Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Altes Schulhaus: 1000 neue Schüler statt Abriss
Bildung In Neusäß hat die Berufsschule seit einem Jahr ein neues Gebäude. Doch das alte wird noch dringend benötigt. Nicht nur für zwei Augsburger Schulen, die dort übergangsweise untergekommen sind
Neusäß Ein paar Bilder an den Wänden erinnern noch daran, wer früher in dieser Schule war: Berufs- und Fachoberschüler aus Neusäß wurden in den Räumen jahrzehntelang unterrichtet. Jetzt sitzen Schüler der Frère-Roger-Schule aus Oberhausen auf der Bühne und tragen ein Trommelstück vor, anschließend singt der Chor der Prälat-SchilcherBerufsschule aus dem Univiertel. Die beiden Augsburger Schulen mit ihren insgesamt rund 1000 Schülerinnen und Schülern sind über die Sommerferien aus ihren Gebäuden aus- und in Neusäß eingezogen. Über 30 Jahre alt sind inzwischen ihre jeweiligen Schulen, eine Sanierung ist dringend nötig, so Markus Mayer, Direktor der katholischen Jugendfürsorge (KJF), zu der beide Schulen gehören.
Weil solch eine Sanierung im laufenden Betrieb jedoch teuer und langwierig ist, sei die Möglichkeit des Umzugs in das ehemalige Neusässer Berufsschulzentrum, wenn
Dank der Miete kann eine Tiefgarage gebaut werden
nicht eine Fügung, so doch zumindest eine Win-win-Situation, sagte Mayer jetzt zur Einzugsfeier. 60 Millionen Euro investiert die KJF in die Sanierung ihrer Schulen und die Nutzung des Ausweichquartiers.
Nicht nur die Miete, mehrere Millionen Euro, kommt dem Landkreis Augsburg, dem Besitzer der Schule, zugute. Vor einem Jahr waren die Neusässer Berufsschüler aus- und in ihr neu gebautes Schulgebäude ein paar Hundert Meter weiter eingezogen. Die rund 2500 Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte hatten in dem Altbau einfach keinen Platz mehr. Ursprünglich sollten die Schule dann abgerissen und das Grundstück für Wohnungen und die Entwicklung des Neusässer Zentrums genutzt werden. Doch dass es dazu nicht so bald kommen wird, war schon bald klar. Denn zum Neusässer Schulzentrum gehören neben der Berufsschule mit einer stetig wachsenden Fach- und Berufsoberschule (FOS/ BOS) auch ein Gymnasium und eine Realschule. Das Justus-von-LiebigGymnasium ist nicht mehr das jüngste, mit seinen über 50 Jahren steht für das Gebäude eine vollständige Sanierung ab 2022 an. Auch dann soll die alte Berufsschule als Ausweichquartier genutzt werden. Nun steht sie bis dahin nicht leer, bis 2020 sind die Frère-Roger-Schüler vor Ort, bis 2022 auch die PrälatSchilcher-Berufsschüler.
Stefan Düll, Direktor des Neusässer Gymnasiums, hat sich das Schulgebäude schon angesehen. Er glaubt, dass seine derzeit rund 820 Gymnasiasten in der ehemaligen Berufsschule dann gut Platz finden bis zum Jahr 2025, wenn das eigene Gebäude wieder zur Verfügung stehen soll. Schließlich sollen auch noch Lernpavillons aufgestellt werden, eventuell könnten dort die natur- wissenschaftlichen Fachräume untergebracht werden. Oder das Gymnasium nutzt die ehemalige Schulküche der Fachschule für Ernährung, hat sich Düll überlegt, das ginge auch.
Àber wenn 2025 das Gymnasium fertig saniert sein soll, geht es am Schulzentrum mit der Realschule weiter. Die soll zwar nicht in die ehemalige Berufsschule umziehen, aber endlich den lange erwarteten Anbau bekommen. „Da sind wir wirklich froh und so lange schaffen wir es auch noch mit den Containern“, sagt Schulleiter Franz Bohn. Weil rund um das Schulzentrum mit seinen insgesamt 4500 Schülern unter anderem Parkplätze fehlen, kommt dann auch eine Tiefgarage unter den neuen Anbau, vielleicht sogar auch unter den Pausenhof des Gymnasiums.
Dafür soll übrigens das Geld aus den Mieten der Augsburger Schulen verwendet werden, ist Bürgermeister Richard Greiner zufrieden. Er sagt, seine Stadt konnte und wollte sich der Anfrage nach der Zwischennutzung des Schulgebäudes nicht verweigern. Weil in der Stadt aktuell ohnehin neue Wohnungen auf dem Sailer- und bald auch auf dem Schusterareal entstünden, könne man die Verzögerung in der Stadtentwicklung verschmerzen. „2025 ist dann aber eine Deadline“, macht er klar.
Nur Gewinner also? Nicht ganz. Eine Schule macht sich dennoch Sorgen. Schaut man genau hin, so war die ehemalige Berufsschule bis Ende vergangenen Schuljahres gar nicht leer. Eine ganze Reihe von Klassenräumen wurden von der Neusässer Berufsschule weiter genutzt, vor allem für die Integrationsklassen junger Flüchtlinge. Auch in diesem Schuljahr konnten im neuen Gebäude nicht alle Klassen des Berufsschulzentrums untergebracht werden, im Justus-von-Liebig-Gymnasium werden aktuell zehn Klassenräume genutzt, vor allem von der FOS. „Wie das werden soll, wenn das Gymnasium saniert wird, wissen wir nicht“, hat stellvertretender Schulleiter Rainer Bartl schon heute konkrete Befürchtungen.