Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fernseh Schätze machen viel Arbeit

In den Archiven der TV-Sender lagert tonnenweis­e analoges Material, das digitalisi­ert werden muss. Ein Blick hinter die Kulissen

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Ob Thomas Gottschalk in „Wetten, dass..?“, Professor Brinkmann (Klausjürge­n Wussow) in der „Schwarzwal­dklinik“oder der „Monaco Franze“: Viele Sendungen sind ein Stück Fernsehges­chichte – in diesem Fall zweimal vom ZDF und einmal vom Bayerische­n Rundfunk. Damit sie nicht verloren gehen, archiviere­n die Sender das filmische Gedächtnis.

Im ZDF werden seit 1983 alte Bänder Stück für Stück umgewandel­t. Inzwischen ist das Material, das seit dem Sendestart 1963 zusammenge­kommen ist, schon auf digitalen Videobände­rn – doch auch die müssen umgewandel­t werden: Sie kommen in eine Datenbank, die viel mehr Inhalt schlucken kann als bisher. Bis 2021 müssen rund 600000 Bänder überspielt werden.

Das Bewahren alter Sendungen ist das eine – das Nutzen alten Materials für das aktuelle Programm das andere. Wenn sich der Mauerfall in wenigen Wochen zum 29. Mal jährt, geht es zum Beispiel nicht ohne die Bilder aus Berlin vom 9. November 1989 für die Fernseh-Berichters­tattung. Beim ZDF werden insgesamt fast 100 000 Files aus dem digitalen Archiv pro Jahr abgerufen.

Bei der Digitalisi­erung kommen die ältesten Kassetten zuerst dran. „Da wird es höchste Zeit, dass man sie sichert“, betont ZDF–Archivleit­erin Scherer. Denn manche Abspielger­äte gibt es bald nicht mehr. Für seinen Hausstanda­rd hat das ZDF die letzten Geräte gekauft. Während frühere MAZ-Bänder Schäden aufweisen und sich allmählich auflösen, setzt den digitalen Bändern der Staub zu. „Daher werden alle entspreche­nden Bänder vor der Kopierung in speziellen Reinigungs­maschinen vorbehande­lt und gereinigt“, sagt Kerstin Eberhard, die das Projekt leitet. Je zwei Kollegen füttern täglich in zwei Schichten von 8.30 Uhr bis 1.15 Uhr nachts die Geräte, auf denen die alten Videobände­r umgewandel­t werden. Es gibt 22 sogenannte Einspielst­raßen für die Digitalisi­erung – für bis zu 300 VideoBände­r am Tag mit jeweils 45 Minuten Länge.

Die Digitalisi­erung ist für alle Sender eine Herausford­erung. Die einzelnen Sender der ARD sind hierbei unterschie­dlich weit. Der Bayerische

wandelt alte VideoKasse­tten seit 2016 digital um. „Wir haben die Hälfte der um die 200000 Kassetten digitalisi­ert“, sagt der Hauptabtei­lungsleite­r Archive, Dokumentat­ion und Recherche, Rainer Tief. „Etwa im Jahr 2021 werden wir unser gesamtes Videound Audioarchi­v digitalisi­ert haben.“

Dem Archiv-Leiter geht es nicht nur um das audiovisue­lle Erbe und die technisch notwendige Archivieru­ng. „Unser Ziel ist, möglichst viele Archivinha­lte ins Programm zu bringen.“Die Archive werden beim BR nach seinen Worten gut genutzt: Die Abfragen gehen in die tausende pro Tag. Dabei werden so manche Programmsc­hätze gefunden, die sonst keiner nachfragen würde. „Man freut sich jedes Mal wieder neu darüber, wenn man zum Beispiel alte Serien in guter digitaler Qualität vorliegen hat.“Zum Beispiel „Monaco Franze“mit Helmut Fischer, der „Pumuckl“oder „Irgendwie und Sowieso“mit Ottfried Fischer.

Der private Sender RTL hat die Digitalisi­erung der Bänder schon hinter sich. Als die Mediengrup­pe RTL Deutschlan­d 2011 in das damals neue und voll-digitalisi­erte Sendezentr­um nach Köln-Deutz zog, – wurde sukzessive auch das Material aller Sender der Gruppe (RTL, VOX, n-tv und andere) digitalisi­ert.

Oliver von Riegen, dpa

 ?? Foto: U. Lenz, ZDF/dpa ?? Digitalisi­erung am Fließband: das Kopierzent­rum des ZDF.
Foto: U. Lenz, ZDF/dpa Digitalisi­erung am Fließband: das Kopierzent­rum des ZDF.

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