Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wahlkampf mit starken Sprüchen
Politik Wie CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Juso-Chef Kevin Kühnert bei den Augsburgern ankamen. In der Fußgängerzone läuft der Wettbewerb um Wählerstimmen nicht ganz reibungslos
Sie kommt in Freizeitkleidung und macht kein Aufheben um ihre Person. Doch Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine Politikerin, die mit eindringlichen Worten Kampfgeist wecken kann. Und davon will die Generalsekretärin der CDU der Augsburger CSU bei ihrem Besuch am Samstag eine gute Portion mitgeben.
Der Landtagswahlkampf in Bayern geht in den Endspurt. Der Wettbewerb um Wählerstimmen läuft auf Hochtouren, auch am Wochenende in Augsburg. Aber welche Partei kämpft wo? Und hören die Leute den Politikern überhaupt zu? Wir haben uns umgesehen.
Bei der Augsburger CSU hat man sich angesichts bayernweit niedriger Umfragewerte für die Partei dazu entschlossen, die Generalsekretärin der Schwesterpartei CDU zum Gespräch zu holen, um Stärke zu demonstrieren. Kramp-Karrenbauer steht selbst für Erfolg in einer schwierigen politischen Lage. Als Ministerpräsidentin im Saarland ihr 2017 eine Wahlschlappe, als die SPD ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz auf den Schild hob. Dennoch gelang ihr mit einem engagierten Wahlkampf bis zur letzten Minute ein überraschend deutlicher Wahlsieg. Sie sagt in der Augsburger Schlachthof-Gaststätte im Gespräch mit Kandidaten und Parteifreunden: „Das muss auch in Bayern möglich sein.“
Die Parteimanagerin macht aber auch deutlich, dass mehr Geschlossenheit zwischen CDU und CSU nötig sei. „Wir sind Schwesterparteien und sollten uns nicht wie Kain und Abel aufführen.“Hinter den Kulissen könne man streiten, bis die Fetzen fliegen, aber nach außen müsse Geschlossenheit herrschen. Nach der langen Hängepartie bis zur GroKo sei nun Sacharbeit wichtig. „Die Menschen erwarten, das wir die Ärmel hochkrempeln und arbeiten.“Offenkundig weckt Kramp-Karrenbauer Hoffnungen: Ein Ergebnis über 40 Prozent sei durchaus drin, vielleicht auch mehr, glaubt Andreas Jäckel von der Augsburger CSU.
Schauplatzwechsel: In der Augs- burger Fußgängerzone läuft der Wahlkampf an zahlreichen InfoStänden. Neben der CSU sind dort auch viele andere Parteien präsent. Besonders intensiv wird am Stand bei der AfD diskutiert. Ein Passant fordert, die Partei müsse sich deutlich von rechtsextremen Personen und Positionen distanzieren. Ein anderer Passant ruft im Vorbeigehen, es sei gut, dass es die AfD gebe. Am Stand sagt Andreas Jurca, Beschimpfungen sei man gewohnt, vor allem von jungen Linken. Viele Plakate der Partei würden in Augsburg beschädigt. „Viele Leute bedanken sich aber auch bei uns, dass wir Gesicht zeigen für die Partei.“
Nebenan am Info-Stand der Bayernpartei geht es ruhiger zu. Dort berichtet Helmut Kellerer, was ihm auffällt. „Viele Bürger suchen politisch nach anderen Möglichkeiten, wo sie ihr Kreuzchen machen können.“Die Unzufriedenheit mit großen Volksparteien, die nicht mehr auf ihr Volk hören, sei spürbar. Ein Mann kommt vorbei, um sich das Wahlprogramm zu holen. Er gehöre zwar einer anderen Partei an, erdrohte zählt er, wolle aber gut informiert sein. Beim Blick auf die Infostände rundherum meint der Passant: Früher, in den 1970/80 er Jahren, sei im Augsburger Straßenwahlkampf deutlich mehr los gewesen als heute. Damals habe es große Ansammlungen von Menschen an den Ständen gegeben. Über politische Themen sei heftig diskutiert worden, etwa über den NATO-Doppelbeschluss oder über Atomenergie. Sein Eindruck: „Heute hat das Interesse an Politik stark abgenommen.“
Ein paar Meter weiter haben sich die Liberalen mit einem Info-Stand postiert. Er steht direkt vor einem der Straßenklaviere, die fast immer von Zuhörern umlagert sind. Die Musik mit Publikum im Hintergrund sei ein schöner Nebeneffekt, finden die Jungen Liberalen. Passanten an den Stand zu locken, sei aber nicht ganz einfach. „Viele gehen vorbei, etliche sagen auch, dass sie schon Briefwahl gemacht haben.“Und wenn man doch ins Gespräch kommt? Guido Immler sagt, sehr oft sei die Wohnungspolitik Thema.
Auf den Rathausplatz kommt an diesem Abend dann noch ein bekannter junger Politiker der SPD: Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert. „Kevin will dorthin gehen, wo die jungen Leute sind“, heißt es bei den Augsburger Sozialdemokraten. Das Publikum sitzt praktischerweise schon auf den warmen Pflastersteinen vor der kleinen Bühne. Es gibt keine stundenlange Politikerrede. Die Jusos setzen auf eine bunte Politiker-Show. Kühnert malt Bilder, Besucher müssen die Begriffe erraten. Kühnert bekommt Bilder gezeigt und muss spontan sagen, was ihm dazu einfällt. Zu einem Bild von Innenminister Horst Seehofer sagt Kühnert: „Nach seinen eigenen Spielregeln gehört er abgeschoben aus Berlin, wir können ihn nicht mehr brauchen.“Vielleicht gebe es für ihn daheim einen Job als Gärtner. Für Kühnert, die Kandidaten Margarete Heinrich und Harald Güller gibt es Applaus. Aber als man in einer lockeren Diskussionsrunde über politische Themen redet, wird es kühl und dämmrig. Nur noch wenige Zuhörer bleiben da.