Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie Senioren im Alltag geholfen werden soll
Hilfe Die Gemeinden im Holzwinkel wollen ein gemeinsames Projekt zur Nachbarschaftshilfe starten. Noch haben nicht alle zugesagt, doch es sieht gut aus. Wer mitmachen kann und was angeboten werden soll
Holzwinkel Wer hilft beim Einkaufen, wenn es alleine nicht mehr geht? Wer mäht den Rasen? Wer fährt mich zum Arzt? Über Generationen waren es auf dem Land vor allem jüngere Familienmitglieder, die den älteren im Alltag behilflich waren. Doch immer öfter leben die nicht mehr in der Nähe. Auch in den Gemeinden im Holzwinkel wird das zum Problem. In Aretsried zum Beispiel wird sich die Zahl der Menschen über 85 Jahre nach einer Statistik des Landratsamtes in den kommenden 20 Jahren verdoppeln. Und nur etwa 20 Prozent der Senioren im Holzwinkel erhalten im Alltag Hilfe von der Familie. Deshalb möchten die Holzwinkelgemeinden nun ein neues Projekt zur Nachbarschaftshilfe starten. Noch im Herbst soll es losgehen.
Ziel der neuen Nachbarschaftshilfe sei es, dass Senioren so lange wie möglich zu Hause bleiben können, erklärt Simone Hummel. Sie koordiniert die sogenannte integrierte ländliche Entwicklung (ILE) im Holzwinkel. Senioren und Hilfsbedürftige sollen Unterstützung im Alltag erhalten. Und das möglichst niedrigschwellig. Hilfe beim Rasenmähen oder Gartenarbeiten zum Beispiel. „Aber auch beim Glühbirnenwechseln oder Einkaufen“, sagt Hummel. Darüber hinaus sollen die Ehrenamtlichen auch Fahr- und Begleitservice anbieten. Wenn nötig, sollen sie Senioren zum Arzt oder Friseur fahren oder Behördengänge erledigen. Außerdem soll die neue Nachbarschaftshilfe beraten und informieren. Vor allem dann, erklärt Hummel, wenn es professioneller Hilfe bedarf. Denn die Nachbar- schaftshilfe solle lediglich eine Ergänzung zu bestehenden Einrichtungen sein.
Bislang haben die Gemeinden Bonstetten, Emersacker und Adelsried der Nachbarschaftshilfe zugestimmt. Altenmünster möchte sich nicht beteiligen, weil es dort bereits ein ähnliches Projekt gibt. In Welden und Heretsried wird in der kommenden Woche abgestimmt. Die Bürgermeister Peter Bergmeir (Welden) und Heinrich Jäckle (Heretsried) gehen davon aus, dass auch ihre Gemeinderäte dem Projekt zustimmen werden.
Für das neue Projekt soll nun ein neuer Koordinator eingestellt werden, der die Nachbarschaftshilfe von Welden aus leiten soll. Eine entsprechende Ausschreibung laufe bereits, versichert Hummel. In den kommenden Monaten soll der Koordinator dann einen Stamm an Ehrenamtlichen aufbauen. „Einbringen kann sich jeder“, sagt Hummel. Als Helfer könne man angeben, welche Aufgaben man gerne erdigen möchte und wann dafür Zeit ist. Zum Beispiel: Gartenarbeiten, immer montags. Der neue Koordinator verteilt dann die Kapazitäten.
Im Unterschied zu anderen Nachbarschaftshilfen sind die Dienstleistungen der Ehrenamtlichen nicht kostenlos. Für Stefan Kramer, Gemeinderat in Adelsried, ist das auch gut so. Denn oft sei es Bedürftigen unangenehm, Hilfe ohne Gegenleistung entgegenzunehmen. „Man möchte nichts schuldig sein“, sagt Kramer. Dennoch sollen die Preise angemessen sein. Es gehe nicht darum, Profit zu machen, sagt Simone Hummel. Noch ist unklar, wie viel die einzelnen Leistungen kosten sollen. „Mit den Einnahmen sollen die laufenden Ausgaben gedeckt werden.“Denn auch die Ehrenamtlichen sollen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von neun Euro pro Stunde bekommen. Außerdem sollen die Fahrtkosten erstattet werden. Die Kosten für die neue Koordinationsstelle wollen sich die fünf beteiligten Gemeinden teilen.
Vorbild für das Projekt im Holzwinkel ist die Verwaltungsgemeinschaft Syrgenstein im Landkreis Dillingen. Dort wurde ein ähnlicher Service bereits 2010 eingeführt. Mittlerweile haben sich 50 Helfer gefunden, die insgesamt 120 Senioren betreuen. Damit nehmen etwa zehn Prozent der Region die Hilfsdienste in Anspruch. Jede Dienstleistung kostet dort 10,50 Euro pro Stunde. Besonders nachgefragt wird die Unterstützung im Haushalt zum Beispiel beim Einkaufen. Auch die Hilfe bei kleineren handwerklichen Tätigkeiten wird gut angenommen. Insgesamt leisteten die Helfer in Syrgenstein im vergangenen Jahre gut 1800 Arbeitsstunden.