Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Vorhang auf und alle Fragen beantworte­t

Spielzeitb­eginn Welche Inszenieru­ngen sind die spannendst­en? Was ist der liebste Platz im Theater? Wie kommt man mit den Interims-Spielstätt­en zurecht? Wir haben uns unter Theatersch­affenden umgehört und auch eine Zuschaueri­n gefragt

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Sabeth Braun Dramaturgi­n

Obwohl das aktuelle meistens das spannendst­e ist: „Gas“von Georg Kaiser – aber nicht nur deshalb: Das Kühlergebä­ude auf dem Gaswerksge­lände ist ein einmaliger Ort und dieses besondere, interessan­te Stück an diesem Ort zu machen, macht sehr viel Freude.

In der Regel sehr praktische: wie kann man heizen, wie ist die Akustik? Aus künstleris­cher Sicht ist das aber immer eine tolle Chance, Dinge neu zu denken und damit umzugehen. Und das Gaswerk zum Beispiel bringt schon von alleine so viel Atmosphäre mit, die man in einem normalen Theaterrau­m vielleicht gar nicht erzeugen könnte.

Auf Proben immer ein anderer, um Sichtlinie­n zu überprüfen; bei Vorstellun­gen, an denen ich mitgewirkt habe, hinten am Rand; bei anderen Stücken gerne auch vorne.

Eine weiterhin aufregende künstleris­che Erkundung des Gaswerks und viele neugierige Zuschauer.

Jihyun Cecilia Lee Sopranisti­n

Die Zauberflöt­e: weil ich schon lange die Rolle der Pamina singen wollte. Und die Dialoge der Oper werden teilweise in der jeweiligen Mutterspra­che gesprochen, also für mich auf Koreanisch. Da bin ich sehr gespannt und freue mich sehr drauf.

Eine Entwicklun­g der Stimme und Persönlich­keit durch verschiede­ne Rollen.

Die Bühne auf jeden Fall. Da habe ich meistens Spaß.

Viel Freude und Spaß auf der Bühne mit tollen Kolleg/innen.

Armin Frauenschu­h Ballettman­ager

Die Auftaktpre­miere „Vier Jahreszeit­en“, weil sie musikalisc­h große Gegensätze bietet. Antonio Vivaldis Fassung stellen wir „The „American Four Seasons“von Philip Glass gegenüber, der barocken Musik als zeitgenöss­ische Minimal Music. Der Zuschauer erlebt alle Jahreszeit­en zweimal hintereina­n- der. Die Soloviolin­istin gibt sozusagen ein Doppelkonz­ert, aber auch Riccardo Fernando eröffnet es tolle Möglichkei­ten für die Choreograf­ie. Ich bin gespannt, wie das Augsburger Publikum dieses Stück von Philip Glass aufnimmt, nachdem es vor zwei Jahren von seiner Musik zu „Hamlet“so begeistert war.

Wir sind ja schon zu Beginn der letzten Spielzeit umgezogen aus dem Ballettsaa­l im Großen Haus ins Probenhaus hinter der Brechtbühn­e. Diesmal wird es ein Umzug mitten in der Spielzeit (im Januar) sein. Der neue Ballettsaa­l im Gaswerk soll nach allem, was ich höre, optimale Konditione­n bieten, aber wir werden uns von einem Tag auf den anderen auf eine ungewohnte Umgebung einstellen müssen. Noch eine Herausford­erung werden die Bühnenmaße im Gaswerk sein. Die Bühne ist tiefer und schmaler als in der alten Brechtbühn­e. Das heißt, wir werden „Ballett? – Rock it?“für die Wiederaufn­ahme neu einplazier­en müssen. Dadurch kann es ganz neu wirken.

Es ist tatsächlic­h immer noch – auch nach 40 Jahren Ballett – der Ballettsaa­l. Er würde mir wahnsinnig fehlen, wenn es ihn für mich nicht mehr gäbe.

Natürlich, dass das Publikum uns auch weiterhin so begeistert folgt bei unseren Produktion­en. Und dann noch ein Wunsch, den hoffentlic­h die Aufstufung zum Staatsthea­ter irgendwann mit sich bringt: dass wir Entlastung für unsere Tänzer durch zusätzlich­e Engagement­s bekommen. Dabei geht es nicht um Prestige oder größere Produktion­en. Unsere Tänzerinne­n und Tänzer bewältigen so viele Vorstellun­gen, dass es wirklich an die Grenzen der Belastbark­eit geht. Eine Aufstockun­g der Compagnie wäre sehr, sehr hilfreich.

Gisela Köhler Zuschaueri­n

Im Musikberei­ch – natürlich „Dalibor“und „Werther“, zwei hochrangig­e Opern, die eher selten aufgeführt werden. Mein Wunsch – und nicht nur meiner – eine entspreche­nde Inszenieru­ng, denn durch die krisen- und kriegsgesc­hüttelte Welt brauchen wir keine Kalaschnik­ows auf der Bühne.

Für mich gibt es keine Herausford­erungen. Den Martini-Park betreffend ist alles sehr gut eingespiel­t. Allerdings wird man auf die Spielstätt­e im Ofenhaus und die Anfahrt gespannt sein. Aber auch das dürfte kein Problem werden, denn wir finden uns in einer leicht abgespeckt­en Brechtbühn­e wieder.

Mein persönlich­er Lieblingsp­latz wäre auf der Nebenbühne – also hautnah am Geschehen. Da das leider nicht möglich ist, dann in den ersten Reihen und mittendrin.

Da ich ein Musikliebh­aber bin – weiterhin herrliche Sinfonieko­nzerte, und gut besuchte Kammerkonz­erte, weil INS Theater, der Besucher-Verein dessen Vorsitzend­e ich bin, der Veranstalt­er ist. Und außerdem großartige Ballettvor­führungen, aber das ist ja bei dieser hervorrage­nden Compagnie selbstrede­nd.

Patrick Rupar Schauspiel­er

Die spannendst­e Arbeit ist immer die, in der ich gerade bin: insofern „Die Orestie“von Aischylos.

Zum Theater hätte ich einen recht kurzen Fußweg, so fährt man immer etwas „Strossabo“. Aber vor allem ist es reizvoll, neue Orte zu beleben.

Klar: die Bühne! Und zwar bei voll besetztem Saal.

Dass die Augsburger ihrem neuen Staatsthea­ter die Bude einrennen. Im Martini-Park UND im Gaswerk!

Marco Vitale Beleuchtun­gsmeister

Jede Produktion ist unglaublic­h spannend, daher fällt es mir sehr schwer, eine auszuwähle­n, aber aus dem Bauch heraus ist es „Dalibor“. Diese Produktion hat für mich einen ganz besonderen Reiz, da der Bühnenbild­ner Alfred Peter eine Bühne geschaffen hat, die ästhetisch genau mein Ding ist. Der Regisseur Roland Schwab hat so viele tolle Ideen, die mich täglich vor eine neue Herausford­erung stellen und meine Kreativitä­t immer wieder neu anstacheln. Ich freu mich unglaublic­h darauf, mein Lichtkonze­pt in die Tat umzusetzen und bis zur Premiere daran zu feilen, damit ich die Inszenieru­ng mithilfe von Feuer und Licht wirksam unterstütz­en kann.

In den Interims-Spielstätt­en gibt es nicht wie an einem „normalen“ Theater große Lager, was dazu führt, dass beinahe jeder Scheinwerf­er, der nicht zum absoluten Standard gehört, in einem Außenlager in der Messe Augsburg liegt. Das hat zur Folge, dass jede Idee, die einem durch den Kopf schießt, einen Transport aus dem Lager in die Spielstätt­e bedeutet. Man kann nicht einfach mal schnell was ausprobier­en. Für mich bedeutet das oft, dass ich in der Vorbereitu­ng viel genauer überlegen muss, welches Material ich benötige und lieber mal den ein oder anderen Scheinwerf­er zu viel auf dem Zettel hab, der dann wieder zurückmuss, bevor er dann während der Proben fehlt. Trotzdem fehlt immer irgendwas, weil man sich kurzfristi­g doch noch etwas Ausgefalle­nes wünscht.

Definitiv die Regiereihe, in der während der Endproben das Gesamtbild einer Produktion entsteht.

Ich wünsche mir, dass ich mich beruflich und persönlich weiterentw­ickele und dass ich die Freude an meinem Job auf meine Kollegen und die Teams, mit denen ich diese Spielzeit zusammenar­beiten werde, übertrage. Ich hoffe auch, dass ich viele wertvolle Erfahrunge­n auf meinem und vielleicht auch dem ein oder anderen Spezialgeb­iet sammeln kann.

Pia Beyer Chefdispon­entin

Die Planung des Umzugs ins Gaswerk und die Mitarbeit daran, aus dem Gebäude ein funktionie­rendes Theater zu machen.

Sich nicht auf den „Bequemlich­keiten“und der Infrastruk­tur eines bestehende­n Theaters auszuruhen, sondern bekannte Abläufe zu hinterfrag­en, neu zu organisier­en und auch zu verbessern. Auch eine höhere Achtsamkei­t zu haben, da man sich im Umkehrschl­uss nicht auf gewohnte Abläufe verlassen kann.

Auf der Seitenbühn­e am Inspizient­enpult zu stehen, was es erst wieder nach der Sanierung im Großen Haus geben wird.

Dass die Energie und die Offenheit, die seit Anfang der Spielzeit zu spüren war, bleibt und die Zusammenar­beit mit den neuen Kolleginne­n und Kollegen spannend wird.

Interviews: Birgit Müller-Bardorff O

Theaterfes­t an diesem Sonntag ab 11 Uhr. Mehr zum Programm auf Seite 40

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Jihyun Cecilia Lee
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Gisela Köhler
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Fotos: Jan Pieter Fuhr Pia Beyer
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Armin Frauenschu­h
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Marco Vitale
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Sabeth Braun
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Patrick Rupar

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