Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hat ein Vater sein Baby geschüttel­t?

Justiz Ein zehn Monate altes Kind ist an Gehirn und Wirbelsäul­e geschädigt. Jetzt steht der Papa des Mädchens vor Gericht. Er erzählt eine Geschichte, die eine Schuld ausschließ­t

- VON PETER RICHTER

Augsburg Paula (Name geändert), heute erst zehn Monate alt, wird vermutlich ihr Leben lang ein Pflegefall bleiben. Teile des Gehirns und der Wirbelsäul­e sind geschädigt, sie kann nicht schlucken, wird über eine Magensonde ernährt. Ein Tag im Krankenhau­s sollte ihr noch junges Leben dramatisch verändern.

Vor der 8. Strafkamme­r des Landgerich­ts hat am Dienstag ein Prozess gegen ihren Vater begonnen. Die Staatsanwa­ltschaft beschuldig­t ihn des versuchten Totschlags sowie der schweren Körperverl­etzung. Laut Anklage soll er durch grobes Schütteln den Säugling schwer verletzt haben. Der Vorfall hat sich Anfang dieses Jahres im Augsburger Josefinum abgespielt. Der 24-jährige hatte für eine Nacht die Betreuung seiner Tochter übernommen, die zwei Wochen zuvor am Ohr operiert worden war.

Der Angeklagte äußert sich zum Prozessauf­takt nicht selbst zu den Vorwürfen. Paula habe, als er ihr morgens die Flasche gab, Schluckbes­chwerden gehabt, heißt es in einer vorbereite­ten Erklärung, die Verteidige­r Werner Ruisinger vorliest. Als er gesehen habe, sie bekomme keine Luft, sei er sofort aus dem Zimmer gerannt und habe eine Krankensch­wester zu Hilfe geholt.

Vom Gericht für den ersten Prozesstag geladene Zeugen, unter ihnen eine Hebamme und eine Kinderkran­kenschwest­er, schildern übereinsti­mmend, sie hätten den Angeklagte­n als liebevolle­n Vater erlebt. Auch Paulas Mutter. „Ja, er hat sich auf das Kind gefreut. Er stand nachts auf, hat die Windeln gewechselt und die Milch vorbereite­t“, berichtet die 23-Jährige. Geplant war das Kind nicht. Das Paar kannte sich noch nicht lange. Und die äußeren Umstände waren zudem denkbar ungünstig. Beide haben ein kleines Zimmer bei ihren Eltern bewohnt, die selbst in bescheiden­en Verhältnis­sen leben. Anders als die 23-Jährige hat der Angeklagte nie einen Beruf erlernt, er jobbte zuletzt bei einer Tankstelle.

Und das Paar hat sich immer häufiger gestritten. „Er war eifersücht­ig“, habe ihr auch im Beisein von Arbeitskol­legen eine Szene gemacht, sagt die Zeugin aus. Nur wenige Stunden vor dem Zwischenfa­ll im Krankenhau­s hatte sie ihrem Freund deswegen ein Ultimatum gestellt. „Ich schaffe das nicht mehr, wenn das so weiter geht. Ich wollte ihm noch eine letzte Chance geben“, erinnert sie sich an ihr Gespräch. Danach war sie abends nach Hause gefahren, ließ Vater und Tochter im Krankenhau­s zurück, um einmal ausschlafe­n zu können.

Am nächsten Tag wurde die kleine Paula, deren Zustand sich laufend verschlech­terte, auf die Intensivst­ation verlegt, musste nach einem Atemstills­tand maschinell beatmet werden. Am Körper des kleinen Mädchens entdeckten die Ärzte bei Untersuchu­ngen dann auch mehrere, bisher nicht bekannte Knochenbrü­che. Der Angeklagte will mit dem Kind auf dem Arm einmal in der Wohnung gestürzt sein. Ein anderes Mal sei es, als er eingeschla­fen war, vom Sofa auf den Boden gefallen. Beides hat der 24-Jährige Paulas Mutter zunächst offenbar verschwieg­en und erst als er in U-Haft saß gestanden.

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Symbolfoto: Peter Fastl In Augsburg steht ein 24 Jähriger vor Gericht. Der Vorwurf: Er soll sein Kind geschüttel­t und schwer verletzt haben.

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