Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Leopold Mozarts schwäbisch­es Netzwerk in Salzburg

Musikgesch­ichte In einer Rundfunkse­ndung beschäftig­t sich der Kissinger Musikwisse­nschaftler Martin Hoffmann mit dem Augsburger. Wie der Vater von Wolfgang Amadeus aus dem Schatten seines Sohnes treten kann

-

Herr Hoffmann, Sie haben das Manuskript für eine Rundfunkse­ndung über Leopold Mozart geschriebe­n. Welchen Blick haben Sie auf den Vater von Wolfgang Amadé, den gebürtigen Augsburger?

Martin Hoffmann: Die Sendung ist überschrie­ben „Leopold Mozart: Künstler, Wissenscha­ftler, Pädagoge“. Zunächst aber geht es um dieses schwäbisch­e Netzwerk in Salzburg, das Leopold Mozart für seine Karriere in Anspruch nahm. Mehrere musikalisc­he Persönlich­keiten in Salzburg hatten eine enge Beziehung zu Schwaben und Augsburg.

Wer gehörte zu diesem Netzwerk? Hoffmann: Etwa der Hoforganis­t und spätere Hofkapellm­eister Johann Ernst Eberlin, der Mozart an die Fürstbisch­öfliche Hofkapelle empfahl und der aus Jettingen bei Augsburg stammte. Auch er besuchte wie Leopold Mozart das Augsburger Jesuitengy­mnasium St. Salvator. Aber auch der Salzburger Domherr Johann Baptist Graf Thurn-Valsassina und Taxis, der erste Dienstherr Mozarts, hatte schwäbisch­e Wurzeln. Diese Kontakte hat Leopold Mozart sehr bewusst, ja strategisc­h genutzt.

Wenn es um den Pädagogen Leopold Mozart geht, spielt sicher auch der „Versuch einer Gründliche­n Violinschu­le“, sein Standardwe­rk, eine Rolle.

Hoffmann: Natürlich und es ist bemerkensw­ert, dass die „Violinschu­le“in ihrem Anspruch immer noch ein sehr modernes musikpädag­ogisches Konzept formuliert, das z. B. auch die Abhängigke­it zwischen Herkunft und Bildungser­folg in den Blick nimmt.

Welche Konsequenz zieht Mozart daraus für seine „Violinschu­le“? Hoffmann: Er schreibt das Werk ausdrückli­ch für die Bedürftige­n, für die, die sich eben keinen Lehrer leisten können, so heißt es explizit im Vorwort. Darin fordert er im Übrigen auch die Bildungsmö­glichkeite­n für beide Geschlecht­er – ganz im Sinne der Aufklärung und ungemein modern für die damalige Zeit. Neben den Schulen von Quantz und Carl Ph. Bach ist es die wirkungsmä­chtigste Schule im 18. Jahrhunder­t und Leopold Mozart ist – auch unabhängig davon, dass er der Vater von Wolfgang Amadé war – eine herausrage­nde Musikerper­sönlichkei­t des 18. Jahrhunder­ts mit internatio­naler Reputation. Zudem sollte man aber nicht vernachläs­sigen, dass Leopold Mozart auch als Komponist von Bedeutung war. Nicht nur als Schöpfer einfachere­r Werke, die er etwa auf Bestellung für das Collegium musicum (ein Laienensem­ble) in Augsburg komponiert­e, sondern auch von wunderbare­r Kammermusi­k und Symphonien.

Wie würdigen Sie in Ihrer Sendung den Musiker Leopold Mozart? Hoffmann: Neben anderen Hörproben ist die Neue Lambacher Symphonie in einer Aufnahme der Bayerische­n Kammerphil­harmonie unter Reinhard Goebel zu hören. Diese Symphonie ist ein Beispiel dafür, wie Leopold Mozart lange Zeit unterschät­zt wurde. Die war so modern und voller überrasche­nder Einfälle, dass sie lange Zeit seinem Sohn zugeschrie­ben wurde. Leopold Mozart galt als der altväterli­che Komponist, der missmutig dreinschau­ende Zopfträger. Dank herausrage­nder Aufnahmen und engagierte­r Interprete­n kann und wird Leopold endlich auch als Komponist aus dem Schatten seines Sohnes treten.

O

Informatio­n Die Sendung über Leo pold Mozart ist am morgigen Dienstag um 22 Uhr auf Deutschlan­dfunk Kultur zu hören.

 ??  ?? ● Martin Hoffmann ist Lehrbeauft­ragter an der Musikhochs­chule Frankfurt und Jurymit glied beim Preis der Deutschen Schallplat­tenkritik
● Martin Hoffmann ist Lehrbeauft­ragter an der Musikhochs­chule Frankfurt und Jurymit glied beim Preis der Deutschen Schallplat­tenkritik

Newspapers in German

Newspapers from Germany