Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Rüben rollen wieder nach Rain
Wirtschaft Im Südzucker-Werk ist die Kampagne angelaufen. Heuer rechnet man allerdings mit geringeren Erträgen als im Vorjahr
Rain Es ist ein untrügliches Zeichen: Wenn aus den Schloten des Südzucker-Werks wieder Dampf aufsteigt, dann hat die Kampagne begonnen. Am Donnerstag wurden in Rain die ersten Rüben angenommen, einen Tag darauf begann die Verarbeitung. „Eine Woche später als 2017“, sagt Benjamin Kirchberger über den diesjährigen Startschuss. Kirchberger ist Leiter der Rohstoffabteilung Bayern bei Südzucker und damit auch für das Werk in Rain zuständig. Während der Kampagne wird rund um die Uhr gearbeitet, auch an Feiertagen wie Heiligabend oder Neujahr. Für viele der rund 250 Beschäftigten ist in den kommenden Monaten also erneut Schichtdienst angesagt. Denn das Ende ist erst für Mitte bis Ende Januar geplant, so Kirchberger.
Auch wenn die Anbaufläche gleich geblieben ist wie in den Vorjahren, so rechne man dieses Mal doch mit geringeren Erträgen. 85 bis 90 Tonnen Rüben pro Hektar erwartet Kirchberger. Bei der vergangenen Kampagne waren es noch durchschnittlich 93 Tonnen gewesen. Der extreme Sommer habe sich auch auf das Wachstum der Pflanzen ausgewirkt. „Die Trockenheit hat besonders in Gegenden mit schlechten Böden dazu geführt, dass die Rüben sehr gelitten haben.“Das Einzugsgebiet des Werks in der Lechstadt umfasst neben Schwaben, Oberbayern und dem Raum Regensburg auch Teile Württembergs. Knapp 2800 Landwirte liefern an die Donauwörther Straße in Rain. „Es gibt Unterschiede in den Regionen und dort dann auch innerhalb der jeweiligen Standorte. Das macht die Einschätzung für uns heuer sehr schwer“, sagt Kirchberger. Erst Ende Oktober ließen sich klarere Tendenzen erkennen, aber aktuell gehe man von etwa fünf Tonnen im Schnitt weniger aus.
Am Werk in Rain habe es zuletzt mehrere kleinere Anpassungen gegeben, vor allem an den Gleisen seien Verbesserungen vorgenommen worden – „weil wir wieder verstärkt mit der Bahn verladen“, so Kirchberger. Die Lagerkapazität sei dieselbe wie in den Vorjahren. „Das heißt, wir bringen nicht alles unter.“Während der Produktion werde teilweise auch gleich direkt ausgeliefert, der größte Teil werde freilich eingelagert.
Sorgen macht Benjamin Kirchberger die aktuelle Marktsituation. Weltweit sei einfach zu viel Zucker da, das drücke den Preis. Vor allem aus Brasilien („dort wird so viel exportiert, wie wir in Europa überhaupt produzieren“) oder Vietnam kämen gewaltige Mengen in Umlauf. Derzeit bekomme man für eine Tonne Zucker rund 300 Euro, zu Spitzenzeiten seien es 700 Euro gewesen. Es habe in den vergangenen Jahren immer mal wieder Schwankungen gegeben. Seit dem Wegfall der „Zuckerquote“im Oktober 2017 aber ist der Preis laut Kirchberger derart eingebrochen, wie es selten der Fall gewesen sei.
Deshalb steht für ihn auch jetzt schon fest: „Mit Zucker werden wir in diesem Geschäftsjahr kein Geld verdienen.“Stattdessen erwarte Südzucker in diesem Bereich ein Minus von 100 bis 200 Millionen Euro – eine Premiere im negativen Sinn. Die Sparte habe bislang immer für ein Plus gesorgt, erinnert sich Chef der Abteilung Rohstoff Bayern. Dennoch erwarte der Konzern ein positives Gesamtergebnis von 100 bis 200 Millionen Euro. „Dafür sorgen die anderen Standbeine“, sagt Kirchberger. Südzucker produziere mit seinen Tochter-Unternehmen beispielsweise auch Gluten, Reismehle oder Bioethanol und sei bei Tiefkühl- und Fertiggerichten ebenfalls gut aufgestellt.
Es bestehe für die Mitarbeiter in Rain jedenfalls kein Grund zur Sorge, versichert Kirchberger. In Bayern habe Südzucker sichere Werke, in die auch immer wieder stark investiert werde. „Langfristig kann es allerdings schon sein, dass einzelne Standorte oder Zuckererzeuger unter Druck geraten.“
Noch keine Rolle bei der nun in Rain angelaufenen Kampagne spielen übrigens Bio-Rüben. Hierzu laufen Kirchberger zufolge gerade noch die Vorbereitungen. „Wir spielen verschiedene Szenarien durch.“Gleichzeitig werden weiter ökologische Anbauer gesucht, wobei man bereits eine gute Resonanz habe. Kirchberger geht aber davon aus, dass vielleicht einmal auf zwei bis drei Prozent der gesamten Fläche Bio-Rüben angepflanzt werden. „Das wird auch dann immer noch eine Nische sein.“