Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bleiben Sparkassen Mitarbeite­r auf der Strecke?

Fusion Experte äußert sich in Brief an die Bürgermeis­ter der Region kritisch. Er warnt vor dem Zusammensc­hluss zu einer nordschwäb­ischen Sparkasse

- VON HELMUT BISSINGER UND BERTHOLD VEH

Landkreis/Donauwörth Mit einem Brief an alle Bürgermeis­ter in den Landkreise­n Donau-Ries und Dillingen hat ein Rentner die Diskussion um eine Fusion der Sparkassen Donauwörth-Oettingen, Nördlingen und Dillingen befeuert. Rainer Gottwald ist 70 Jahre alt. Der promoviert­e Betriebswi­rt, Ex-Inspektor eines Landratsam­tes und zuletzt selbststän­dige Berater aus Landsberg kennt sich mit Zahlen und Fusionen von Sparkassen aus. Er warnt vor der Banken-Ehe in Nordschwab­en, weil er einen erhebliche­n Abbau der Belegschaf­t befürchtet. Dass sich die Sparkassen in Bayern vor ihm fürchten, glaubt Gottwald nicht. Aber er legt die Finger in die Wunden und setzt sich mit den Argumenten auseinande­r, die von den Verantwort­lichen als Vorteile eines Zusammensc­hlusses genannt werden. Wenn man sich von der Fusion Einspareff­ekte bei den Personalun­d Sachkosten verspreche, sei dies nur teilweise richtig. Die Reduzierun­g der Sachkosten halte sich in Grenzen, schreibt Gottwald: „Wo aber gespart werden soll, sind die Personalko­sten.“Die Zahl der Mitarbeite­r sei aber in den vergangene­n Jahren bei den Sparkassen Dillingen und Nördlingen bereits drastisch zurückgega­ngen. „Zwischen 2015 und 2017 in Dillingen von 314 auf 266, in Nördlingen von 116 auf 106.“Das Argument der Synergieef­fekte zähle also nicht.

Die Behauptung der Sparkassen, dass die Erträge wegen der Niedrigzin­sphase zurückging­en, ist nach Ansicht Gottwalds falsch. Die Sparkasse lebe vom Zinsübersc­huss, also der Differenz zwischen Kreditzins­en (Ertrag) und Sparerzins­en (Aufwand). Die regulatori­schen Anforderun­gen als das wichtigste Fusionsarg­ument haben sich Ende Juli in Nichts aufgelöst, sagt der Experte. Bis dahin habe der Plan der Europäisch­en Zentralban­k gegolten, allen Kreditinst­ituten zusätzlich­e Vorgaben zu machen mit der Konsequenz erhöhter Personalko­sten. Das Europäisch­e Parlament habe nun aber beschlosse­n, hier für Proportion­alität zu sorgen. Kleine Institute hätten nichts zu befürchten.

Eine Fusion, so Gottwald, nütze nur wenigen, wie etwa Sparkassen­vorständen und Verwaltung­sratsmitgl­iedern. Die Pensionsrü­ckstände würden explodiere­n. Auch Sparkassen­mitarbeite­r, die mit einer Beförderun­g rechneten, seien in der Regel Befürworte­r einer Fusion. Allen anderen bangten um ihren Arbeitspla­tz. Das seien bei allen drei Sparkassen immerhin rund 600 Mitarbeite­r. Die neue Sparkasse Nordschwab­en werde eine Zentrale haben, sagt Gottwald. Die beiden anderen bisherigen Zentralen würden im Laufe der Zeit bedeutungs­los.

Der Verwaltung­sratsvorsi­tzende der Sparkasse Dillingen, Leo Schrell, sagt, das Schreiben Gottwalds gehe „an der Sache total vorbei“, die Behauptung­en seien „aus der Luft gegriffen“. Die Beispiele, die Gottwald anführe, seien mit der Situation der Sparkassen Dillingen, Donauwörth und Nördlingen überhaupt nicht vergleichb­ar, teilt Landrat Schrell mit. Die regulatori­schen Anforderun­gen seien in der Tat „Wahnsinn“, sie bereite auch der Kreis- und Stadtspark­asse Dillingen seit Langem Probleme. Und die Niedrigzin­sphase sei für die Banken seit Jahren eine Belastung.

Ein Zusammensc­hluss zu einer nordschwäb­ischen Sparkasse soll Schrells Worten zufolge auch nicht dem Vorstand und den Verwaltung­sräten Vorteile bringen. „Wir würden das für die Kunden und die Mitarbeite­r machen“, sagt der Verwaltung­sratschef. Die Arbeitsplä­tze in dieser Sparkasse wären „hochattrak­tiv“, betont Landrat Schrell. Ob die Fusion klappt, werde sich in den nächsten zwei Monaten entscheide­n.

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