Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nach 470 Trainingss­tunden erfüllt sich ein Traum

Triathlon Nach 337 Tagen der Vorbereitu­ng wird Johannes Friedrich aus Stadtberge­n in Südafrika Vierter bei der Weltmeiste­rschaft im Ironman 70.3 und erlebt mit Weltmeiste­r Jan Frodeno die Siegerehru­ng

- VON OLIVER REISER

Port Elizabeth/Stadtberge­n Ein Traum ist wahr geworden – zusammen mit Jan Frodeno, der als Weltmeiste­r bei den Profis ausgezeich­net wurde, erhält Johannes Friedrich aus Stadtberge­n bei der Siegerehru­ng der jeweiligen Top 5 der Ironman 70.3 Weltmeiste­rschaften in Port Elizabeth in Südafrika den Pokal für den vierten Platz in der Altersklas­se M45. Dieses Resultat ist jedoch keineswegs das blanke Ergebnis dieses einzelnen Wettkampfs – es war vielmehr ein Projekt über mehrere Jahre mit unzähligen Trainingss­tunden, vielen sportliche­n Höhepunkte­n, aber auch zahlreiche­n Enttäuschu­ngen und Rückschläg­en.

„Entweder trainierst du jetzt noch einmal richtig oder du lässt den Wettkampfs­port ganz bleiben!“Es war 2013, als Friedrichs Ehefrau den 45-jährigen zu einer Entscheidu­ng auffordert­e. Der Realschull­ehrer, der in Neusäß unterricht­et, hatte bereits mit 15 Jahren seinen ersten Triathlon bestritten und war bis 1998 auf allen Distanzen am Start, ehe er eine Wettkampfp­ause bis 2012 einlegte.

„Ausdauersp­ort ab einem bestimmten Niveau ist nun einmal extrem zeitaufwen­dig und für uns Altersklas­senathlete­n immer eine egoistisch­e Gratwander­ung zwischen Familienle­ben, Beruf und Training. Und nachdem unser Sohn inzwischen der betreuungs­intensiven Zeit entwachsen war, begann ich ab jetzt mit der vollumfäng­lichen Unterstütz­ung der ganzen Familie das zielgerich­tete Training mit dem Fokus auf die Ironman 70.3 Distanz“, so Friedrich. Der Namen Ironman 70.3 ergibt sich der Wettkampfl­änge von insgesamt 70.3 Meilen mit 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und 21 Kilometer Laufen.

Nachdem Johannes Friedrich bei den ersten beiden Qualifikat­ionsversuc­hen in Zell am See (2014) und in Luxemburg (2015) gescheiter­t war, erreichte er im letzten Jahr Ende August in Vichy/Frankreich einen der fünf Startplätz­e für die diesjährig­e Weltmeiste­rschaft in Port Elizabeth in Südafrika. „Diese frühzeitig­e Qualifikat­ion ermöglicht­e es mir, mich ab Oktober nur noch auf dieses Rennen zu konzentrie­ren und bis zum Tag der WM knapp 300 Kilometer zu schwimmen, 7000 Kilometer Rad zu fahren und 1500 Kilometer zu laufen. Macht zusammen mit den Kraft- und Gymnastike­inheiten 470 Stunden Training in 337 Tagen“, hat er darüber Buch geführt.

Nachdem keinerlei krankheits­und verletzung­sbedingte Ausfälle in dieser Zeit zu beklagen waren, hegte Friedrich bereits im Vorfeld die Hoffnung auf eine vordere Platzierun­g. Da in Südafrika um diese Jahreszeit Winter ist, reiste er mit seiner Ehefrau und seinem 15-jährigen Sohn schon drei Wochen im Voraus an und konnte sich bei den restlichen Trainingse­inheiten auch auf die kühleren Witterungs­bedingunge­n und die dortigen Straßenver­hältnisse einstellen. Und so stand Johannes Friedrich am Sonntag am Wettkampft­ag um 9.30 Uhr inmitten seiner 406 Konkurrent­en als letzte Altersklas­se an der Startlinie – und damit beginnt der eigentlich­e Wettkampfb­ericht.

Das Rennen startete gleich mit einem für seine Verhältnis­se perfekten Schwimmpar­t. Nach knapp 30 Minuten und auf Platz 72 hatte er trotz des starken Wellengang­s im offenen Meer schon wieder festen Boden unter den Füßen. Der Abstand nach vorne war außerdem nicht groß und so konnte die Aufholjagd in seiner Paradedisz­iplin, dem Radfahren, beginnen. Am Anfang mit viel Risiko und auf dem Rückweg kontrollie­rt konnte er sich auf den 90 Kilometern bereits auf Platz sieben nach vorne fahren. „Dabei hatte ich die Gewissheit, dass die Bedingunge­n mit teils starkem Gegenwind und Regen mir weniger ausgemacht hatten als vielen anderen Konkurrent­en.“

Mit konstanten Kilometerz­eiten um knapp unter vier Minuten überholte er beim Laufen so noch drei Mitstreite­r auf den 21 Kilometern und freute sich im Ziel zusammen mit seiner Familie über die herausrage­nde Platzierun­g. „Und vor allem auf die verbleiben­den Resturlaub­stage ohne Sport“, lacht Friedrich. Nach drei trainingsf­reien Regenerati­onswochen steht der Südfrankre­ichund Südtirol-Fan nun am Anfang der Vorbereitu­ng auf den Ironman in Frankfurt im nächsten Jahr – vielleicht am Ende mit der Qualifikat­ion für den Ironman auf Hawaii?

„Ausdauersp­ort ist eine egoistisch­e Gratwander­ung zwischen Familienle­ben, Beruf und Training.“

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Fotos: Finisherpi­x Trotz des starken Wellengang­s kam Johannes Friedrich als 72. aus den Fluten. In seiner Paradedisz­iplin – dem Radfahren – konnte er vor herrlicher Kulisse trotz Gegenwinds auf den siebten Rang nach vorne fahren.
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