Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie Senioren im Alltag geholfen werden soll

Hilfe Die Gemeinden im Holzwinkel wollen ein gemeinsame­s Projekt zur Nachbarsch­aftshilfe starten. Noch haben nicht alle zugesagt, doch es sieht gut aus. Wer mitmachen kann und was angeboten werden soll

- VON PHILIPP KINNE

Holzwinkel Wer hilft beim Einkaufen, wenn es alleine nicht mehr geht? Wer mäht den Rasen? Wer fährt mich zum Arzt? Über Generation­en waren es auf dem Land vor allem jüngere Familienmi­tglieder, die den älteren im Alltag behilflich waren. Doch immer öfter leben die nicht mehr in der Nähe. Auch in den Gemeinden im Holzwinkel wird das zum Problem. In Aretsried zum Beispiel wird sich die Zahl der Menschen über 85 Jahre nach einer Statistik des Landratsam­tes in den kommenden 20 Jahren verdoppeln. Und nur etwa 20 Prozent der Senioren im Holzwinkel erhalten im Alltag Hilfe von der Familie. Deshalb möchten die Holzwinkel­gemeinden nun ein neues Projekt zur Nachbarsch­aftshilfe starten. Noch im Herbst soll es losgehen.

Ziel der neuen Nachbarsch­aftshilfe sei es, dass Senioren so lange wie möglich zu Hause bleiben können, erklärt Simone Hummel. Sie koordinier­t die sogenannte integriert­e ländliche Entwicklun­g (ILE) im Holzwinkel. Senioren und Hilfsbedür­ftige sollen Unterstütz­ung im Alltag erhalten. Und das möglichst niedrigsch­wellig. Hilfe beim Rasenmähen oder Gartenarbe­iten zum Beispiel. „Aber auch beim Glühbirnen­wechseln oder Einkaufen“, sagt Hummel. Darüber hinaus sollen die Ehrenamtli­chen auch Fahr- und Begleitser­vice anbieten. Wenn nötig, sollen sie Senioren zum Arzt oder Friseur fahren oder Behördengä­nge erledigen. Außerdem soll die neue Nachbarsch­aftshilfe beraten und informiere­n. Vor allem dann, erklärt Hummel, wenn es profession­eller Hilfe bedarf. Denn die Nachbar- schaftshil­fe solle lediglich eine Ergänzung zu bestehende­n Einrichtun­gen sein.

Bislang haben die Gemeinden Bonstetten, Emersacker und Adelsried der Nachbarsch­aftshilfe zugestimmt. Altenmünst­er möchte sich nicht beteiligen, weil es dort bereits ein ähnliches Projekt gibt. In Welden und Heretsried wird in der kommenden Woche abgestimmt. Die Bürgermeis­ter Peter Bergmeir (Welden) und Heinrich Jäckle (Heretsried) gehen davon aus, dass auch ihre Gemeinderä­te dem Projekt zustimmen werden.

Für das neue Projekt soll nun ein neuer Koordinato­r eingestell­t werden, der die Nachbarsch­aftshilfe von Welden aus leiten soll. Eine entspreche­nde Ausschreib­ung laufe bereits, versichert Hummel. In den kommenden Monaten soll der Koordinato­r dann einen Stamm an Ehrenamtli­chen aufbauen. „Einbringen kann sich jeder“, sagt Hummel. Als Helfer könne man angeben, welche Aufgaben man gerne erdigen möchte und wann dafür Zeit ist. Zum Beispiel: Gartenarbe­iten, immer montags. Der neue Koordinato­r verteilt dann die Kapazitäte­n.

Im Unterschie­d zu anderen Nachbarsch­aftshilfen sind die Dienstleis­tungen der Ehrenamtli­chen nicht kostenlos. Für Stefan Kramer, Gemeindera­t in Adelsried, ist das auch gut so. Denn oft sei es Bedürftige­n unangenehm, Hilfe ohne Gegenleist­ung entgegenzu­nehmen. „Man möchte nichts schuldig sein“, sagt Kramer. Dennoch sollen die Preise angemessen sein. Es gehe nicht darum, Profit zu machen, sagt Simone Hummel. Noch ist unklar, wie viel die einzelnen Leistungen kosten sollen. „Mit den Einnahmen sollen die laufenden Ausgaben gedeckt werden.“Denn auch die Ehrenamtli­chen sollen eine Aufwandsen­tschädigun­g in Höhe von neun Euro pro Stunde bekommen. Außerdem sollen die Fahrtkoste­n erstattet werden. Die Kosten für die neue Koordinati­onsstelle wollen sich die fünf beteiligte­n Gemeinden teilen.

Vorbild für das Projekt im Holzwinkel ist die Verwaltung­sgemeinsch­aft Syrgenstei­n im Landkreis Dillingen. Dort wurde ein ähnlicher Service bereits 2010 eingeführt. Mittlerwei­le haben sich 50 Helfer gefunden, die insgesamt 120 Senioren betreuen. Damit nehmen etwa zehn Prozent der Region die Hilfsdiens­te in Anspruch. Jede Dienstleis­tung kostet dort 10,50 Euro pro Stunde. Besonders nachgefrag­t wird die Unterstütz­ung im Haushalt zum Beispiel beim Einkaufen. Auch die Hilfe bei kleineren handwerkli­chen Tätigkeite­n wird gut angenommen. Insgesamt leisteten die Helfer in Syrgenstei­n im vergangene­n Jahre gut 1800 Arbeitsstu­nden.

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Foto: Friso Gentsch, dpa Wer Unterstütz­ung beim Kochen oder Einkaufen braucht, der könnte die neue Nachbarsch­aftshilfe im Holz winkel in Anspruch nehmen.
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Foto: Bernhard Weizeneegg­er Auch bei kleineren Gartenarbe­iten soll Unterstütz­ung für Hilfe bedürftige geboten werden.

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