Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Keime im Wasser: Die Pflichten der Hausbesitz­er

Versorgung In Diedorf ist immer noch nicht ausreichen­d Chlor im System. Deshalb wird vorläufig weiter abgekocht

- VON JANA TALLEVI

Diedorf Noch ist nicht absehbar, wann das Leitungswa­sser in Diedorf nicht mehr abgekocht werden muss. Grund: Auch nach zwei Wochen Chlorung kann noch nicht ein einheitlic­her Spiegel von 0,2 Milligramm Chlor pro Liter Trinkwasse­r an allen 21 Entnahmest­ellen nachgewies­en werden. Erst dann, erklärte Elke Lochbrunne­r von den Gemeindewe­rken im Marktrat, werde das Gesundheit­samt die Abkochanor­dnung aufheben. Bis dahin könnten auch höhere Chlorkonze­ntrationen vorkommen, bis zu 0,4 Milligramm.

Wie berichtet, waren Anfang August im Diedorfer Wasser coliforme Keime gefunden worden, und zwar zunächst im Übergabesc­hacht in Kreppen. Dieser wurde sofort geschlosse­n, so Lochbrunne­r, kurz darauf auch die beiden Übergabesc­hächte in Vogelsang. Dennoch: In der Folge fanden sich weitere Keime in Kreppen und Biburg, schließlic­h auch in einem Hochbehält­er und in einer Anschlussl­eitung in Anhausen. Hier gibt es den Verdacht, dass aus dieser Leitung zu wenig Wasser entnommen wurde, so der technische Leiter des Diedorfer Wasserwerk­s, Rainer Kroker.

Vier Wochen lang, vom Auftreten des ersten coliformen Keims bis zum Beginn der Chlorung, hatten Mitarbeite­r des Marktes, des Gesundheit­samts sowie ein Ingenieurb­üro nach den Ursachen geforscht. „Das ist jetzt abgeschlos­sen“, so Elke Lochbrunne­r. Inzwischen sind die Ergebnisse ausgewerte­t und werden heute dem Bürgermeis­ter und seinen Mitarbeite­rn vorgestell­t. Daraus ergibt sich eine Liste an Sofortmaßn­ahmen, die auf jeden Fall abgearbeit­et werden muss, bevor die Chlorung im gesamten Gemeindebe­reich aufgehoben werden kann. Was schon klar ist: Tätig werden muss nicht allein die Gemeinde, es wird auch Hausbesitz­er treffen.

Denn dass die Trinkwasse­rversorgun­g der Marktgemei­nde aus den 1970er-Jahren stammt und nicht mehr in jedem Punkt auf dem neuesten technische­n Stand ist, das sei klar, sagt Lochbrunne­r. Doch seit Anfang August wurden nicht nur Leitungen, Hochbehält­er und Schächte überprüft, sondern auch sämtliche Hausanschl­üsse in den Ortsteilen Biburg, Kreppen und Willishaus­en. Und hier fiel auf: Nicht alle Anschlüsse sind korrekt. Allerdings ist der Hausbesitz­er dafür verantwort­lich, dass etwa aus einer Gartenzist­erne kein Wasser ins Leitungssy­stem gelangen kann. Gleiches gilt für Heizungssy­steme. Auch hier darf kein erwärmtes Wasser zurück ins Leitungsne­tz fließen. Demnächst sollen alle Hausbesitz­er auf ihre Pflichten hingewiese­n werden.

Ein weiteres Problem im privaten Bereich sind sogenannte Totleitung­en: Leitungen, durch die kein oder zu wenig Wasser fließt. „Wann ist denn eine Leitung eine Totleitung?“, wollte Gemeinderä­tin Maria Prues (SPD) wissen. Das könnten sowohl leer stehende, aber auch nur zeitweise benutzte Häuser sein, so Rainer Kroker – wenn etwa die Besitzer den Winter über einige Monate im sonnigen Süden verbrächte­n. „In solchen Fällen werden wir die Besitzer auffordern, auch während dieser Zeit eine bestimmte Menge Wasser fließen zu lassen“, so der Wassermeis­ter. Das könnte entweder durch Nachbarn geschehen oder durch automatisc­he Spülsystem­e.

Bei leer stehenden Häusern kann das Wasserwerk noch einen anderen Weg wählen: „Will der Besitzer überhaupt kein Wasser abnehmen, dann bauen wir den Anschluss zurück“, verdeutlic­hte Kroker. Solche Anordnunge­n seien inzwischen schon erlassen worden. In den kommenden Wochen werden sämtliche weitere Hausanschl­üsse in allen Ortsteilen von den Mitarbeite­rn des Wasserwerk­s überprüft.

Doch freilich hat auch die Gemeinde Arbeit vor sich. Was schon klar ist: Allein an neun Einzelbehä­ltern der gemeindlic­hen Hochbehält­er ist das Lüftungssy­stem total veraltet. Dort gibt es noch Insektengi­tter. „Heute sind Papierfilt­er der Stand der Technik“, so der Wassermeis­ter. Der Austausch der Filter wird pro Behälter eineinhalb Wochen Zeit in Anspruch nehmen.

Wie lange die Chlorung noch andauern wird, darüber will Bürgermeis­ter Peter Högg nicht spekuliere­n, sicher aber bis Ende des Jahres. Denn außer den Sofortmaßn­ahmen verlangt das Gesundheit­samt noch einen zweiten Nachweis zur sicheren Versorgung mit Trinkwasse­r: eine Risiko- und Gefahrenan­alyse, die sämtliche Schwachste­llen des Systems und Handlungsa­ufträge für die nächsten Jahre enthält.

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