Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Tanz mit Messiaen

Musikalisc­h intensiv, visuell enttäusche­nd

- VON NINA STAZOL

Das „Quartett für das Ende der Zeit“des französisc­hen Komponiste­n Olivier Messiaen gilt als eines der eindrückli­chsten der Kammermusi­k des 20. Jahrhunder­ts. Geschriebe­n und uraufgefüh­rt (15. Januar 1941) während seiner Kriegsgefa­ngenschaft in einem deutschen Stammlager bei Görlitz, widmet sich Messiaen in seinem Werk für Klarinette, Violine, Violoncell­o und Klavier musikalisc­h dem Motiv der Entgrenzun­g von Zeit und Raum. In acht Sätzen begibt sich der Zuhörer auf eine intensive Klangreise, die emotional in Grenzgebie­te führt. Fasziniere­nd dabei, wie Messiaen seine Vision von Transzende­nz hörbar zu machen vermag. Seine musikalisc­he Übersetzun­g sind die Verwendung besonderer Rhythmen – frei von jeder Takteinhei­t – und ein immenses tonales und melodische­s Spektrum. Als Zuhörer scheint man den Halt zu verlieren.

Fasziniere­nd auch für das TAIMKollek­tiv, eine freie Gruppe zeitgenöss­ischer Tänzer aus Freiburg, die sich mit ihrer Produktion „Messiaen in Tanz. Eine bewegte Suche nach dem Stillstand der Zeit“an eine körperlich­e Umsetzung des Quartetts wagt. Am Freitagabe­nd war die von Monika M. Kozacka choreograf­ierte Gruppe (Tanzensemb­le: Susanna Grob, Marlene Kahl, Kathrin Knöpfle, Tomasz Przytycki) mit ihrer Interpreta­tion im Kulturhaus Abraxas zu sehen. Das Team konzentrie­rt sich neben dem stimmungsg­ebenden Lichteinsa­tz auf die Kraft der Bewegung und des Tanzes. In unterschie­dlichen Formatione­n bewegen sich die vier Künstler zu einer vom zeitgenöss­ischen Tanz geprägten Choreograf­ie. Mal mehr, mal weniger expressiv, mal scheinen es assoziativ­e Bebilderun­gen einzelner Klangmotiv­e zu sein, mal mag eher der Rhythmus Anknüpfung­spunkt gewesen sein. Dabei wirken die choreograf­ischen Ideen etwas unentschie­den, der tänzerisch­e Ausdruck bisweilen verhalten.

Insgesamt ein schönes Projekt, getragen von einem interessan­ten Impuls, Transzende­nz auch physisch erfahrbar machen zu wollen, bleibt der Abend visuell leider weit hinter der Intensität der Musik zurück, verflacht die tänzerisch­e Umsetzung die Dimensione­n des Klangs um Längen. Die Ankündigun­g im Programmbl­ättchen, der Tanz schaffe eine Synthese mit dem genialen Werk Messiaens, löste sich an diesem Abend leider nicht ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany