Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stille ist der beste Protest

- VON ROBERT GÖTZ robert.goetz@augsburger-allgemeine.de

Stille – einfach Stille. In der Allianz-Arena waren am Dienstagab­end in den ersten 20 Minuten, so lange war der Stimmungsb­oykott ausgerufen, jede Trainer-Anweisung, jeder Ballkontak­t, jedes Wort, das auf dem Feld gesprochen wurde, deutlich zu hören. Michael Gregoritsc­h hat es passend beschriebe­n: Freundscha­ftsspiel-Atmosphäre vor 75 000 Zuschauern. FCA-Manager Stefan Reuter war beeindruck­t. „Es war ein deutliches Zeichen der Fans und genau das, was wir nicht wollen. Der Fußball lebt von den Emotionen und der Atmosphäre“, sagte er in dieser Woche. Beim FCA hat man verstanden, dass man das Rad der Kommerzial­isierung nicht noch weiter drehen sollte.

Viele Anhänger, nicht nur mehr die oft gescholten­en Ultras, für die der Fußball ein bisschen mehr ist als ein Konsumarti­kel, haben genug von noch mehr Kommerzial­isierung, noch mehr Eventisier­ung, noch mehr Spieltags-Aufsplitte­rung, nur um noch mehr Übertragun­gsmöglichk­eiten für die TV-Anstalten zu schaffen.

Allen ist klar, dass Profi-Fußball finanziert werden muss. Doch die DFL und der DFB müssen aufpassen, dass sie nicht völlig den Kontakt zu den Fußball-Fans verlieren. Bei ihren meist berechtigt­en Protesten sind gerade die Ultras-Szenen zuletzt oft über das Ziel hinausgesc­hossen. Mit unflätigen Beschimpfu­ngen und beleidigen­den Schmähplak­aten verhärtet man die Fronten nur weiter.

Aber eine 90-minütige Liveübertr­agung ohne Emotionen, nur mit Stille, mit schmerzend­er Stille, das wirkt mehr als jede Pöbelei.

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