Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schlechte Verlierer in der Türkei
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chon einen Tag nach der Vergabe der Fußball-EM 2024 an Deutschland lässt sich erahnen, warum es möglicherweise eine weise Entscheidung war, das Turnier nicht in die Türkei zu vergeben. Dabei waren es nicht einmal neue, verstörende Auswürfe von Erdogans Präsidialsystem, eine weitere Verhaftungswelle, Menschenrechtsverletzungen oder Eingriffe in Presse- und Meinungsfreiheit.
Nein, dieses Mal gewährte die Regierung einen unfreiwilligen Blick auf ihre Verstrickung mit Medienkonzernen, die ihr zu Diensten sind. Deren Tenor nach dem Votum der Uefa-Exekutive zugunsten Deutschlands lautet: Die Türkei wurde betrogen. Am Tag vor der Wahl hatte die große
ein 9:7 für die Türkei errechnet. Nach dem sich die Delegierten mit dem 12:4-Stimmenergebnis nicht an die hielten, lieferte das Blatt anderntags, mit feinem Gespür für Dramaturgie, die wahre Geschichte der Wahl.
Uefa-Chef Aleksander Ceferin habe sich um Mitternacht mit den Deutschen zu einer Art türkischem Basar getroffen. Ergebnis der Geisterstunde: Die EM geht nach Deutschland. Ähnliche Vorwürfe erhoben auch andere Blätter. Alle so regierungsnah wie die
Unter solchen Umständen ist es schwierig, ein guter Verlierer zu sein.
Die Gründe für den deutschen Sieg sind nüchterner und bedurften keiner nächtlichen Geheimabsprachen. Die Republik besitzt eine überragende Infrastruktur und moderne Stadien, die bei jedem EM-Spiel voll sein werden. Für alles andere, Menschenrechte, Meinungsund Pressefreiheit dagegen, hat sich noch selten eine VergabeKommission interessiert. Und die Vorstellung, ein Regime mit der Vergabe eines sportlichen Großereignisses auf den Weg von Freiheit und Demokratie zu leiten, hat sich schon 1936 als Illusion erwiesen.
Viel wichtiger als solche weichen Faktoren sind Regierungsgarantien. Es soll keiner glauben, dass mit großer Tradition und begeisterungsfähigen Fans allein eine Gastgeberrolle zu ergattern ist. Das Land, das diesen Spaß haben möchte, muss tief in den Steuersäckel greifen. Die Party ist teuer. Zudem soll für den Lizenzgeber, die europäische Fußball-Union Uefa, auch noch etwas übrig bleiben.
Damit ist aber auch klar: Die EM gehört in erster Linie dem deutschen Steuerzahler. Demnach ist es Aufgabe der Uefa und des DFB, sie so zu organisieren, dass die Fans etwas von ihr haben. Und vielleicht können Kimmich & Co. ja auch wieder dazu beitragen.