Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Diesel: Merkel sagt Hardware, Porsche sagt Servus
Abgase Während ein Gipfel in Berlin noch um Konsequenzen aus den Skandalen ringt, zieht ein Autobauer selbst welche
Berlin Die Bundesregierung will bis Ende dieser Woche mit den deutschen Autoherstellern Klarheit über weitere Maßnahmen gegen DieselFahrverbote schaffen. „Wir wollen sehr zeitnah Entscheidungen treffen“, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer am Sonntagabend nach einem Treffen der Spitzen der Autoindustrie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Der CSUPolitiker sagte, es werde sehr konkret werden, es sei auch über Hardware-Nachrüstungen an älteren Dieselautos gesprochen worden.
Angela Merkel soll sich unterdessen festgelegt haben, ältere Fahrzeuge mit Stickoxid-Katalysatoren nachrüsten zu lassen. Sie habe Scheuer zur Vorlage einer gesetzlichen Lösung aufgefordert, damit umgerüstete Wagen der Euro5-Klasse in Verbotszonen fahren dürfen, so drang aus der Runde durch. Scheuer hat rechtliche, technische und finanzielle Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen. Sein Haus sieht wenig Möglichkeiten, älteren Diesel-Autos mit einem nachträglich eingebauten Abgasfilter Fahrten durch Städte mit hohen Stickoxid-Werten zu ermöglichen. Der CSU-Politiker drängt Hersteller zu Anreizen, damit mehr Besitzer ihre älteren Diesel gegen ein saubereres Auto umtauschen. Auch die Hersteller lehnen bisher HardwareNachrüstungen ab.
Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, sagte nach der Runde: „Jetzt wird innerhalb der Bundesregierung weiter gesprochen, und die einzelnen Automobilhersteller werden das Gleiche tun.“Wie Mattes betonte auch CSU-Mann Scheuer allerdings, oberste Priorität habe die Erneuerung der Dieselflotte. Dahinter steht der Ansatz, dass Kunden ältere Dieselautos umtauschen in neuere Fahrzeuge. „Die Priorität ist auch ganz klar: Erneuerung der Flotte, um die besseren Werte zu erreichen in den Innenstädten.“
Jetzt kündigte Scheuer immerhin zugleich schon mal ein Angebot zur Hardware-Nachrüstung auch für Handwerker und Lieferdienste in betroffenen Städten an. Er forderte zudem die Kommunen auf, die Fördermöglichkeiten und Angebote des Bundes für Maßnahmen zur Luftverbesserung zu nutzen. Er appellierte auch an ausländische Autohersteller. Diese seien ebenfalls in der Pflicht. Scheuer sprach von dem gemeinsamen Willen für eine gute Lösung, um betroffenen und verunsicherten Bürgern eine Botschaft geben zu können. Innerhalb der Bundesregierung werde über „verschiedene Maßnahmen“gesprochen.
An dem Treffen im Kanzleramt hatte auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) teilgenommen. Union und SPD streiten seit Wochen über Maßnahmen gegen zu hohe Stickoxid-Belastungen in zahlreichen Kommunen sowie den Umgang mit älteren Dieselfahrzeugen, die wegen Manipulationen der Hersteller viel mehr Stickoxid ausstoßen als angegeben. Merkel wollte bis Ende September eine gemeinsame Linie der Bundesregierung zu HardwareNachrüstungen für Diesel-Fahrzeuge mit hohem Schadstoff-Ausstoß erreichen. Nächste Woche sollen die Gespräche weitergehen.
Der Sportwagenbauer Porsche zieht unterdessen selbst Konsequenzen, auch angesichts sinkender Diesel-Absatzzahlen Konsequenzen. Als erster deutscher Autokonzern steigt die VW-Tochter aus dem Diesel aus. „Von Porsche wird es künftig keinen Diesel mehr geben“, sagte Vorstandschef Oliver Blume.
Porsche will nach eigenen Angaben den Markenkern stärken und sich intensiver im Bereich Hybridtechnologie und Elektromobilität engagieren. Porsche wolle sich künftig auf das konzentrieren, was das Unternehmen gut könne, sagte Vorstandschef Blume der „Bild am Sonntag: „Das sind emotionale, leistungsstarke Benziner, Hybride und ab 2019 werden es auch reine Elektrofahrzeuge sein.“
Porsche habe nie selbst Dieselmotoren entwickelt und produziert, sagte Blume. „Dennoch hat das Image von Porsche gelitten. Die Dieselkrise hat uns viel Ärger bereitet.“Schon seit einiger Zeit bietet der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen keine Diesel-Motorisierungen für seine Baureihen mehr an. Doch war offen geblieben, ob dies auf Dauer so bleibt.