Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Unglück lag im Strumpf
Wie in anderen schicksalhaften Fällen des Lebens gab es auch im vorliegenden etliche Möglichkeiten, dem Verhängnis aus dem Weg zu gehen. Die einfachste wäre gewesen, den Gefahrenpunkt zu verlagern. Den Ball beim Einwurf nach vorne zu befördern, wo Spieler stehen, die nicht umsonst Fußballer heißen.
Dummerweise entschied sich Stuttgarts kroatischer Verteidiger Borna Sosa dafür, den Ball nach hinten zu werfen, wo einer vor dem Kasten stand, der Torhüter heißt. Vielleicht ist Sosa mit seinen 20 Jahren noch zu jung, um zu wissen, wozu Torhüter in solchen Fällen, in denen ein Ball harmlos auf sie zurollt, fähig sind. Sie treten neben und über den Ball, stolpern in Bodenwellen und über Maulwurfshügel, während die Kugel ungerührt ins Netz kullert.
Vor Stuttgarts Ron-Robert Zieler aber breitete sich das Grün eben wie ein Teppich aus. Leider hatte Zieler dafür kein Auge. Er zupfte an seinem Kniestrumpf. Wahrscheinlich hat Mama Zieler ihrem Ron-Robert früher eingebläut, das Haus ordentlich angezogen zu verlassen. Also ordnete Zieler seinen Strumpf, was mit gepolsterten Torhüterhandschuhen so geschmeidig funktioniert wie Schuhebinden.
Als Zieler das Unglück auf sich zukommen sah, war noch nichts verloren. Der Torhüter hätte den Ball einfach ins Netz trudeln lassen können. Die überschaubare Folge: Ein Eckball (siehe Regeln auf der nächsten Seite), den er wahrscheinlich mühelos aus dem Stuttgarter Himmel gepflückt hätte.
Stattdessen schritt er mit dem Fuß ein, berührte den Ball, hielt ihn aber nicht auf, weshalb der Treffer zählt. Ein Tor, das ihn bis ins Grab verfolgen wird. Er wird zukünftig in einem Atemzug mit Pannen-Oli genannt werden, dem Bremer Unglücksraben Reck, oder Frankfurts ehemaligem Keeper Jürgen Pahl, der sich mitten in eine Aushohlbewegung hinein umentschied und den Ball statt ins Spielfeld ins eigene Tor warf.
Dabei ist Zieler vermutlich wie die meisten Torhüter vor allem deshalb zwischen den Pfosten gelandet, weil er schon beim WiesenBolz meist neben den Ball trat und deshalb letzte Wahl war. Wer übrig blieb, musste entweder die Getränke holen oder ins Tor. Viele entschieden sich für die Getränke, wurden Banker oder Journalisten – und liefen in andere Verhängnisse.