Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Pegida-Aktivist wegen Hetzrede verurteilt
Justiz Der Chef einer Münchner Pegida-Gruppe hält bei einer Demo auf dem Rathausplatz eine unappetitliche Rede. Er fordert Asylbewerber auf, sich an „linken Bahnhofsklatscherinnen“zu bedienen. Gilt dafür noch die Meinungsfreiheit?
Im Gerichtssaal zeigt Heinz Meyer, 58, sein zweites Gesicht. Draußen auf der Straße, bei den Demonstrationen seiner Pegida-Gruppe, sagt er über Frauen aus der linken Szene auch mal solche Sätze: „Die von der Antifa, die sind ja meistens so dreckig, da trauen sich nicht mal die Neger drüber.“Oder er fordert Asylbewerber zynisch dazu auf, sich doch an „linken Bahnhofsklatscherinnen“zu „bedienen“. Am Donnerstagmorgen, in einem Saal des Augsburger Amtsgerichts, bleibt er aber ruhig und sachlich.
Der Richter hat Störungen befürchtet und deshalb strenge Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Wer als Zuschauer den Prozess mitverfolgen will, wird vor der Tür noch mal genau durchsucht. Und Polizisten passen zusätzlich im Saal auf. Heinz Meyer, Chef eines Münchner Ablegers der rechtsextremen Pegida-Bewegung, ist wegen einer Hetzrede bei einer Demonstration in Augsburg angeklagt. Volksverhetzung wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Zu der Pegida-Kundgebung im September vorigen Jahres auf dem Rathausplatz waren rund 40 Sympathisanten gekommen. Gleichzeitig hatten sich an die 1500 Gegendemonstranten versammelt.
Ein Video, von einem Teilnehmer der Demo ins Internet gestellt, zeigt die Rede Meyers. Richter Thomas Müller-Froelich spielt Ausschnitte aus dem Video ab. In der Rede forderte der Pegida-Aktivist „linke Studentinnen“und „Bahnhofsklatscherinnen“ironisch auf, künftig ein spezielles Abzeichen zu tragen. Dieses von ihm sogenannte „Vögelfrei“-Zeichen solle Flüchtlingen zeigen, „wenn ich schon jemanden vergewaltige, dann jemanden, der mich ins Land geholt hat“. Das sei „recht und billig“. Er präsentierte auch ein solches Abzeichen für „die Schwuchteln“. Auf einer Leinwand zeigte er dazu Bilder und Texte. Einer Frau schrieb er dieses Zitat zu: Sie könne mindestens drei Flüchtlinge in sich aufnehmen.
Ist das nur geschmacklos und vulgär? Oder sind die Aussagen auch strafbar? Mit dieser Frage muss sich der Amtsrichter in dem Prozess beschäftigen. Thomas Müller-Froelich kommt, wie zuvor schon die Staatsanwaltschaft, zum Ergebnis: Heinz Meyer hat sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. Meyer, so sein Urteil, habe Teile der Bevölkerung, insbesondere Frauen, böswillig verächtlich gemacht. Seine Aussagen seien geeignet, den „öffentlichen Frieden“zu stören und „Hemmschwellen“für mögliche Straftaten zu senken.
Er verurteilt den Pegida-Aktivisten deshalb zu acht Monaten Haftstrafe auf Bewährung. Meyer, der vor Gericht angibt, von Hartz IV zu leben, ist bereits im August wegen extremistischer Aussagen bei Kundgebungen in München zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Im Augsburger Prozess jetzt spielte das aber noch keine Rolle, da das Münchner Urteil nicht rechtskräftig ist. Auch gegen die Verurteilung in Augsburg kann Heinz Meyer jetzt noch Berufung einlegen.
Der rechte Aktivist beantragt für sich einen Freispruch. Er sei der Meinung, dass seine Rede „im politischen Meinungskampf zulässig“gewesen sei. Er musste sich für weitere Kundgebungen auch eine neue Ausstattung besorgen. Die Polizei hatte im Zuge der Ermittlungen bei ihm unter anderem Lautsprecher, Projektor, ein Mischpult, ein Stromaggregat und ein Funkmikrofon sichergestellt. Weil es sich dabei um sogenannte Tatmittel handelt, soll er die Technik auch nicht mehr zurückbekommen.
Zu einer Geldstrafe verurteilt wegen Volksverhetzung wird zudem ein 37-jähriger Mann, der regelmäßig Pegida-Veranstaltungen in voller Länge filmt und die Videos ins Internet stellt. Er hatte auch die Augsburger Rede so dokumentiert. Der 37-Jährige wird vom Weilheimer Anwalt Rüdiger Imgart vertreten. Der Anwalt kandidiert bei der Landtagswahl für die AfD. Er bezeichnet die Redepassagen Meyers als „zynisch“, „unangebracht“und „überzogen“. Strafrechtliche Grenzen seien aber noch nicht überschritten. Der 37-Jährige sei ohnehin unschuldig, da er die Rede nur dokumentiert, sich die Inhalte aber nicht zu eigen gemacht habe. Der Richter sieht das anders. Es reiche, eine solche Hetzrede der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, urteilt er. Auch das sei eine Straftat.