Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Müssen auch Fahrer für die Hardware Nachrüstun­g zahlen?

Abgas Affäre Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat mit dem Gedanken gespielt, die Autobesitz­er zur Kasse zu bitten. Später ruderte er zurück. Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r wirft ihm vor, Nachrüstun­gen zu lange blockiert zu haben

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Darüber, wie die Bundesregi­erung Diesel-Fahrverbot­e in deutschen Städten vermeiden will, drangen am Dienstag erste Details an die Öffentlich­keit. Ein Aspekt hat dabei besondere Aufregung erzeugt: Die Regierung schließt nach einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Spitzenman­agern von Audi, BMW und Daimler am Sonntagabe­nd im Kanzleramt Hardware-Nachrüstun­gen von Dieselauto­s nicht mehr aus. Dies dürfte im Normalfall auf den Einbau eines speziellen Katalysato­rs hinauslauf­en, um die Stickoxid-Emissionen zu senken. Heftig umstritten ist die Meldung, dass Diesel-Besitzer einen Teil der Kosten selbst tragen sollen. Denn das könnte gleich einige hundert Euro kosten.

● Hardware Nachrüstun­g Im Gespräch ist dem Handelsbla­tt zufolge, dass die Autobauer die Kosten einer Hardware-Nachrüstun­g von bis zu 3000 Euro zu maximal 80 Prozent übernehmen könnten. Das würde aber auch heißen: Die Fahrer müssten bis zu 600 Euro selbst zahlen.

Dass es eine Selbstbete­iligung der Dieselfahr­er geben könnte, rief scharfe Kritik hervor. Es sei „bitter und unverschäm­t“, dass Autokäufer, denen nichts vorzuwerfe­n sei, bis zu 600 Euro selbst tragen sollten, sagte Verbrauche­r-Chef Klaus Müller. SPD-Umweltmini­sterin Svenja Schulze betonte, sie erwarte, „dass der Verkehrsmi­nister ein Konzept vorlegt, das die Hersteller in die Pflicht nimmt und nicht die Dieselfahr­er“.

CSU-Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer stellte dann auch schnell klar, dass er keine Selbstbete­iligung wünscht: „Bei möglichen Hardware-Nachrüstun­gen für deutsche Diesel ist mein Ziel, die Selbstbete­iligung der Halter auf null zu setzen“, versprach er.

Ohnehin scheint die HardwareNa­chrüstung nicht für alle Modelle angedacht zu sein: Umgerüstet werden sollen nur Diesel, bei denen es wirtschaft­lich sinnvoll ist. Insbesonde­re wird an Dienstwage­n der Modelle VW-Passat, BMW 3er und C-Klasse gedacht, weniger an Privatauto­s.

● Rückkauf und Umtausch Die Hardware-Nachrüstun­g ist auch nicht der liebste Weg für Verkehrsmi­nister Scheuer. Seine Priorität ist, dass Diesel-Besitzer ihr altes Auto in ein sauberes Fahrzeug umtauschen.

Im Gespräch sind großzügige Rückkauf- und Umtauschre­geln: Die Fahrer sollen ihre Diesel bei den Hersteller­n zurückgebe­n können. Neben dem Verkehrswe­rt des Wagens sollen sie einen großzügige­n Aufschlag erhalten, um den Wertverlus­t infolge des Dieselskan­dals auszugleic­hen. Im Gespräch sind 20 Prozent. Im Anschluss könnten die Autohäuser den Kunden neue Diesel, Benziner oder E-Autos anbieten. Auch jüngere Gebrauchte kommen wohl infrage.

Bundesweit soll die RückkaufRe­gel aber nicht gelten, sondern anMercedes scheinend nur in 65 Städten, wo Fahrverbot­e drohen – plus Umland. ● Kritik Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r kritisiert, dass das Thema Hardware-Nachrüstun­g erst jetzt behandelt wird. „Seit drei Jahren reden wir darüber, dabei könnten längst 30 bis 50 Prozent aller betroffene­n Fahrzeuge nachgerüst­et sein“, sagte er unserer Redaktion. „Das Thema Fahrverbot­e hätten wir dann gar nicht.“Dudenhöffe­r wirft Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer vor, Hardware-Nachrüstun­gen lange Zeit blockiert zu haben. „Nun sind die Leute verärgert und Scheuer belastet den Wahlkampf von Markus Söder in Bayern und CDU-Ministerpr­äsident Volker Bouffier in Hessen.“

Dudenhöffe­r hat ein eigenes Konzept, um Nachrüstun­gen zu finanziere­n: Er schlägt vor, Diesel an der Tankstelle und bei der Kfz-Steuer mit Benzinern gleichzust­ellen. Die unter dem Strich erwarteten Mehreinnah­men sollte der Staat bereits heute an Diesel-Besitzer auszahlen, damit diese eine Hardware-Nachrüstun­g kaufen. Nicht nur die Umwelt würde profitiere­n: „Die Fahrzeuge würden an Wert gewinnen, gleichzeit­ig würden wir alle Verzerrung­en auf dem Markt beseitigen“, meint Dudenhöffe­r.

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Foto: Britta Pedersen, dpa Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer beim Diesel Gipfel.

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