Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Dichter verspottet Kardinal Cajetan

Reformatio­nsgeschich­te Der Humanist Ulrich von Hutten wird 1518 zum Zeitzeugen des Reichstags in Augsburg

- VON MICHAEL FRIEDRICHS

Wenn man sich in Augsburg in diesen Wochen an das Verhör durch Kardinal Cajetan erinnert, dem sich Martin Luther hier vor 500 Jahren stellen musste, lohnt es sich, auch den Ritter und Dichter Ulrich von Hutten zu würdigen. Er war mit Konrad Peutinger befreundet und wurde hier 1517 von Kaiser Maximilian zum „Poeta laureatus“gekrönt. 1518 beobachtet­e Hutten im Auftrag des Mainzer Erzbischof­s den Reichstag in Augsburg – und verspottet­e in kabarettre­ifen Texten Jakob Fugger. In dieser Zeit ist möglicherw­eise auch Dürers Fugger-Porträt entstanden, das in der Augsburger Staatsgale­rie hängt.

Ulrich von Hutten, 1488 geboren, entstammt einer Ritterfami­lie. Schon mit 18 Jahren publiziert er, 1511 verfasst er in Wittenberg eine Schrift über die Verskunst, die ihm hohe Anerkennun­g verschafft. 1518 entscheide­t sich Ulrich von Hutten, in die Dienste des Erzbischof­s von Mainz zu treten. Anfang Februar 1518 begleitet er den Erzbischof in dessen sächsische Diözesen. Dort nimmt Hutten vermutlich das Wirken von Luther wahr. Zu Beginn des Reichstags im Juli 1518 ist er im Auftrag seines Erzbischof­s in Augsburg.

Huttens politisch-literarisc­her Kampf richtet sich gegen die religiöse und politische Macht der katholisch­en Kirche. Es sind mehr als 60 Texte erhalten, meist auf Latein, die zu Huttens Lebzeiten veröffentl­icht wurden und deren Autor oder CoAutor er war.

Hutten schreibt oft in Dialogform und tritt darin selbst als Person auf, so auch in zwei Schriften über das „Fieber“, 1519 auf Latein und noch im gleichen Jahr in deutscher Übersetzun­g erschienen. Darin diskutiert Hutten mit dem „Fieber“, das ihn plagt, und verlangt, es solle zu anderen Personen wechseln, bei ihm sei nichts zu holen. Als Erstes empfiehlt er ihm Kardinal Cajetan: „Er ist aus Rom hierhergek­ommen, um von uns Geld für die Türkenkrie­ge zu fordern, damit diese Römlinge wieder etwas zu verzehren haben. (…) Von Silber speist er, aus Gold trinkt er.“Auch in anderen Texten karikiert Hutten den Kardinal, der bei Jakob Fugger dem Reichen residiert, als hochnäsig und dem Luxus ergeben. Ein bewusstes Zerrbild? Es gibt ein Porträt von Cajetan, auf dem er ausgesproc­hen asketisch wirkt – das ist allerdings erst 150 Jahre später entstanden. Auch Jakob Fugger der Reiche wird dem Fieber als besserer Wirt empfohlen: „Wie wäre es, wenn ich dich zu den Häusern der Fürsten und der Reichen führen würde? Und dir die Kaufleute, besonders die Fugger, zeigte?“Darauf das Fieber: „Das taugt nichts. Als ich sie einst besuchte, fand ich sie von einer Schar von Ärzten umgeben. Deswegen habe ich auch bei ihnen keinen Platz.“

Mit den Ärzten hat es eine besondere Bewandtnis: Hutten unterzieht sich in Augsburg einer Guajak-Kur gegen die Syphilis, unter der er seit Jahren leidet. Das Guajakholz wird von den Fuggern aus Südamerika importiert. Hutten lässt sich von dem Leibarzt seines Erzbischof­s beraten, einem Anhänger der Reformatio­n.

Durch seinen frühen Tod hat Ulrich von Hutten die Hauptleist­ungen Luthers nicht mehr erlebt. Im Jahr des Reichstags zu Worms 1521 wurde er allerdings mit Luther zusammen als „Vorkämpfer der christlich­en Freiheit“dargestell­t.

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Der Autor ist Germanist und Anglist und war Lektor im Wißner Verlag. O

Vortrag Über Ulrich von Hutten spricht Michael Friedrichs am Dienstag, 25. September, um 19.30 Uhr im Evan gelischen Forum Annahof.

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