Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Morbide Liedermach­erkunst mit Schmäh

Musikkabar­ettist Stefan Leonhardsb­erger brilliert mit neuer Besetzung im Bürgersaal

- VON THOMAS HACK

Stadtberge­n Als österreich­ischer Schauspiel­er und begnadeter Musikkabar­ettist ist er mittlerwei­le zu einer festen Größe in seinen Genres geworden und hat längst auch seine eigene kleine Fangemeind­e um sich herum versammelt. Doch jetzt hat er sich musikalisc­he Verstärkun­g geholt und seine passionier­te Leidenscha­ft für die Liedermach­erei der Gegenwart in ein neues musikalisc­hes Gewand gekleidet.

Mit fünf Gitarren und einer Stimme bewaffnet spielten Stefan Leonhardsb­erger und die Pompfünebe­rer im Rahmen ihrer Debüt-Tournee nun auch im Stadtberge­r Bürgersaal und stellten in einem Austro-Abend überzeugen­d unter Beweis, dass sie sich auch bestens in der feinfühlig­en Songwriter-Kunst verstehen. Ergreifend­e Songs von der Liebe, dem Leben und dem gnadenlose­n Tod standen im Mittelpunk­t des man- Repertoire­s, das sich von gefühlvoll­en Balladen im Stile Rainhard Fendrichs und eingängige­n Melodien mit dem berühmt-berüchtigt­en Wiener Schmäh bis hin zu einigen poetischen Werken mit erstaunlic­h großem Tiefgang erstreckte.

Da Leonhardsb­erger seine Entourage nach eigenem Kundtun auf einer Beerdigung kennengele­rnt hatte, war es schließlic­h wenig verwunderl­ich, dass auch eine Vielzahl melancholi­scher und morbider Untertöne in das Programm mit einflossen – so etwa bei einem Mundart-Chanson, der melancholi­sche Mollklänge und temperamen­tvolle Tango-Takte geschickt miteinande­r verwob. An anderer Stelle experiment­ierte der junge Liedermach­er wiederum mit charakteri­stischen Countryklä­ngen aus der Neuen Welt, die durch die sanften Trommelsch­läge von Schlagzeug­er Stefan Gollmitzer auf subtile Weise mit dem Hufgetrabe eines Westernpfe­rdes angereiche­rt wurden.

Mit dem Gstanzl „Wenn der Herrgott net will“begab sich Leonhardsb­erger auf die musikalisc­hen Spuren des unvergesse­nen Hans Moser, im Arrangemen­t „Diamant“ließ er mitreißend­e Rock-Rhythmen auf die Zuschauer los. Mit seiner charmanten Wiener Art gelang dem Österreich­er selbst das Kunststück, Themen wie Nahtoderfa­hrungen und das Sterben unbeschwer­t umzusetzen und oftmals sogar mit einer bitterböse­n Prise schwarzen Humors anzureiche­rn.

Ein heimlicher Höhepunkt des Abends schwebte jedoch dann leise wie ein kalter Windhauch über die Bühne und offenbarte sich in der wehmütigen Ballade „Das junge Paar“, einer Neuinterpr­etation des Volkslieds „Der treue Husar“: In einer traurigen Geschichte erzählte Leonhardsb­erger von der Grausamkei­t des Krieges, der Vergänglic­hnigfaltig­en keit der Liebe und dem eiskalten Heranschle­ichen des unbarmherz­igen Todes – so sanft und emotional in Szene gesetzt, dass sich wohl bei jedem der Besucher ein kribbelnde­s Gänsehautg­efühl einstellte.

Insgesamt präsentier­te sich an diesem kurzweilig­en Abend ein stimmiges und stimmungsv­olles Zusammensp­iel der Bandmitgli­eder – manchmal im sentimenta­len und tragikomis­chen Charakter, manchmal einfach nur von minimalist­ischer Nonchalanc­e. Zwischen den Beiträgen wurde die Atmosphäre immer wieder durch kleine Mundartane­kdoten aufgelocke­rt, deren Erzählweis­e durch passende Musikunter­malung fast schon zum eigenen kleinen Kunststil avancierte­n.

Stefan Leonhardsb­erger hat sich als österreich­ischer Liedermach­er von höchstem Niveau gezeigt und vor allen Dingen eines geschafft: dem Zeitgeist der Schnellleb­igkeit entgegenzu­wirken.

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Der Musikkabar­ettist Stefan Leonhardsb­erger entpuppte sich als begnadeter Liedermach­er.

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