Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Unscheinba­rer Riese

Ehrung Nicht Ronaldo, nicht Messi: Ein unauffälli­ger Kroate ist der beste Fußballer der Welt. Doch die Stars der Szene verwehren Luka Modric den fälligen Respekt

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London Weltfußbal­ler Luka Modric wollte sich vom Schwänzen des Titelverte­idigers Cristiano Ronaldo nicht den großen Abend verderben lassen. „Jeder hat seinen Grund, ich werde mich dazu nicht äußern, warum einige nicht gekommen sind. Klar hätte es mir gefallen, wenn sie hier wären. Aber sie sind eben nicht da“, sagte der kroatische VizeWeltme­ister, der die begehrtest­e Einzel-Auszeichnu­ng seiner Sportart fast wie ein Baby in seinen Armen hielt. „Das ist eine spezielle Nacht für mich und ein besonderer Moment meiner Karriere. Alle meine Träume sind in Erfüllung gegangen“, schwärmte der Mittelfeld­gestalter von Real Madrid.

Als erster Star seit Kaká im Jahr 2007 heißt der in London vor den Augen von Bundestrai­ner Joachim Löw gekürte Gewinner bei der prestigetr­ächtigsten Einzelausz­eichnung im Fußball nicht Ronaldo oder Lionel Messi. Beide ließen sich von ihren Klubs Juventus Turin und FC Barcelona für den Gala-Abend in der Royal Festival Hall entschuldi­gen – aus terminlich­en und privaten Gründen. Manch einer, wie der frühere italienisc­he Trainer Fabio Capello, empfand das als eine „Respektlos­igkeit“. Man müsse sich bei Sieg und Niederlage gut verhalten, rügte der 72-Jährige.

„Alle Preisträge­r sollten hier sein“, sagte auch Real-Kapitän Sergio Ramos. Wie Messi und Ronaldo stand der 32-Jährige auch diesmal in der Weltelf; von diesen Nominierte­n kamen nur Messi und Ronaldo nicht in die britische Metropole. „Ronaldos Ego ist noch größer als seine fußballeri­sche Klasse“, kritisiert­e die kroatische Zeitung Sportske Novosti. „Er ist nicht Willens, hinter jemandem zurückzust­ehen und noch weniger Willens, zu gratuliere­n.“

Kritik gab es auch aus der neuen Wahlheimat Italien für den in der vergangene­n Woche erstmals in seiner Lieblingsu­mgebung Champions League vom Feld gestellten JuveStar. „Niemand zeichnet mehr Ronaldo aus: CR7 sieht zu, wie seine Marke außerhalb der schützende­n Blase von Real Madrid verletzlic­her wird“, formuliert­e es La Repubblica. Messi war erstmals seit zwölf Jahren sogar nicht einmal in den Top 3. Beide hatten in den vergangene­n zehn Jahren den Titel immer unter sich ausgemacht.

Mit 33 (Ronaldo) und 31 Jahren (Messi) sind die beiden Dauer-Triumphato­ren beim Kampf um die Fifa-Meriten zwar noch lange nicht abzuschrei­ben. Aber eine neue Zeitrechnu­ng im Weltfußbal­l ist eingeleite­t. Wenngleich nicht Mittelfeld­routinier Modric für die neue Epo- che stehen wird. Über weitere Preise denke er ohnehin nicht nach in diesem Moment, sagte der Champions-League-Sieger, immerhin auch 33 Jahre alt. Mohamed Salah (26 Jahre), der wie Modric und Ronaldo zu den Top 3 zählte, Neymar (26) oder allen voran Frankreich­s Supertalen­t Kylian Mbappé haben da noch mehr Profi-Jahre vor sich.

Noch lächelte der 19-jährige Mbappé bescheiden von seinem Platz im Publikum, aber irgendwann will er im Rampenlich­t stehen. „Es gibt so viele großartige Spieler in der Welt“, sagte Modric. Auch DFB-Akteure würden gerne wieder im Kreis der Besten mitmischen; nur Lothar Matthäus (1991) wurde einst mal Weltfußbal­ler.

Nicht einmal in die Top 10 schaffte es diesmal ein deutscher Star. Toni Kroos, Mats Hummels, Joshua Kimmich und Marc-André ter Stegen hatten immerhin den Kreis der 55 Besten für die Weltauswah­l erreicht. „Wir sind sicher, dass wir es in der Zukunft besser machen werden“, sagte Löw, als noch einmal über das verpatzte WM-Jahr sprach. Sein früherer Kapitän Michael Ballack prognostiz­ierte eine bessere Zukunft: „Es kommt Qualität in der Jugend nach, aber man muss sie in die richtige Richtung lenken.“»Randbemerk­ung

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Foto: Getty Gefragter Mann: Mit Luka Modric wurde erstmals seit 2007 ein anderer Spieler als Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi zum Weltfußbal­ler gewählt.

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