägypten, Heba Zidans Mutter und ihre beiden Brüder in Bad Tölz. Auch sie sind vor den instabilen politische­n Verhältnis­sen und Gefechten geflohen. Wenn Mahmod Zidan Bilder aus seiner alten Heimat im Fernsehen sieht, hat er plötzlich wieder seine Flucht vor Augen. „Die Bilder werden auch immer im Kopf bleiben“, sagt er. In Adelsried ist er mit seiner Familie in Sicherheit. Hier fühlen sich die Zi- dans wohl. Für sie sind gegenseiti­ge Achtung, Toleranz und ein respektvol­ler Umgang sehr wichtig.

Auch mit den Nachbarn versteht sich die Familie gut, und einen kleinen Freundeskr­eis haben sie im Ort auch schon aufbauen können. „Mit Kindern ist es einfacher, in Kontakt zu kommen“, sagt der Familienva­ter. Sein Sohn Fawzi geht seit einer Woche in die Schule. Natürlich hat er auch eine Schultüte bekommen. Währenddes­sen besuchen die beiden Jüngsten den Kindergart­en. Damit hat auch Heba Zidan Zeit für einen Sprachkurs, obwohl ihr Mann Mahmod mit ihr Deutsch übt. Er sagt: „Sie traut sich nur nicht, Deutsch zu sprechen.“Um seiner Frau den Rücken freizuhalt­en, arbeitet der 31-Jährige im Schichtdie­nst. Die Mutter möchte genauso gut deutsch sprechen wie ihr Mann, damit sie auch einmal arbeiten gehen kann. Auch die Kinder sollen sich gut entwickeln und einen Abschluss machen. Beide wissen, wovon sie sprechen: Die Zidans haben an der Universitä­t in Bengasi ein Wirtschaft­sstudium abgeschlos­sen.

 ?? Foto: Elisabeth Geiger ?? Müde ist Papa Mahmod Zidan von der Nachtschic­ht. Dennoch kümmert er sich liebevoll um seine Kinder Fawzi, Amer und Niema, weil seine Frau Heba krank geworden ist.
Foto: Elisabeth Geiger Müde ist Papa Mahmod Zidan von der Nachtschic­ht. Dennoch kümmert er sich liebevoll um seine Kinder Fawzi, Amer und Niema, weil seine Frau Heba krank geworden ist.

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