Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So kommen keine Fehler ins Testament

Nachlass Die wenigsten Menschen denken gerne über den eigenen Tod nach. Aber wer etwas zu vererben hat, sollte sich rechtzeiti­g um den Letzten Willen kümmern. Worauf zu achten ist

- 393,00 380,00 374,00 373,00 370,00 368,00 367,00 363,00 360,00 359,00 346,00 343,00 341,00 Ct./Min. 0,10 0,29 1,56 1,66 1,66 1,67 1,69 0,95 1,66 0,74 0,77 0,94 Ct./Min. VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Verschoben, vertagt, verdrängt: Wer macht sich schon gern Gedanken über sein Testament? Nur etwa jeder vierte Deutsche schafft es, seine Nachlassre­gelung rechtzeiti­g anzugehen, sagt Jan Bittler, Geschäftsf­ührer der Deutschen Vereinigun­g für Erbrecht und Vermögensn­achfolge (DVEV). Dabei werden so hohe Vermögen hinterlass­en wie nie zuvor. Werte von etwa 400 Milliarden Euro pro Jahr werden von den Deutschen jährlich übertragen, so eine Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung. Meist an Lebenspart­ner, Kinder und Enkel. Sind Immobilien, Bargeld, Schmuck und Aktien aber nicht präzise zugeteilt, gibt es schnell Probleme. Jedem Erben gehört dann alles, das ganze Haus, jedes Möbelstück, Bargeld, jedes Bild. Wie der Letzte Wille gestaltet werden kann, um Fehler zu vermeiden: ● Besser jetzt als nie Wer Werte vermachen und sie nach den eigenen Vorstellun­gen verteilen will, kommt um ein Testament nicht herum. Nur so lassen sich die Weichen stellen, damit der Nachlass möglichst gerecht und steuergüns­tig vererbt wird, sagt Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht. Denn: Hat der Erblasser vor seinem Tod nichts geregelt, tritt die gesetzlich­e Erbfolge in Kraft. Sie gibt vor, wer den Nachlass bekommt. Ob das im Sinne des Verstorben­en ist, spielt keine Rolle. Wer glaubt, die gesetzlich­en Erbregeln könnten alles richten, ist meist schlecht beraten. Daraus kann der Konflikthe­rd einer Erbengemei­nschaft aus Ehepartner, Kindern, Enkeln oder anderen Verwandten entstehen. Alle können nur zusammen über den Nachlass verfügen. Zwist ist damit meist programmie­rt. Ein Testament kann Frieden schaffen, so Steiner. Doch die Materie ist komplex. „Ein schlechtes Testament ist genauso schlecht wie kein Testament“, warnt Bittler.

● Testament schreiben Die meisten wissen: Jeder kann seinen Letzten Willen selbst aufschreib­en. Er ist aber nur handschrif­tlich gültig, wie Bittler betont. Ihn am Computer zu verfassen, ist unzulässig. Gleiches gilt für Computerli­sten über Werte und Gegenständ­e, die vererbt werden sollen. Werden sie als Anhang dem handgeschr­iebenen Testament beigefügt, ist das Ganze unwirksam. Für ein gültiges Testament genügt in der Regel ein Blatt Papier. Selbst ein Schmierzet­tel kann rechtswirk­sam sein. Hauptsache, selbst geschriebe­n und unterschri­eben. Datum und Ort sollten nicht vergessen werden. Sogar ein Schriftstü­ck ohne die Überschrif­t „Testament“oder „Mein letzter „Wille“, sondern als „Vollmacht“betitelt, kann noch durchgehen, wie das Oberlandes­gericht Hamm entschied (Az. 10 U 64/16). Wer viel schreibt, sollte die Seiten nummeriere­n. Dann kann nichts verschwind­en.

● Präzise formuliere­n Mit dem Testament können Erblasser nicht nur bestimmen, wer was bekommen soll. Sie können zugleich Bedingunge­n stellen und Aufgaben verteilen. Soll etwa der Enkel die Eigentumsw­ohnung erst bekommen, wenn er sein Studium abgeschlos­sen hat, kann das klar aufgeschri­eben werden. Auch enterben geht. Angehörige­n bleibt dann nur der Anspruch auf einen Pflichttei­l. Die Hauptfehle­rquelle im Testament sind unsaubere Zuweisunge­n und Formulieru­ngen, so Steiner. Wer zum Beispiel nur verfügt: Die Immobilie bekommt meine Tochter, das Aktiendepo­t mein Sohn, schafft schnell ein Riesenprob­lem. Was, wenn die Wertpapier­e einmal viel weniger Wert sind? Das Recht auf Ausgleich sollte im Testament formuliert sein. Tückisch kann es zudem sein, „Bargeld“zu vererben. Rein rechtlich gesehen, handelt es sich dabei um Münzen und Scheine. Die meisten Bürger meinen damit aber ihr Guthaben bei Banken. Außerdem wichtig: Die Erben am besten namentlich bestimmen. Unwirksam ist etwa der vage Satz, dass die Person erbt, „die sich bis zu meinem Tode um mich kümmert“(Az. OLG München, 31 Wx 55/13).

● Das Berliner Testament Die Vorstellun­g, dass der Ehepartner automatisc­h alles erbt, ist eine Mär. Eheleute nutzen deshalb gern das „Berliner Testament“. Darin setzen sich beide als Alleinerbe­n ein. Die gesetzlich­e Erbfolge ist damit ausgehebel­t. Kinder oder Dritte erben erst, wenn beide Ehepartner tot sind. Steuerlich gesehen ist diese Regelung nicht immer günstig. Es fallen womöglich zwei Erbfälle an, der Staat kassiert doppelt. Alternativ­e: Die Kinder als Alleinerbe­n einsetzen. Doch der überlebend­e Ehegatte sollte dann gut abgesicher­t werden, etwa mit einem lebenslang­en Nutzungsre­spektive Wohnrecht im Haus. Wer sein Testament allein macht, kann es jederzeit ändern, widerrufen oder durch ein neues ersetzen. Beim Berliner Testament gehen Änderungen nur gemeinsam.

● Nicht verstecken Ein Testament gehört sicher aufbewahrt, aber nicht in der Wohnung versteckt. Sonst nutzt der Letzte Wille nichts. Wer das Dokument in der Schublade oder im Safe deponiert, läuft Gefahr, dass es niemals zum Tragen kommt. Ein Klassiker: Jemand will ein Großteil seines Vermögens dem Tierschutz hinterlass­en. Der Sohn, der leer ausgehen soll, findet es. Nur moralisch äußerst gefestigte Nachkommen könnten solchen Versuchung­en widerstehe­n, sind die Experten sicher. Ratsam ist daher, ein Testament beim Amtsgerich­t zu deponieren. Das kostet etwa 90 Euro. Es geht aber nicht verloren.

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Foto: stock.adobe.com Wer möchte, dass sein Vermögen nach den eigenen Vorstellun­gen verteilt wird, der sollte ein Testament schreiben.

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