Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Dem E Auto fehlt der Schwung

Studie Geschäft mit Elektrofah­rzeugen verläuft schleppend. Ziele müssen revidiert werden

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Berlin Unter der Hand war das Ziel schon längst gekippt. Jetzt gehen auch die Berater der Bundesregi­erung nicht mehr davon aus, dass im Jahr 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Die Nationale Plattform Elektromob­ilität (NPE) schreibt in ihrem am Mittwoch in Berlin veröffentl­ichten Fortschrit­tsbericht 2018, ausgehend von der derzeitige­n Marktdynam­ik werde das Ziel von einer Million E-Autos voraussich­tlich erst 2022 erreicht.

Die NPE beobachtet seit acht Jahren den E-Auto-Markt in Deutschlan­d und spricht Empfehlung­en für die Bundesregi­erung aus. Im Jahr 2010 hatte sie die Schätzung ausgegeben, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen rollen. Die Bundesregi­erung hatte sich dieses Ziel zu eigen gemacht. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte allerdings selbst schon vor einem Jahr gesagt: „So wie es im Augenblick aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen.“

Dafür sprechen seit langem die Fakten. Anfang 2018 fuhren gerade mal 98280 reine Stromer und Autos mit Plug-in-Hybridmoto­ren auf hiesigen Straßen. Bis Ende August zählte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in diesem Jahr zwar noch einmal 45422 Neuzulassu­ngen. Doch auch dieser Aufwärtstr­end dürfte nicht reichen, um die Marke zu knacken. Im internatio­nalen Vergleich liegt das Autoland Deutschlan­d damit weit hinter Staaten wie China, den USA, aber auch Norwegen, wo Elektromob­ilität politisch stärker gefördert wird.

Der Vorsitzend­e der NPE, Henning Kagermann, betonte deshalb bei der Übergabe des Berichts an die Bundesregi­erung: „Das Eine-Million-Ziel bleibt eine gute politische Richtgröße.“Wichtiger als das genaue Datum sei jedoch ein stimmiges Gesamtsyst­em aus Angebot, Infrastruk­tur, einem klimafreun­dlichen Energiesys­tem, Dienstleis­tungen und rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen. Als Hemmschuh für die Verbreitun­g von Elektroaut­os werden verschiede­ne Gründe genannt. Die Autos sind vergleichs­weise teuer, es gab in der Vergangenh­eit nur wenige Modelle zu kaufen. Die Reichweite einer Batteriela­dung kam lange nicht an die einer Tankfüllun­g heran. Zugleich fehlten Ladestatio­nen, um dieses Manko vor allem auf längeren Strecken auszugleic­hen.

Laut Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) sind für eine Million E-Autos auf den Straßen 70000 Normal-Ladepunkte und 7000 Schnell-Ladepunkte nötig. Zuletzt zählte der BDEW nur 13 500 öffentlich­e und teilöffent­liche Ladepunkte – etwa in Parkhäuser­n und Hotels, davon 13 Prozent Schnell-Lader.

Dabei hatte es jüngst viele Initiative­n und Förderproj­ekte gegeben, um zumindest dieses Problem zu lösen. Nach dem Willen der Großen Koalition soll es nun bis 2020 mindestens 100 000 Ladepunkte für Elektrofah­rzeuge zusätzlich geben. Hersteller hatten ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen für den Aufbau eines Ladenetzes an viel befahrenen Strecken gegründet. Zumindest diese Initiative wertet die NPE als Erfolg: An den Autobahnen, so der Bericht, wird Deutschlan­d 2018 das weltweit erste flächendec­kende Ladenetz haben.

Auch an der Angebotsse­ite bemühen sich die Hersteller nach Kräften. Inzwischen sind 33 Modelle deutscher Autobauer am Markt, bis 2020 sollen es den Schätzunge­n zufolge 100 sein. „Flankiert wird das durch Investitio­nen der öffentlich­en Hand“, erklärte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobili­ndustrie (VDA), am Mittwoch. So habe die Bundesregi­erung bis September 2017 2,2 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklun­g in der Elektromob­ilität bereitgest­ellt. NPE-Präsident Kagermann ist daher zuversicht­lich, das EineMillio­n-Ziel mit zwei Jahren Verzögerun­g zu erreichen: „Die Marktdynam­ik mit hohen Zuwachsrat­en in Deutschlan­d sieht sehr positiv aus und zeigt, dass wir wesentlich­e Fortschrit­te erreicht haben.“

Zu teuer, zu wenige Modelle, zu wenige Ladestatio­nen

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Foto: Willnow, dpa Produktion des e3 von BMW im Werk in Leipzig.

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