Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mitfeiern im Martini Park
Fest Zum Beginn der neuen Spielzeit lädt das Theater traditionell zu einer großen Sause ein. Dass in der Interim-Phase sonst alles anders ist, stört die Besucher und das Publikum nicht. Im Gegenteil
Los geht’s mit dem Philharmonischen Chor auf der großen, überdachten Bühne im Martinipark. Es folgt eine Preview zur aktuellen Probenarbeit des Ballettensembles und die „Ode an die Freude“des Gymnasiums Maria Stern. Das Theaterfest 2018 stieg bei stabilem Wetter und beinah sommerlichen Temperaturen.
Am Eingang zum Martini-Gelände, der Interimsspielstätte des Staatstheaters Augsburg, hat sich das Kinderprogramm breitgemacht: hölzerne Vorlesehütte, Spielwiese mit Hüpfburg und Schminken. Bei Ute Legner von Mehr Musik lässt es sich lauschen und malen. Die Künstlerin hat die Stücke, die in dieser Spielzeit im Theater Auftritte haben werden, gesampelt. Unter und einer Augenbinde lauschen Kinder der Musik und malen, was sie hören.
Bernhard ist mit Tochter Amelie, 8 Jahre, unterwegs. Sie kennen Theater, haben sogar ein Kinderabo. Amelies letztes Stück im Großen Haus war Sindbad. „Da waren wir in der ersten Reihe, ganz nah“, sagt das Mädchen. Und wie gefällt es ihr im Martinipark? Hier hat sie schon Momo gesehen. Auch gut, sagt sie, vor allem, weil sie einmal mit ihrem Vater und einmal mit der Schule rein gehen konnte.
Bernhard selbst begrüßt die Öffnung für Publikum, neue Formate und freie Ensembles in der Stadt, die mit dem Spielstättenwechsel eingeläutet wurde.
Anton Dembinski steht im Publikum auf der Wiese. Chorprobe. Er hat ebenfalls ein Abo und findet den Martinipark gut, auch wenn er sich darauf freut, wieder ins Große Haus gehen zu können. Für Leif Eric Young, den künstlerischen Leiter des freien Theter Ensembles, ist jeder Raum gut, in dem Theaterkunst laufen kann, ob pompös oder mit Industriecharme.
Mit einem Dutzend junger Mitglieder, einem Trommel-Einmarsch und dem Fangesang „Wir sind Staatstheater!“beteiligt sich das Theter Ensemble am diesjährigen Theaterfest. Ihr Motto für die aktuelle Spielzeit, das sie hier erstmals unters Volk bringen, lautet: „Theater Ultras“. Man wolle VerbindunKopfhörern gen zu den Ultras des FCA aufbauen und zusammen kreativ an bisher fehlenden Überschneidungen zwischen Theater- und Fußballwelt arbeiten, erklärt Theter-Vorsitzende Franziska Pux. Fürs Theaterfest haben sie außer diesen Infos erst einmal eine Lesekiste mitgebracht. Mit rotem Vorhang und Platz für den Vorleser, einen Zuhörer und Tucholsky.
Stephan Klopfer kommt grad vom Speeddating mit Schauspielern. Aufgereiht sitzen bis zu acht Darsteller gleichzeitig dort, ihnen gegenüber je ein neugieriger Besucher. Wenn es gongt, wird gewechselt. „Interessante Sache. Das öffnet den Betrieb zum Zuschauer hin. Wenn man hier Hintergrundinfos erfährt – wie bereiten die sich auf ein Stück vor, wie lernt man auswendig und wo – ist der Zugang zum späteren Stück auch gleich viel einfacher“, sagt Klopfer.
Er wohnt im Spickel und ging schon als Kind mit seinen Eltern ins Theater. Dass der Betrieb jetzt bei ihm um die Ecke stattfindet, ist sowieso toll, und Probleme hat er mit der neuen Spielstätte keine. Im Gegenteil: Er beobachtet das Improvisieren, das Wachsen des neuen Ortes und seiner Funktion mit sehr viel Sympathie. „Es macht Spaß zu sehen, was das Team aus den Möglichkeiten macht“, findet er. Dass es jetzt „Staatstheater“heißt, hat für ihn noch keine überragende Bedeutung. „Für mich wird es wohl immer ein Stadttheater bleiben.“
Draußen, auf der Open-Air-Bühne, gibt Intendant André Bücker vor etwa 100 Zuschauern jetzt den Auktionator. „Vier wunderbare Geier! Aus dem Freilichtbühnenstück ‚Annie get your Gun‘ von 2005. Wir starten mit 15 Euro, wer macht den Anfang“, legt Bücker los.
Der erste geht für 26 Euro weg, den zweiten holt sich Philipp Jahn, 7 Jahre. Vor seiner Hütte soll der lebensgroße Vogel Wache halten, erklärt der Junge auf Nachfrage.