Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jobcenter: Der Angriff kam völlig überraschend
Sicherheit In der Hartz-IV-Behörde für den Kreis Augsburg wird ein Mitarbeiter so geschlagen und getreten, dass er in die Klinik muss. Wie es ihm jetzt geht – und wie die Beschäftigten dort geschützt werden
Die Attacke kommt völlig überraschend. Es ist Mittwochmorgen, gegen 8.45 Uhr, im Jobcenter für den Kreis Augsburg. Die Behörde, die für Hartz-IV-Leistungen zuständig ist, hat ihren Sitz in der Augsburger Hermanstraße nahe dem Königsplatz. Ein 27-jähriger Mann öffnet die Tür zum Büro eines Sachbearbeiters. Der Jobcenter-Mitarbeiter telefoniert gerade. Der Mann geht auf den Mitarbeiter zu, streckt ihn mit einem Schlag zu Boden und tritt auf ihn ein. Das Opfer erleidet Verletzungen im Gesicht, unter anderem eine Platzwunde.
Dem 24-jährigen Mitarbeiter des Jobcenters geht es inzwischen besser, er konnte das Klinikum wieder verlassen. Klaus Schmitz, der Geschäftsführer des Jobcenters, sagt: „Wir sind froh, dass es noch einigermaßen glimpflich ausgegangen ist.“Dennoch habe der Vorfall für einen Schock gesorgt – bei Mitarbeitern und Besuchern der Behörde. Eine Kollegin des Verletzten habe den Übergriff bemerkt und die Hilferufe gehört. Sie alarmierte die Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma. Der Übegriff war so plötzlich, dass der 24-Jährige selbst gar nicht mehr dazu gekommen war, den Notrufknopf zu betätigen. „Der Sicherheitsdienst war schnell da und hat Schlimmeres verhindern können“, sagt Geschäftsführer Schmitz.
Der Jobcenter-Chef ist froh, dass es den Sicherheitsdienst gibt. Er wurde erst im vorigen Jahr engagiert. Man habe sich dazu entschieden, weil die Meldungen über Zwischenfälle in Behörden zugenommen haben. Seither werden die Besucher des Jobcenters am Eingang von Sicherheitsleuten mit einem Metalldetektor abgetastet, damit keine Waffen ins Gebäude gelangen. Erkennbar Betrunkene oder unter Drogen stehende Personen werden nicht eingelassen. Gewalttaten hatte es im Jobcenter für den Kreis Augsburg bis dato keine gegeben, sagt Klaus Schmitz. Es komme immer wieder vor, dass unzufriedene Antragsteller – im Jobcenter heißen sie Kunden – wütend oder aggressiv werden und sich im Ton vergreifen. Schließlich geht es für die Antragsteller oft um das Geld, das sie zum Leben benötigen.
Solche Konflikte habe man bisher ganz gut in den Griff bekommen. Am Mittwoch aber habe es keine Anzeichen dafür gegeben, dass der 27-Jährige aggressiv war. Und dann ging alles ganz schnell. Über noch strengere Sicherheitsvorkehrungen denkt man beim Jobcenter aber derzeit dennoch nicht nach. Klaus Schmitz sagt: „Wir wollen mit unseren Kunden in einer offenen Atomsphäre sprechen.“Schalter mit Glastrennwand kämen deshalb zum Beispiel nicht in Frage. Warum der 27-Jährige, der nach Informationen unserer Redaktion ein Kunde des Jobcenters war, so ausrastete, ist noch nicht bekannt. Die Polizei sagt, das sei weiterhin Gegenstand der Ermittlungen.
Im Jobcenter für die Stadt Augsburg, das in der Nähe des Gaskessels in Oberhausen angesiedelt ist, gibt es schon länger einen Sicherheitsdienst. Dort war die Lage vor ein paar Jahren offenbar besonders aufgeheizt, weil Antragsteller teils sehr lange auf Hartz-IV-Geld warten mussten. Das Personal der Behörde war überlastet.
Prozesse vor dem Amtsgericht zeigen mitunter, welche Drohungen sich Mitarbeiter des Jobcenters anhören müssen. Ein arbeitsloser Koch war im Jahr 2016 wütend. Er schlug zwei Türen so heftig zu, dass der Putz von der Wand fiel. Und dann drohte er: „Ich jage den Kasten mit einer Bombe in die Luft. Und dann wird kein Stein mehr auf dem anderen sein.“Ein anderer Mann, der nicht alle für den Antrag nötigen Unterlagen vorweisen konnte, rastete im Jahr 2016 ebenfalls aus. Er rief: „Wenn ich nichts bekomme, kommt keiner mehr lebend hier raus.“