Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Stille ist der beste Protest
Stille – einfach Stille. In der Allianz-Arena waren am Dienstagabend in den ersten 20 Minuten, so lange war der Stimmungsboykott ausgerufen, jede Trainer-Anweisung, jeder Ballkontakt, jedes Wort, das auf dem Feld gesprochen wurde, deutlich zu hören. Michael Gregoritsch hat es passend beschrieben: Freundschaftsspiel-Atmosphäre vor 75 000 Zuschauern. FCA-Manager Stefan Reuter war beeindruckt. „Es war ein deutliches Zeichen der Fans und genau das, was wir nicht wollen. Der Fußball lebt von den Emotionen und der Atmosphäre“, sagte er in dieser Woche. Beim FCA hat man verstanden, dass man das Rad der Kommerzialisierung nicht noch weiter drehen sollte.
Viele Anhänger, nicht nur mehr die oft gescholtenen Ultras, für die der Fußball ein bisschen mehr ist als ein Konsumartikel, haben genug von noch mehr Kommerzialisierung, noch mehr Eventisierung, noch mehr Spieltags-Aufsplitterung, nur um noch mehr Übertragungsmöglichkeiten für die TV-Anstalten zu schaffen.
Allen ist klar, dass Profi-Fußball finanziert werden muss. Doch die DFL und der DFB müssen aufpassen, dass sie nicht völlig den Kontakt zu den Fußball-Fans verlieren. Bei ihren meist berechtigten Protesten sind gerade die Ultras-Szenen zuletzt oft über das Ziel hinausgeschossen. Mit unflätigen Beschimpfungen und beleidigenden Schmähplakaten verhärtet man die Fronten nur weiter.
Aber eine 90-minütige Liveübertragung ohne Emotionen, nur mit Stille, mit schmerzender Stille, das wirkt mehr als jede Pöbelei.